Am Landgericht Tübingen wurde ein Missbrauchs-Prozess bis auf Weiteres unterbrochen. Foto: M. Bernklau

Verfahren unterbrochen. Glaubwürdigkeit des Mädchens soll begutachtet werden.

Enztal/Tübingen - Der Prozess gegen einen 43-jährigen Mann aus dem Nordschwarzwald, der über viele Jahre mehrfach seine Nichte missbraucht haben soll, ist unterbrochen worden. Ein Gutachter soll nun die Glaubhaftigkeit des Mädchens untersuchen.

Der Angeklagte soll sich bei wechselseitigen Familienbesuchen mehrfach an seiner Nichte vergriffen haben. Die Staatsanwältin wirft ihm vier Fälle vor. Der erste soll vor acht Jahren an seinem damaligen Wohnort Birkenfeld passiert sein, als das Mädchen fünf Jahre alt war, weitere im Elternhaus des Kindes im Hohenlohischen und in der heutigen Wohnung im Enztal, wo der Mann mit Frau und drei Kindern lebt.

Aussage: Freund wegen Vergewaltigung verurteilt

Dreimal soll er dabei mit dem Finger in das Mädchen eingedrungen sein, was den strafrechtlichen Vorwurf des schweren Missbrauchs ausmacht. Die Beschuldigungen brachte vor gut einem Jahr eine Psychologin ans Licht, bei der die mittlerweile 14-Jährige wegen Depressionen in Behandlung war. Zuvor hatte sich das Mädchen teilweise seiner Mutter anvertraut, die dann Anzeige erstattete.

Bei der Befragung der Mutter als Zeugin nahm das Gericht allerdings die überraschende Aussage zur Kenntnis, dass die Tochter wenige Wochen vor der Offenbarung ihrer Vorwürfe gegen den Onkel vergewaltigt worden war: von ihrem damaligen 18-jährigen Freund, in ihrem Zimmer. Der junge Mann sei dafür verurteilt worden. Auch dass die Tochter zu dieser Zeit von den Eltern stibitztes Sexspielzug benutzt habe, räumte die Mutter ein.

Das war für die Strafkammer Grund genug, die vom Verteidiger angeregte psychologische Untersuchung des Mädchens auf Glaubwürdigkeit seiner Aussagen anzuordnen. Weil das Zeit braucht, möglicherweise Monate, sind alle festgesetzten Verhandlungstermine einstweilen abgesagt. Der Prozess wird erst fortgesetzt, wenn das Gutachten vorliegt.