Eine junger Syrer aus Albstadt scheitert mit dem Versuch, in der Berufungsverhandlung vor dem Hechinger Landgericht seine Haftzeit zu verkürzen. Das Landgericht Hechingen bestätigte die vom Amtsgericht verhängte Freiheitsstrafe.
Zu drei Jahren und acht Monaten Haft hatte das Amtsgericht Hechingen den jungen Mann im Sommer 2022 verurteilt – und dabei, so die Entscheidung der Kleinen Strafkammer des Hechinger Landgerichts in der Berufungsverhandlung, bleibt es auch. Der Angeklagte hat sein Ziel, eine verkürzte Haftstrafe zu erwirken, um möglichst früh die Suchttherapie beginnen zu können, nicht erreicht.
Acht Monate seiner Haftstrafe hat der Angeklagte, Jahrgang 1993, mittlerweile verbüßt. Sein Auftritt vor Gericht: untadelig; sein Aussehen: gepflegt, der Bart sauber ausrasiert, das Sweatshirt makellos weiß. Bereitwillig gibt er Auskunft zu seiner Person, schaut dabei immer wieder zu die Zuhörerreihen hinüber, wo seine Eltern und zwei seiner sechs Geschwister sitzen.
Mit 15, berichtet er, sei er mit ihnen als Kriegsflüchtling nach Deutschland gekommen, erst nach Meßstetten, dann nach Balingen, bis die Familie in Ebingen eine Wohnung fand. In Albstadt sei er zur Schule gegangen, einen Abschluss habe er nicht gemacht. Zuletzt habe er von Hartz IV gelebt.
Der Entzug in der Haft war nicht leicht
Wie das mit dem Marihuana aussehe, erkundigt sich der Vorsitzende Richter Schwarz. Ja, räumt der Angeklagte ein, damit habe er schon in Syrien angefangen und in Deutschland dann weitergemacht. Auch Alkohol habe er getrunken, zuletzt täglich; der Entzug in der Haftanstalt sei ihm schwer gefallen, er habe an Schlafstörungen gelitten. Woher kam das Geld, mit dem er die Sucht finanzierte? „Aus dem Freundeskreis.“
Das Vorstrafenregister, das der Richter verliest, ist lang: sieben Eintragungen im Bundeszentralregister; immer wieder Drogen, Gewalt, Bedrohungen, Beleidigungen. Und immer wieder Gerichtsurteile und Freiheitsstrafen, die häufig zur Bewährung ausgesetzt wurden. Beim letzten Mal allerdings nicht: Räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen, tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Bedrohung, Attacken mit einem Baseballschläger – für das Gericht war das Maß voll gewesen.
Verteidiger mahnt: „Nicht alles ist schwarz oder weiß“
Doch der Verteidiger relativierte, sprach von einem „Geben und Nehmen“ und dass nicht alles „schwarz oder weiß“ gewesen sei. Der schwere Raub zum Beispiel – war er wirklich einer? Der Angeklagte hatte einem Polizeibeamten bei einer Kontrolle das Pfefferspray entrissen und sich damit aus dem Staub gemacht – später, versicherte er, habe er die Dose weggeworfen. Eine Haftstrafe, räumte der Verteidiger ein, sei gerechtfertigt – „aber nicht in dieser Höhe“. Zwei Jahre und neun Monate erschienen ihm angemessen. Warum? Die Erfahrung lehre, dass Delinquenten nach einem halbes Jahr Haft wieder „stabiler“ seien; er hege die Hoffnung, dass sein Mandant „sich dann in die Gesellschaft einfügen wird“.
Staatsanwalt und Gericht sind sich einig
Nicht so der Staatsanwalt – er plädierte gegen eine Verkürzung der Strafe und dafür, den Haftbefehl vom 22. Juli 2022 aufrecht zu erhalten. Dem folgte das Gericht. „Schon stolz“, kommentierte Richter Schwarz in der Urteilsbegründung, „was Sie sich in den 15 Jahren in Deutschland so an Vorstrafen geleistet haben.“
In einem fremden Land Fuß zu fassen, sei schwer. „Und da haben Sie gemeint, es sei einfacher, in den Tag hinein zu leben und nichts zu tun.“ Und weiter: „Sie haben Gewaltpotenzial und ein falsches Rollenverständnis: Sie meinen, alles regeln zu müssen, was die Familie betrifft.“