Heidenheim/Stuttgart - Rätsel über Rätsel: Wo ist Maria Bögerl? Was ging bei der versuchten Übergabe des Lösegelds schief? Wo soll jetzt noch nach der Frau des Heidenheimer Sparkassenchefs gesucht werden? Die Polizei steckt in einer Sackgasse.

Wer am Donnerstag die Polizei Heidenheim telefonisch erreichen will, benötigt viel Geduld. Über Stunden hinweg sind die Leitungen belegt. Aber viel Neues kann die Polizei im Entführungsfall Maria Bögerl ohnehin nicht vermelden. Zwar hat die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" mit dem verzweifelten Appell der Familie an die Entführer ("Wir flehen Sie an, die für uns alle so qualvolle Situation positiv zu beenden") dem ZDF mit 6,46 Millionen Zuschauern eine Rekordeinschaltquote beschert. Das war's dann aber auch.

"Wir haben nach der Sendung rund 200 Anrufe erhalten, dabei waren etwa 100 neue Hinweise", sagte ein Sprecher der Polizei am Donnerstag. Die sehnsüchtig erwartete heiße Spur von der 54-jährigen Frau sei aber immer noch nicht dabei.

Maria Bögerl war am Mittwoch vergangener Woche aus dem Haus der Familie im Heidenheimer Stadtteil Schnaitheim entführt worden. Wenig später hatte sich der Entführer bei ihrem Mann Thomas Bögerl, Chef der Heidenheimer Sparkasse, telefonisch gemeldet und ein Lösegeld in Höhe von 300.000 Euro verlangt. Der Bankier willigte ein, packte das Geld wie gefordert in einen schwarzen Müllsack und fuhr zur vereinbarten Übergabestelle an der A 7. Doch der oder die Entführer kamen nicht.

Das gilt auch für eine andere Frage. Demnach könnte der Sparkassenchef ein sogenanntes Alleinzeichnungsrecht über Beträge von bis zu 300.000 Euro gehabt haben - also genau über jene Summe, die der Entführer als Lösegeld verlangt hatte. In Polizeikreisen wird gerätselt, wer in der Sparkasse oder im privaten Umfeld von diesem Sonderstatus Bögerls gewusst haben könnte.

Nach Recherchen unserer Zeitung lag das Geld zwischen 15.30 Uhr und 7.30 Uhr am nächsten Morgen an dem vereinbarten Platz, der mit einer Deutschlandflagge gekennzeichnet war. Was dabei passierte, ist strittig. Gestern teilte ein Sprecher der Polizei zunächst mit, die Polizei habe das Geld am frühen Morgen nach gut 16 Stunden von der Autobahnmeisterei abholen lassen.

Am Nachmittag korrigierte die Polizei diese Angaben. Mitarbeiter der Autobahnmeisterei seien der Polizei zuvorgekommen, indem sie den Müllsack bei einer "routinemäßigen Kontrolle" abgeholt hätten, nicht ahnend, um welchen Inhalt es sich handelt. "Die geplante Abholung des Geldes durch die Polizei stand aber unmittelbar bevor", betonte der Polizeisprecher. Er bestritt, dass die Polizei den Geldsack erneut an den von den Entführern verlangten Ort gelegt habe.

Zu dieser Verwirrung kommt erschwerend hinzu: Bisher hatte es geheißen, Sparkassenchef Bögerl habe die Polizei erst nach der gescheiterten Geldübergabe eingeschaltet. Die neue Darstellung zur gescheiterten Geldübergabe zeigt nun aber, dass die Polizei zumindest in der Nähe gewesen sein muss. Eine Stellungnahme dazu lehnten die Ermittler am Donnerstag ab.

Das gilt auch für eine andere Frage. Demnach könnte der Sparkassenchef ein sogenanntes Alleinzeichnungsrecht über Beträge von bis zu 300.000 Euro gehabt haben - also genau über jene Summe, die der Entführer als Lösegeld verlangt hatte. In Polizeikreisen wird gerätselt, wer in der Sparkasse oder im privaten Umfeld von diesem Sonderstatus Bögerls gewusst haben könnte.

Die Summe macht die Ermittler stutzig

"Es ist nicht auszuschließen, dass der Täter genau wusste, welchen Betrag er sofort von Herrn Bögerl bekommen kann", so ein Ermittler. In Bankenkreisen ist es im Regelfall üblich, dass das sogenannte Vier-Augen-Prinzip herrscht, wonach Kreditgeschäfte von zwei Personen abgezeichnet werden müssen. Andererseits räumen manche Geldinstitute ihrem Vorstandschef offenbar ein Alleinzeichungsrecht für bestimmte Beträge ein.

"Wo die Grenze ist, regeln die Banken für sich", heißt es aus Bankenkreisen. In den vergangenen Tagen hatten Experten gerätselt, warum der Entführer der Bankiersfrau ausgerechnet 300.000 Euro verlangt hatte und nicht wie bei früheren Entführungen eine deutlich höhere Summe. Sowohl die Sparkasse Heidenheim als auch die Polizei lehnten am Donnerstag Auskünfte zu diesem Komplex ab.

Aus Sicht von Rudolf Egg, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, spricht viel dafür, dass jemand hinter dem Verbrechen steht, der die Verhältnisse der Heidenheimer Familie kennt oder den etwas mit der Sparkasse verbindet. Nach Ansicht des Kriminalpsychologen haben die Entführer aber keinen Plan B: "Der oder die Täter melden sich vermutlich deshalb nicht mehr, weil sie nach der gescheiterten Übergabe keinen zweiten Plan haben."