Mohamed Hamo und seine Tochter Sidra zeigen auf der Karte ihre Heimatregion im nordwestlichen Zipfel Syriens. Foto: Günther

Der Sulzer Mohamed Hamo stammt aus Afrin im Zentrum des syrischen Erdbebengebiets. Dort kommt praktisch keine Hilfe an. Deshalb sammelt Hamo jetzt selbst Spenden.

Das ganze Entsetzen steht greifbar im Raum, als Mohamed Hamo die Bilder zeigt, die auf seinem Handy angekommen sind: Eingestürzte Häuser, verzweifelte Menschen inmitten von Trümmern. Kaputte Straßen, rauchende Ruinen. Und dann ist da dieses Foto von zwei lächelnden kleinen Kindern, drei oder vier Jahre alt. „Die sind tot“, sagt Mohamed Hamo mit einem Kratzen in der Stimme. Er berichtet, wie sein Schwager, dessen Frau, ihre Mutter und zwei kleine Kinder unter Trümmern verschüttet wurden. Tagelang habe man ihr Schreie gehört, keiner konnte helfen.

Der 43-jährige Mohamed Hamo und seine Familie werden zurzeit täglich konfrontiert mit grausamen Nachrichten. Ihre Heimat, die Region Afrin im nordwestlichen Zipfel von Syrien, liegt da, wo das Beben alles zerstört hat. „Die Menschen dort leben und übernachten auf der Straße“, berichtet Hamos 15-jährige Tochter Sidra. „90 Prozent aller Häuser sind zerstört.“ Sie bräuchten dringend Essen, Wasser, Decken, Zelte, berichtet Sidra weiter. Sie gibt sachlich Auskunft. Aber irgendwann schluchzt sie nur noch.

Sachspenden zu sammeln macht keinen Sinn

Afrin und Umgebung seien von internationaler Hilfe nahezu abgeschnitten, berichtet Mohamed Hamo. Der syrische Diktator Assad tut sich mit internationalen Helfern schwer, und Afrin liegt ohnehin nicht in seinem Einflussbereich. Die Türkei kontrolliert das Gebiet, hat aber an den dort lebenden Menschen wenig Interesse, weil viele türkische Kurden in diese Gegend geflohen sind.

Deshalb treibt Hamo seit Tagen um, wie er seiner Heimat helfen kann. Er hat sich mit Gerold Knispel beraten, dem Sprecher des Arbeitskreises Flucht und Asyl und mit Hans-Ulrich Händel, bei der Stadt zuständig für Bürgerengagement. „Sachspenden zu sammeln macht keinen Sinn“, urteilt Gerold Knispel, „viel zu kompliziert.“

Nur mit Geldspenden könne man den Betroffen Hilfe zukommen zu lassen. Deshalb stellt der Arbeitskreis Asyl jetzt ein Spendenkonto zur Verfügung – mit der Bitte an die Sulzer Bevölkerung, Mohamed Hamo zu unterstützen.

Wie das Geld die Menschen erreichen soll, ist unklar

Die Bankverbindung zum Spendenkonto kann man erfragen beim Sprecher des Arbeitskreises Asyl, Gerold Knispel, unter der E-Mail-Adresse geroldknispel@hotmail.com.

Wie das Geld die Verzweifelten in Afrin erreichen kann, darüber herrscht bislang keine Klarheit. Mohamed Hamo überlegt, ob er Spenden selbst in bar als Bote dorthin bringen kann, eventuell in Begleitung eines Vertreters vom Arbeitskreis Asyl. Klar ist, dass von allen Hilfsaktionen in Afrin Videos angefertigt und veröffentlicht werden sollen, um die korrekte Verwendung der Spenden zu belegen.

Hamo genießt großes Vertrauen

Viele aus dem Umfeld des Bürgerengagements würden Hamo bedenkenlos Geld in die Hand geben, berichtet Hans-Ulrich Händel. Hamo kam mit seiner fünfköpfigen Familie 2015 als Geflüchteter nach Deutschland, arbeitet heute bei „Trigema“ und machte sich in Sulz zu etwas, was Händel als „Prototyp des engagierten Bürgers“ bezeichnen würde. „Immer wenn er gebraucht wird, ist er da“, sagt Händel, und zählt auf, wo sich Mohamed Hamo schon überall einbrachte, bei Festen und Feierlichkeiten, bei der Apfelernte, bei der Produktion von Schutzmasken während der Pandemie.

Wer helfen will, hat dazu auch am kommenden Sonntag Gelegenheit. Dann werden im Treffpunkt des Bürgerengagements in der Brühler Straße 18 Waffeln gebacken, Kaffee ausgeschenkt – und Spenden eingesammelt.