Der Menschenfreund und Tüftler Robert Kull aus Cannstatt hat die häusliche Spätzle-Produktion vor 70 Jahren wesentlich vereinfachth: mit der Erfindung der Spätzle-Presse.
Der Maschinenschlosser Robert Kull, Jahrgang 1887, produzierte seit 1920 in einer Wohnung mit Wertkstatt am Cannstatter Neckarufer Signierschablonen, später auch Brandstempel. Auch sein Alltag, so will es die Familiensaga, war ohne Spätzle unvorstellbar. Dankbar genoss er, was ihm seine Frau Pauline von Hand schabte und bedauerte sie, weil ja die Mengen nicht gering waren. Deshalb beschäftigte sich sein reger Geist mit Abhilfe und fand eine bestechend einfache Konstruktion: Der Spätzlesteig wird mit einem Stempel durch einen Topf mit Löchern gepresst. Damit war der "Spätzles-Schwob" erfunden. Weil Robert Kulls Devise "Wer rastet, rostet" lautete, fackelte er nicht lange und startete am 1. Januar 1936 in der Cannstatter Neckartalstraße 117 mit der Produktion. Zur Hand gingen ihm seine Frau und seine Töchter Paula und Friedel.
Obwohl sich der Erfinder und Jungunternehmer sofort um ein Patent bemüht hatte, dauerte es drei Jahre, bis ihm die Bürokratie des Deutschen Reichs am 14. Juni 1936 mit der Nummer 7222891 das Patent für eine "Teigpresse aus einem mit Teigaustrittslöchern versehenen Topf und einem Handstempel" gewährte. Der Handstempel mit Holzgriff ersetzte der Hausfrau damals das Fitness-Studio, vor allem, wenn der Teig fest war und viel Spätzle produziert werden mussten.
Später erleichterte ein Hebel das Pressen. Oft unterschätzt wird heute eine wesentliche Errungenschaft der Kull'schen Erfindung: Sie ermöglichte es Württembergern, Ehen mit Partnern außerhalb des schwäbischen Kulturkreises einzugehen, ohne dass damit unweigerlich ein kulinarischer Absturz verbunden war. Kurzum: Für spätzlesfreie Küche gab es keine Entschuldigung mehr - nicht nur in Deutschland, denn die Maschine fand auch bei Menschen württemberger Herkunft in allen Erdteilen reißenden Absatz.
Selbst Kartoffelfreunde kommen mit ihr auf ihre Kosten, denn der Spätzle-Schwob presst die gekochten Knollen gegebenenfalls zu feinem Purée.
Der Spätzle-Schwob ist Robert Kulls bekanntestes Produkt geblieben. Die 1944 ausgebombte Fabrik baute er zügig wieder auf, doch in der Nachkriegszeit lag das Hauptgewicht der Produktion auf Kochtöpfen und Brätern. Auf dem Schwarzmarkt waren die Spätzlesmaschinen jedoch gefragt, als Tauschobjekt gegen Essbares. Dafür hat die gütige Pauline Kull so manches Mal Maschinen an die Verwandtschaft verschenkt und so hungernden Kriegsheimkehrern das Überleben erleichtert.
1953 verlegte Robert Kull seinen Betrieb nach Geradstetten im Remstal. Bis ins hohe Alter kümmerte er sich eisern um den Betrieb, den er im Alter von 80 Jahren schließlich seinem Enkel Max Mauz übergab. Dieser, ein Tüftler wie sein Großvater, stellte das Verfahren in der Gießerei auf Aluminium-Spritzguss um und veredelte die Oberfläche der Maschine mit einer spühlmaschinenfesten Oberfläche aus Kunststoffpulver anstelle des Naßlacks.
Robert Kull's Spätzle waren wegen der runden Löcher, die anfangs einzeln in den Kolben gebohrt wurden, nicht nur kulinarisch eine runde Sache. Deshalb ergänzte Max Mauz die Produktion um den Spätzle-Fix, eine Maschine mit 63 unregelmäßig geformten Löchern. Die Spätzle daraus sehen den mit der Hand Geschabten zum Verwechseln ähnlich. 1988 entwickelte er ein Patent: Der Hebel mit dem Stempel, der den Teig im Kolben presst, lässt sich jetzt aushängen. So kann die Maschine wesentlich leichter gereinigt werden. Für Menschen, die dennoch Wert auf Handarbeit legten, produzierte Max Mauz Spätzlesbretter und Schaber aus Edelstahl. All diese Neuerungen hat Robert Kull nicht mehr erlebt. Er starb 1974 im Alter von 89 Jahren. Im Juli 2000 übergab Max Mauz sechs Jahre vor seinem Tod die Leitung der Robert Kull KG an seinen Betriebsleiter Andreas Hübner.