In Stadtgraben und Adolf-Müller-Straße wurden die Wärmeleitungen bereits versenkt. Foto: Anja Bertsch

Der Ausbau der Nahwärme gilt in Schopfheim als wichtiger Baustein zur Wärmewende. Der Gemeinderat hat nun den den weiteren Ausbau beschlossen. Trotzdem bleibt Kritik.

Den Grundsatzbeschluss „Strategie für den Ausbau der Nahwärmeversorgung“ hat der Gemeinderat Anfang 2024 getroffen. Dem auf der Grundlage von Machbarkeitsstudien und weiterer Planungen aktualisierten Fünf-Jahres-Plan zum weiteren Ausbau des Netzes stimmte der Gemeinderat am Montag mehrheitlich zu – gegen die Stimmen der CDU-Fraktion und eines einzelnen Grünen-Rates.

 

Innenstadt später dran

Der beschlossene Fünf-Jahres-Plan umfasst unter anderem den Ausbauschritt I (siehe Infobox). Dieser ist bereits in der Mache und soll im ersten Halbjahr 2026 fertig sein. Ebenso enthalten ist der Ausbauschritt II; hier sind die Arbeiten vergeben und sollen demnächst beginnen.

Eine wichtige Änderung gegenüber der bisherigen Planung: Der Ausbau in der Innenstadt wird in Absprache mit dem Gewerbeverein bis 2030 verschoben. „Wir lassen die Innenstadt erst einmal zur Ruhe kommen“, betonte Bürgermeister Dirk Harscher mit Blick auf die Klagen von Einzelhändlern und Gastronomen, die angesichts der vielen Baustellen in der City massiv über weniger Kunden geklagt hatten.

Anschlüsse und Leistung

Bis 2028 soll das Nahwärmenetz auf eine Netto-Abgabe von 84 Gigawattstunden jährlich und 1400 Hausanschlüsse angewachsen sein. Gerechnet wird mit einer Anschlussquote von 80 Prozent.

In fünf bis acht Jahren soll eine Großheizzentrale am westlichen Stadtrand in Betrieb gehen. Als Interimslösung soll eine neue Pelletanlage auf dem städtischen Grundstück „An der Wiese 11“ zusammen mit dem schon installierten Blockheizkraftwerk und zwei Erdgas-Kesseln den Bedarf decken.

Wie hoch sind die Kosten?

Nach aktuellen Stand liegt die Grundgebühr für Teilnehmer am Nahwärmenetz laut Verwaltung bei 46,41 Euro je Kilowatt (kW), die Arbeitsgebühr bei 13,1 Cent je Kilowattstunde. Dazu kommt eine jährliche Wartungsgebühr abhängig von der Anschlussleistung, zwischen 100 (kleiner 25 kW) und 1000 Euro (ab 100 kW).

„Vieles bleibt unklar“

In der Vorlage sei viel Fachwissen aufgelistet, „eine Machbarkeitsstudie jagt die andere“. Trotzdem seien noch viele Punkte unklar, kritisierte ein Bewohner der Altstadt. Neben dem Rapportieren technischer Aspekte seien bei diesem Thema auch „vertrauensbildende Maßnahmen“ gegenüber den potenziellen Nutzen gefragt. „Schließlich soll der Kunde sich einem Monopolisten ausliefern“, etwa was die Kosten und die langfristige Versorgungssicherheit angeht.

Auch Gemeinderat Thomas Kuri übte Kritik: Die Vorlage werfe ein Investitionsvolumen von 85 Millionen Euro auf – und bleibe zugleich konkrete Zahlen und Prognosen , etwa zu erwarteten Einnahmen oder Betriebskosten, schuldig. „Das ist uns definitiv zu dünn. Unter dieser Voraussetzung ist uns die Zustimmung zu einem Fünf-Jahresplan nicht möglich“, hinterlegte er namens der CDU-Fraktion.

Der Technische Beigeordnete Thomas Schmitz versuchte, die Kritikpunkte zu entschärfen und verwies darauf, dass sehr wohl sehr viele Szenarien durchgespielt worden seien – mit unterschiedlicher Annahmen zu Zinsentwicklung, Energiekostensteigerungen oder Anschlussquoten. Die Ergebnisse seien in der Vorlage hinterlegt.

„Blick in die Glaskugel“

Die Frage nach der Entwicklung der Energiekosten sei sicherlich „ein Stück weit der Blick in die Glaskugel“ , räumte er ein. „Ich kann selbstverständlich keine Garantie auf zehn Jahre Preisstabilität geben.“ Diese bekomme man aber ebenso wenig beim individuellen Vertrag mit einem Energieversorger.

„Eins ist klar: Weder Gas, noch Öl, noch Pellets werden billiger – egal, ob man über ein Wärmenetz heizt, oder mit dem privaten Heizkessel“, hinterlegte auch Peter Ulrich (SPD)

„Kein Risiko für die Stadt“

Aus Sicht der Stadt gebe es jedenfalls kein finanzielles Risiko, da die Investitionen wie auch bei Wasser und Abwasser über die Gebühren – sprich: über die Anschlussnehmer – gedeckt werden. Im Zweifel würden die Gebühren erhöht. „Die Frage ist dann eben , ob wir konkurrenzfähig bleiben“ – ob sich also für die jeweils weiteren Ausbauschritte genügend Interessen finden. Grundsätzlich gelte: „Ich bin sicher, dass wir ein Gebührenmodell aufgebaut haben, das stabil bleiben kann“, betonte Schmitz.

Ausbauschritte für das Wärmenetz Schopfheim

Keimzelle
ist das über 30 Jahre alte Wärmenetz im Bifig mit seiner Wärmezentrale in der Stadthalle.

Ausbauschritt I:
Aktuell im Gange ist der erste Ausbauschritt Adolf Müller-Straße/Stadtgraben/Hauptstraße bis Uehlin-Areal; dieser soll Mitte kommenden Jahres abgeschlossen sein.

Ausbauschritt II:
Nächste große Etappe mit vielen potentiellen Nutzern ist grob umrissen das Neubau-Quartier „Drahtzug“ mit vielen Mehrfamilienblocks: An der Wiese, Friedrich-Hecker-Straße und Georg-Ühlin-Weg und Wiesenweg (geplante Ausführung: Ende 2025 bis Mitte 2027; Länge: 1600 Meter).

Ausbauschritt III:
Zwischen 2027 und Mitte 2028 soll die Lücke in der Haupstraße zwischen Stadthalle und Adolf-Müller-Straße geschlossen und das erweiterte Altstadt-Quartier zwischen Wall-, Mattenlee-, Au- und Entgaststraße versorgt (Länge: 1300 m).

Ausbauschritt IV:
In der vierten Etappe soll sich der Ausbau Richtung Westen auf die andere Seite der Bahnschienen bewegen – in Käpellemattweg und Belchenstraße (Ausführung: Mitte 2028 bis Ende 2029 / Länge 1200 Meter)

Ausbauschritt V:
Im fünften Schritt geht es wieder zurück in die Innenstadt. Die Trasse führt von der Hauptstraße ab Scheffelstraße über die Pflugkurve weiter in die Feldbergstraße und in die Hebelstraße (Ausführung: 2030 / Länge 600 Meter)

Gesamtprojekt:
Als Zieljahr für das Gesamtprojekt wird 2045 definiert. Bis dahin sollen Nahwärme-Leitungen mit einer Gesamtlänge von rund 80,6 Kilometern verlegt sein.