Apple-Chef Tim Cook stand zuletzt unter Druck, mehr Innovationen zu präsentieren. Jetzt liefert er die Antwort mit kräftig aufgefrischter Software. Die zahlreichen neuen Funktionen zeigen, woran Apple monatelang im Stillen gearbeitet hat.
San Francisco - Apple sagt seinen Rivalen im Smartphone-Markt mit einer radikal erneuerten iPhone-Software den Kampf an. Die neue Version iOS 7 sei die größte Veränderung seit dem Start des iPhone 2007, sagte Apple-Chef Tim Cook am Montag auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz WWDC in San Francisco.
Mit iOS 7 kommen zahlreiche neue Funktionen und eine deutlich veränderte Optik. Unter den weiteren WWDC-Ankündigungen sind eine komplette Neuauflage des Profi-Computers Mac Pro, eine neue Version des Mac-Systems OS X und ein Internet-Radio zum Anhören von Musik übers Internet.
„iOS 7 zu installieren ist wie ein neues Telefon zu bekommen“, warb Manager Craig Federighi, der für die Technik hinter der Software zuständig ist. Eine neue Funktion ist das „Control Center“, bei dem man schnelleren Zugriff zu wichtigen Einstellungen bekommt - und zusätzlich einer Taschenlampen-Funktion. Zudem erleichtert Apple deutlich den Wechsel zwischen verschiedenen Apps. Das bisherige, im Vergleich zu anderen Plattformen umständlichere Verfahren gehörte zu den häufigsten Kritikpunkten.
iPhone-Software bekommt klareres Design
Über einen Internetradiodienst war bereits spekuliert worden. Das „iTunes Radio“ ist direkt in Apples Musik-App eingebaut. Es sucht die Songs selbst aus, der Nutzer kann aber auch eine Musikrichtung oder ein Thema vorgeben. Wie erwartet wurde der Austausch von Dateien wie Fotos zwischen verschiedenen Apple-Geräten mit einer neuen Funktion Namens „AirDrop“ erleichtert. iOS-Apps aktualisieren sich jetzt in günstigen Momenten automatisch. Die iPhone-Integration im Auto wird mit der Kooperation mit einem Dutzend Hersteller verbessert.
Optisch bekommt die iPhone-Software unter anderem ein klareres Design mit durchsichtigen Menüflächen sowie neue Farben und 3D-Effekte. Die Software trägt klar die Handschrift des Chefdesigners Jony Ive. Er ist seit Herbst nicht nur für das Aussehen der Geräte, sondern auch des Betriebssystems zuständig.
Mac Pro wird in den USA gefertigt
Das iPhone ist das wichtigste Produkt und der zentrale Gewinnbringer von Apple. Zuletzt hatte es immer mehr Kritik gegeben, iOS habe sich in der Design-Sprache zu wenig verändert, während Konkurrenten wie das Google-System Android oder Microsofts Windows Phone mutiger den Innovationsweg eingeschlagen hätten. Software-Entwickler bekommen Zugriff zu 1500 neuen Schnittstellen und können damit innovativere Apps entwickeln.
Auch bei der Hardware kündigte Apple einige Neuerungen an. Die neue Generation des Mac Pro wird als erstes Apple-Gerät seit langer Zeit in den USA gefertigt. Die Computer, die für professionelle Anwendungen wie etwa Grafik oder Video-Bearbeitung gedacht sind, wurden nach mehreren Jahren gründlich aktualisiert. Der Mac Pro bekommt ein ungewöhnliches Design in Form eines glänzenden schwarzen Zylinders, der viel kleiner ist als die bisherigen großen Kästen. Die Leistung wurde im Vergleich zur vorherigen Generation mindestens verdoppelt, erklärte Apple. Außerdem wurde eine neue Generation der dünnen MacBook-Air-Laptops vorgestellt, die nun bis zu zwölf Stunden ohne Aufladen laufen sollen.
Die nächste Version des Mac-Betriebssystems, OS X 10.9, wird erstmals seit Jahren nicht nach einer Wildkatze bekannt und bekommt die Zusatz-Bezeichnung „Mavericks“. Eine Technologie mit dem Namen AppNap sorgt dafür, dass Programme die gerade nicht zu sehen sind - zum Beispiel weil sie von anderen Fenstern verdeckt werden - keinen Strom verbrauchen. Außerdem bekommt OS X einen eingebauten Passwort-Tresor, mit dem Kennwörter nicht jedes Mal neu eingetragen werden müssen. Sie können auch über mehrere Geräte synchronisiert werden - ein Schlag ins Kontor der Anbieter spezialisierter Apps, die bisher diese Nische ausfüllten.
Gleich zu Beginn der Präsentation verkündete Apple-Chef Tim Cook neue Zahlen zum App Store. Der App-Bestand bei Apple ist inzwischen auf 900 000 angewachsen, davon würden 90 Prozent jeden Monat heruntergeladen. Die Zahl der Kunden mit Apple-Konten überschritt 575 Millionen. An Software-Entwickler seien inzwischen 10 Milliarden Dollar ausgezahlt worden, sagte Cook. Das sei mehr als drei Mal mehr als auf allen anderen Plattformen zusammen, betonte er mit einem Seitenhieb auf das führende Google-Betriebssystem Android.
Keine Apple-Uhr oder Fernsehgerät
Auf Google und Android zielte auch eine für Apple eher ungewöhnliche Demonstration intelligenter Spielzeugautos, die ebenfalls mit iOS laufen. Das Start-up Anki nutzte die Bühne, um die Spielzeuge vorzustellen, die ihre Umgebung analysieren können. Das ist ein Signal, dass Apple bei zukünftigen Computer-Technologien Google nicht das Feld überlassen werde.
Neue Gerätekategorien, über die viel spekuliert wird, wie etwa eine Apple-Uhr oder ein Fernsehgerät kamen nicht - wurden aber auch nicht wirklich erwartet. Die Apple-Aktie notierte in New York nach den Ankündigungen ganz leicht im Minus.