Seit einem halben Jahr können in der Seelbacher Ortsmitte und am Wittelbacher Rathaus Räder, E-Bikes und ein Elektroauto ausgeliehen werden. Kommt das Angebot an?
Jeweils sechs Räder und ein Car-Sharing-Fahrzeug stehen in den Ortsmitten von Seelbach und Wittelbach zur Ausleihe zur Verfügung. Mitte März wurden die Mobilitätsstationen eingeweiht in der Hoffnung, dass die Bürger sie regelmäßig nutzen werden. Rund 100 000 Euro Eigenanteil musste die Gemeinde leisten, jährlich fallen pro Station knapp 5000 Euro an Betriebskosten an. Hat sich die Investition gelohnt? Unsere Redaktion hat im Rathaus nachgehakt.
„Seit Fertigstellung der Mobilitätsstationen kann eine positive Entwicklung der Nutzerzahlen festgestellt werden“, teilt die stellvertretende Hauptamtsleiterin Jutta Fischer auf Anfrage unserer Redaktion mit – und liefert konkrete Zahlen: Im Juli wurden 53 Ausleihen, im August 64 Leihen registriert. Im Schnitt also eine Leihe pro Tag und Station. Klingt wenig, doch auch in Lahr, wo in den vergangenen Jahren das Angebot aufgrund großer Nachfrage kontinuierlich ausgebaut wurde, ergibt sich ein ähnliches Bild. 15 500 Ausleihen im Jahr 2024 ergeben dort ziemlich genau zwei Ausleihen pro Tag und Station.
Ein Kunde hat bereits 42 Mal das Angebot wahrgenommen
Wie beurteilt die Gemeinde Seelbach also die Nutzung des Leihradsystems? Sehr positiv. „Insgesamt sind wir mit der Nutzung des klimafreundlichen, günstigen und leicht nutzbaren Mobilitätsangebotes sehr zufrieden“, so Fischer. Besonders freut sie, dass neben vielen Einzelausleihen auch ein „beständiges Nutzungsverhalten“ registriert werden konnte. Einem Seelbacher gefällt das Angebot offensichtlich so gut, dass er „seit Jahresbeginn bereits 42 Mal das Bike-Sharing genutzt“ habe.
Ernüchternd hingegen klingt die Bilanz zum Leihauto. „Die Nutzung entwickelt sich behutsam, mit sicher wünschenswertem Steigerungspotenzial“, formuliert Fischer den status quo. Genaue Zahlen liefert sie auf Anfrage unserer Redaktion nicht, man sei aktuell dabei, die Nutzungszahlen abzurufen und zu analysieren. Darauf aufbauend möchte man „konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Nutzung zielgerichtet zu steigern.“
Bei der Einweihung der Station im März betonten Vertreter der Gemeinde und des Mobilitätsnetzwerks Ortenau, dass sich das Angebot gezielt nicht nur an Einheimische, sondern auch an Touristen richtet. Dieser Plan ist offenbar aufgegangen: „Aus persönlichen Kontakten mit unseren Gästen, unseren Vermietern von Ferienunterkünften und dem Campingplatz Schwarzwälder Hof können wir bestätigen, dass sich vor allem die Nutzung der E-Bikes an den Mobilitätsstationen großer Beliebtheit erfreut“, erläutert Fischer. Tatsächlich würden auch Feriengäste, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist sind, auf das Car-Sharing-Angebot zurückgreifen, um Ausflugsfahrten in die weitere Umgebung zu unternehmen.
Verwaltung geht davon aus, dass sich die Stationen weiter etablieren werden
Und der Blick in die Zukunft? Die Verwaltung geht davon aus, „dass sich die Stationen als interessante Alternative beziehungsweise als Ergänzung zum eigenen Fahrzeug und zum ÖPNV etablieren werden“. Die Akzeptanz steige kontinuierlich, das zeigten auch Zahlen aus dem Mobilitätsnetzwerk. Im Verbundsystem (Achern, Appenweier, Friesenheim, Gengenbach, Kehl, Lahr, Oberkirch, Offenburg, Rheinau, Schutterwald und Seelbach) seien, so Fischer, aktuell 7683 Nutzer registriert – mehr als 80 Prozent mehr als im Vorjahr.
Schon bei der Einweihung wurde daher mit Blick auf steigende Nutzerzahlen darüber nachgedacht, dass in Seelbach weitere Stationen entstehen könnten. Möglicher Standort: der Campingplatz, um Feriengästen den Weg in die Ortsmitte zu ersparen. Davon ist man nun jedoch offenbar abgerückt: „Es gibt aktuell keine konkreten Planungen für den Bau weiterer Stationen in Seelbach und den Ortsteilen“, so Fischer.
Gemeinde prüft die Situation in der Eisenbahnstraße
Um die Verkehrswende vorantreiben zu können, braucht es nicht nur Alternativen zum Auto, sondern auch sichere Radwege. In Seelbach kam Ende Juli bezüglich der Situation in der Eisenbahnstraße Kritik auf. Dort teilen sich Radfahrer die Trasse mit Autos und Lkws, was mitunter zu heiklen Situation führe, so die Anregungen, die Bürger in der Frageviertelstunde des Gemeinderats äußerten. Die Räte forderten die Verwaltung dazu auf, eine Lösung zu finden. Eine Hoffnung ist das im März beschlossene Landesmobilitätsgesetz, das durch eine bessere Koordination dazu beitragen soll, Lücken im Radwegenetz – wie in diesem Fall von Lahr ins Schuttertal – zu schließen. Wie die Gemeinde Seelbach nun auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, nimmt man „die Anregungen der Bürger ernst“. Man prüfe nochmals die Gegebenheiten in der Eisenbahnstraße und kläre mit der unteren Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt, welche Auswirkungen das neue Gesetz auf die innerörtliche Radwegplanung habe. Anschließend werde sich der Arbeitskreis Mobilität des Themas annehmen, so die stellvertretende Hauptamtsleiterin.