Der Regionalverband wählt Gebiete aus, die für Windkraftanlagen in Frage kommen. Foto: dpa/Arne Dedert

Die Bundesregierung hat klare Ziele herausgegeben, wie viele Flächen künftig für Windenergie genutzt werden sollen. Und droht mit drastischen Konsequenzen, wenn diese nicht erreicht werden. Nun wurde auch in Calw über mögliche Plätze für Windräder gesprochen.

Zwei Prozent der Fläche des Landes sollen für Windkraft zur Verfügung stehen – das ist das erklärte Ziel der Bundesregierung. Geregelt ist das Ganze unter anderem im – Achtung, langes Wort – Windenergieflächenbedarfsgesetz. Dieses gibt den Ländern erstmals verbindliche Ziele vor, im welchem Umfang Flächen bis 2027 für Windkraft auszuweisen sind, wie es auf der Homepage des Umweltbundesamtes heißt. Und mit diesen Zielen beschäftigte sich nun auch der Calwer Bau- und Umweltausschuss.

 

Worum geht es genau?

In Baden-Württemberg sollen bis 2027 mindestens 1,1 Prozent der Regionsfläche in den Regionalplänen als Gebiete für die Nutzung von Windenergie festgelegt werden, wie es dazu in den Sitzungsvorlagen heißt. Bis 2032 sind es 1,8 Prozent. Daher sind nun die Regionalverbände am Zug. Im Falle von Calw ist das der Regionalverband Nordschwarzwald.

Dieser hat in der vergangenen Monaten Suchräume für alle Kommunen im Nordschwarzwald, so auch auf Gemarkung Calw und Oberreichenbach – die beiden bilden eine Verwaltungsgemeinschaft – bestimmt. Das sind Areale, die für das Aufstellen von Windrädern in Frage kommen. Der Regionalverband fasse die Gebiete im ersten Schritt deutlich weiter, erklärt Andreas Quentin, Leiter Fachbereich Planen, Bauen und Verkehr, auf Nachfrage unserer Redaktion. Viel mehr Flächen werden also ins Spiel gebracht, als schlussendlich gebraucht werden. Diese Bereiche seien, so Quentin, einfach eine erste Idee.

Womit beschäftigte sich der Ausschuss?

Im nächsten Schritt, der jüngst im Bau- und Umweltausschuss besprochen wurde, geht es jetzt darum, zu diesen ausgewählten Bereichen Stellung zu beziehen. Auch wenn der Regionalverband am Schluss das letzte Wort hat, dürfen die Kommunen, flapsig ausgedrückt, ihren Senf dazugeben. Schließlich geht es ja um eigene Flächen. Diese Hinweise werden an den Regionalverband gegeben und gegebenenfalls in der weiteren Planung berücksichtigt.

In der Sitzungsvorlage für die Calwer Räte ist von drei Hinweisen die Rede. Zum einen merkt die Verwaltung an, dass der Suchraum östlich des Industriegebiets Lindenrain mit Überlegungen kollidiert, dort einen Schwerpunkt zur „Industrie- und Gewerbeanbindung im östlichen Gemarkungsgebiet“ auszuweisen. Zum anderen legt sie nahe, den Suchraum bei der ehemaligen Erddeponie „Zettelberg“ auf dem Gemarkungsgebiet Bad Teinach-Zavelstein auszuweiten. Ein weiterer Vorstoß betrifft den Abstand von den geplanten Windrädern zur Bebauung: Dieser soll aus Sicht der Calwer Verwaltung 850 Meter betragen, statt wie bisher vorgesehen 750 Meter.

Dieter Kömpf, der die Sitzung in Vertretung von OB Florian Kling leitete, ließ das Gremium über diese Hinweise an den Regionalverband abstimmen – was einstimmig über die Bühne ging.

Und wie geht es jetzt weiter?

Der Regionalverband sammelt sowohl die Einlassungen der Kommunen zu den Suchräumen, als auch Infos über die bisherigen Planungen zum Thema Windkraft. In Oberreichenbach habe es zum Beispiel schon Untersuchungen zur Eignung für Windräder gegeben, erläutert Quentin, was gemeint ist.

Aufgrund dessen werde der Regionalverband seine Suchräume weiter konkretisieren und gegebenenfalls reduzieren. Und zwar bis zum Ende des Jahres. So entsteht ein Teilregionalplan Windkraft. Was folgt, ist eine öffentliche Auslegung und die Beteiligung der Behörden Anfang 2024, erklärt der Fachbereichsleiter die nächsten Schritte.

Was passiert, wenn die Ziele nicht erreicht werden?

Bis Ende des Jahres steuert der Flächennutzungsplan der Kommunen, wo ein Windrad gebaut werden kann – vereinfacht gesagt. Ab 2024 wird dieser durch den Teilregionalplan Windkraft abgelöst. Was bedeutet, dass der Regionalverband das Steuer in Sachen Windkraftanlagen in die Hand nimmt. Was aber, wenn trotz dessen die vorgegebenen Ziele bis 2027 nicht erreicht werden? In diesem Fall, so Quentin, könne auch der Regionalverband nicht mehr steuern. Dann würde eine sogenannte „Super-Privilegierung“ in Kraft treten. Die aber eher nicht so super für die Kommunen wäre, da in diesem Szenario Windkraft überall im Außenbereich zulässig wäre – egal ob in städtischem oder privaten Besitz, ohne dass Kommune oder Regionalverband noch etwas mitzureden hätten. Die Vorgaben aus dem Teilregionalplan würden nicht mehr gelten.

„Das ist schon sportlich“, räumt Quentin ein. Der Gesetzgeber fordere jetzt, dass etwas passiert. Um die Ziele zu erreichen, müssten Genehmigungsverfahren aber beschleunigt werden, fordert Quentin. Was teils auch schon passiert sei. Beispielsweise spielt der Artenschutz zwar nach wie vor eine Rolle bei dem Bau von Windkraftanlagen. Aber, wie Kömpf es ausdrückte, verhindert „der Rote Milan kein Windrad mehr“. „Vor drei Jahren hätte ich nicht gedacht, dass das möglich ist“, gibt Quentin zu. „Da wird richtig Druck gemacht.“