Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz in Hechingen? Stadträtin Almut Petersen möchte, dass die Energiewende in Hechinger Händen bleibt. Dutzende haben nun den Infoabend „Windkraft in Bürgerhand“ zur Gründung einer Hechinger Regionalgruppe besucht.
Wie ein schlechter Aprilscherz glich für viele Hechinger die Mitteilung der Stuttgarter Stadtwerke Mitte September, dass diese den Zuschlag einer Ausschreibung des Fürstenhauses Hohenzollern für den Bau einer Anlage mit acht Windrädern entlang der Gemeindegrenzen von Grosselfingen, Haigerloch, Rangendingen und Hechingen erhalten haben. Eine Beteiligung der Hechinger Bürger am Projekt – Fehlanzeige. Stadträtin Almut Petersen (Bunte Liste) möchte die Energiewende künftig mit den Hechingern vorantreiben und lud am Montagabend zu einer Infoveranstaltung mit der Teckwerke Bürgerenergie aus Kirchheim unter Teck zur Bildung einer Regionalgruppe in die Stadthalle ein. Unsere Redaktion liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie lief die Infoveranstaltung ab?
Der Abend stand unter dem Motto „Windkraft in Bürgerhand“. Almut Petersen, Mitgründerin der Hechinger Gemeinschaftsanlagen GbR, hat die Teckwerke Bürgerenergie Genossenschaft und deren Vorstandsmitglied Felix Denzlinger eingeladen. Die Teckwerke Bürgerenergie Genossenschaft bringt Erfahrung für die Planung, Umsetzung und den Betrieb – vor allem von Windkraft und PV-Anlagen – mit. Mit ein Ziel der Infoveranstaltung war die Initiierung einer Hechinger Regionalgruppe.
Was sind die Aufgaben einer Regionalgruppe?
„Die Mitglieder einer Regionalgruppe setzen sich vor Ort für die Energiewende ein. Mir ist es ein Anliegen, dass die Hechinger auch von den Klimaschutzmaßnahmen vor Ort profitieren und nicht nur mit den Begleiterscheinungen leben müssen“, spricht Petersen vielen Bürgern aus dem Herzen. Weiter auf der Agenda: In der Regionalgruppe solle neben Windkraftprojekten neue Bürgersolar- und Mieterstromprojekte – bisher von der Gemeinschaftsanlagen Hechingen GbR geplant – umgesetzt werden. Für Petersen hat dazu die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Hechingen – jüngst im Gemeinderat verabschiedet – höchste Priorität. Dort festgehaltene Maßnahmen sehen unter anderem eine Solardachoffensive oder Bike- und Carsharing-Projekte vor.
Warum reicht die Gemeinschaftsanlagen Hechingen GbR dafür nicht aus?
Almut Petersen bringt es auf den Punkt: „Ich kann nicht alleine für ein Windrad haften.“ Die Rechtsform der GbR stoße wegen der Vollhaftung bei Projekten wie Bürgersolarprojekt mit mehr als 200 Megawatt an seine Grenzen. „Wenn wir was reißen wollen, müssen wir uns breiter aufstellen.“ Als Hechinger Regionalgruppe unter der Teckwerke Bürgerenergie Genossenschaft sei diese Problematik gelöst.
Welche Ergebnisse hat der Abend gebracht?
Von den rund 70 Zuhörern erklärten sich rund 15 Bürger bereit, sich aktiv in einer Regionalgruppe zu engagieren. Zu einer Gründung kam es noch nicht, aber zu einem festen Termin für die weitere Organisation. Am Montag, 30. Oktober, ab 18 Uhr soll ein Treffen zur weiteren Strukturierung stattfinden. Der Treffpunkt wird noch mitgeteilt. Interessierte – die auch nicht an der Infoveranstaltung teilgenommen haben – können sich bei Interesse per E-Mail an hechingen@teckwerke.de wenden.
Warum sind die Teckwerke involviert?
Bis eine eigenständige Genossenschaft arbeitsfähig ist, ziehe zu viel Zeit ins Land, erklärt Petersen. „Wir müssen jetzt den Fuß in die Tür bekommen und die Energiewende mit Bürgerbeteiligung voranbringen.“ In naher Zukunft würden die Weichen bezüglich Flächenvergabe und Co. gestellt. Dafür sei die Expertise der Teckwerke für Hechingen prädestiniert. Die Teckwerke betreuen bereits mehrere Regionalgruppen – unter anderem in Esslingen. Aber: „Jede Regionalgruppe gibt sich eigene Strukturen. Es gibt da kein Diktat der Teckwerke.“ Voraussetzung für eine Mitarbeit in der Regionalgruppe ist aber eine Mitgliedschaftschaft bei den Teckwerken mit 100-Euro-Mindestwert.
Wie geht es mit der Ankündigung der acht Windräder der Stuttgarter Stadtwerke weiter?
„Dass wir den großen Investoren Paroli bieten können, kann ich nicht versprechen, aber wir müssen es zumindest versuchen“, gibt sich die Bunte-Stadträtin kämpferisch. Der Wunsch einer Regionalgruppe in Zusammenarbeit mit den Teckwerken habe sie aber bereits seit einem halben Jahr gehegt – noch vor Veröffentlichung der Pressemitteilung. „Die Regionalgruppe kümmert sich nicht nur um Windräder, sondern um den Klimaschutz in Hechingen insgesamt.“ Der Vorstoß der Stadtwerke Stuttgart habe ihr aber die Dringlichkeit des Engagements bestätigt. Sie sprach daher von einem „historischen“ Abend.
Wer sind die Teckwerke Bürgerenergie?
Gründung
Die Teckwerke Bürgerenergie Genossenschaft hat sich 2011 in Kirchheim unter Teck gegründet und Schritt für Schritt professionalisiert. Derzeit haben die Teckwerke 1200 Mitglieder; die Teilhabe der Mitglieder und Bürger an Projekten zur Energiewende ist der zentrale Aspekte ihres Wirkens.
Beteiligungsoptionen
Neben einer Mitgliedschaft – die aktuelle Dividende liegt bei drei Prozent – bieten die Teckwerke auch ein Mitgliederdarlehen. Durch die Investition der Beteiligten können die Teckwerke in die Planung, den Bau und den Betrieb von Wind- oder Solarparkprojekten investieren. Dazu besteht die Option der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeit in Regionalgruppen. Für die Hechinger Regionalgruppe ist zunächst eine ehrenamtliche Tätigkeit vorgesehen. Schritt für Schritt solle auch für die Leistungen bezahlt werden. „Die Energiewende lässt sich nicht im Feierabend bewältigen“, erklärt Petersen ihre Einstellung.
Erfolge
Seit ihrem Bestehen zeichnen die Teckwerke für 110 Megawatt Wind- und PV-Anlagen verantwortlich. Zur Einordnung: 2500 Solarmodule bringen die Leistung von einem Megawatt. Realisiert haben die Teckwerke beispielsweise den Windpark Falkenhöhe bei Schramberg (Kreis Rottweil). Weitere Informationen unter www.teckwerke-bürgerenergie.de