Jörn Gutbier (von links), Karl Müller und Arno Schäfer beim Vortrag in Dietersweiler. Foto: Hering

Ins Gemeindehaus in Dietersweiler hatten die Bürgerinitiativen aus Alpirsbach und Dietersweiler zum Thema „Strahlungsarme Höhenstadtteile“ eingeladen.

Referent war Jörn Gutbier, ein Fachmann auf diesem Gebiet. Er ist Vorstandsvorsitzender der Umwelt- und Verbraucher-Organisation Diagnose Funk. Schwerpunkt des Vortrags war es, über die, wie er sagte, gesundheits- und umweltschädigenden Wirkungen elektromagnetischer Felder aufzuklären. Arno Schäfer von der Bürgerinitiative Alpirsbach und Karl Müller von der Bürgerinitiative Dietersweiler konnten rund 100 Interessierte begrüßen.

Eng mit den Industrielobbyisten vernetzt

Zunächst gab Gutbier einen Überblick über die Entwicklung des Mobilfunks. Nachdem die erste Anlage 1992 in Betrieb ging, seien in der Nachbarschaft vermehrt Schlafstörungen aufgetreten. Die Messungen des Bundesamts zerstreuten die Bedenken wieder. Wie Gutbier sagte aber nur deshalb, da die Messgeräte diese Strahlung nicht erfassen konnten.

In Italien habe es Untersuchungen an Mäusen gegeben, welche durch die Bestrahlung mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern eine Vorstufe von Krebs entwickelten. Wie Gutbier erläuterte, gibt es Grenzwerte, die von den Betreibern der Sendeanlagen eingehalten würden. Die zuständigen Bundesbehörden und die International Commission on Non Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) seien aber eng mit den Industrielobbyisten vernetzt und argumentierten, dass sich Untersuchungen an Mäusen nicht auf Menschen übertragen ließen.

Kommunikation der kritischen Infrastruktur

Gutbier ging auf die Situation in Dietersweiler ein und beschrieb die Möglichkeiten der Kommune auf die Errichtung eines Mobilfunkmastes Einfluss zu nehmen. Wichtig sei es, durch ein Gutachten Alternativen zu den vom Mobilfunkbetreiber vorgeschlagenen Standorten und den Immissionsschutz als Auswahlkriterium zu unterbreiten.

Für den Standort Alpirsbach/Reutin gibt es andere Voraussetzungen. Hier soll eine 450 Megahertz-Frequenz-Sendeanlage für die Kommunikation der kritischen Infrastruktur wie zum Beispiel Wasserwerke und Energieversorger gebaut werden. Je niedriger die Frequenz ist, desto größer seien Reichweite und Durchdringung von Gebäuden.

In den 90er-Jahren habe das Bundesamt ausgesagt, dass es keine Nachweise für nichtthermische Wirkung gebe, ab den 2000ern dann, dass es keine Hinweise auf die Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunkstrahlung gebe und heute heiße es, es gebe keinen Beweis für die krankmachende Wirkung des Mobilfunks. Wie er ausführte, belegten wissenschaftliche Studien, dass hochfrequente elektromagnetische Strahlung weit unterhalb der geltenden Grenzwerte Schlaf-, Konzentrationsstörungen, aber auch Zellschädigungen auslösen könnten. Laut Gutbier bestehe bei zwei bis zehn Prozent der Bevölkerung eine elektromagnetische Sensibilität. Durch den Ausbau des 5G-Netzes werde außerdem der Energieverbrauch stark ansteigen und somit den Klimazielen entgegenwirken. Als Alternativen nannte er die Kommunikation mit Licht oder Infrarot und den Ausbau der Glasfasernetze.

Minderheitenschutz mit ärztlichen Nachweisen erreichen

Aus dem Publikum wurde die Frage nach juristischen Möglichkeiten gestellt. Gutbier sah lediglich die Möglichkeit, dass sich eine Gruppe von hyperelektrosensiblen Menschen zusammenschließt und einen Minderheitenschutz mit ärztlichen Nachweisen erreichen könne. Es gebe mehrere Gemeinden in Deutschland, die extrem strahlungsarme Schutzzonen erhalten wollen.