Stromleitung im Sonnenuntergang – Wie sicher ist in Zukunft die Versorgung? Foto: dpa

Seit Monaten übt Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) den Schulterschluss mit der regionalen Wirtschaft in Sachen Energiewende. Jetzt bringt er die Idee einer regionalen Lösung gegen Stromausfälle ins Spiel.

Seit Monaten übt Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) den Schulterschluss mit der regionalen Wirtschaft in Sachen Energiewende. Jetzt bringt er die Idee einer regionalen Lösung gegen Stromausfälle ins Spiel.

Stuttgart - Seit Monaten übt Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) den Schulterschluss mit der regionalen Wirtschaft in Sachen Energiewende. Jetzt bringt er die Idee einer regionalen Lösung gegen Stromausfälle ins Spiel.

Die Diskussion um die Bekämpfung möglicher Energieengpässe infolge des Atomausstiegs ist um eine Facette reicher.

Um die Gefahr für Süddeutschland zu minimieren, hat der baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) eine regionale Lösung nur für Süddeutschland vorgeschlagen. „Ich bin mit Bundeswirtschaftsminister Gabriel in Gesprächen über regionale Kapazitätsmechanismen“, sagte Schmid am Montag auf einer Veranstaltung der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) in Stuttgart. Er könne sich „ein Pilotvorhaben im Südwesten“ vorstellen, sagte der Minister weiter.

Unter den Stichworten „Kapazitätsmechanismus“ oder „Kapazitätsmarkt“ versteht man Sicherheitsvorkehrungen, die gewährleisten sollen, dass Energie zu jeder Zeit in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Im Zeitalter stark schwankender Stromeinspeisung durch Solar- und Windkraftanlagen in das deutsche Stromnetz erhält das Thema immer größere Bedeutung. Besonders die Industrie ist auf eine sekundengenaue Belieferung mit Strom angewiesen. Schon bei kleinen Unterbrechungen besteht die Gefahr, dass Produktionsprozesse für Stunden und Tage stillstehen.

Es wird erwartet, dass die Bundesregierung nach der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes noch in diesem Spät-herbst einen Vorschlag für einen bundesweiten Kapazitätsmarkt einbringt. Wie genau dieser aussehen könnte, ist bisher aber noch unklar.

Schmid sagte, ein regionales Konzept wäre ein Mittel, Kosten einzudämmen. Für ein Bundesland wie Baden-Württemberg ergebe ein Regio-Kapazitätsmarkt aber nur Sinn, wenn auch die Nachbarländer, etwa Österreich, einbezogen würden. Hintergrund: Besonders aus Österreich, aber auch aus der Schweiz erhält Süddeutschland schon heute im Notfall Stromlieferungen. Diese werden für gewöhnlich in den kalten Wintermonaten abgerufen, wenn Solar- und Windkraft wenig Leistung bereitstellen können.

Dass SPD-Mann Schmid sich so detailliert über Fragen des Energiemarkt-Designs äußert, ist ungewöhnlich, da das Themenspektrum im Normalfall von seinem Kabinettskollegen, Energieminister Franz Untersteller (Grüne), verantwortet wird. Dieser hat vor Monaten auch schon ein eigenes Modell für Kapazitätsmärkte in die Diskussion eingebracht.

Spätestens ab Beginn der 2020er Jahre sieht sich Deutschland möglicherweise Problemen im Energiebereich gegenüber. Dann gehen die letzten Kernkraftwerke vom Netz. Parallel stockt der Neubau von Anlagen – eine Situation, die vor allem im Südwesten für Probleme sorgen könnte. Daher gehe es auch darum, neue Ersatzkraftwerke auf die Spur zu bringen, sagte Schmid. Für eine Übergangszeit seien auch effiziente Kohlemeiler eine Alternative.

Sowohl die Gewerkschaft IG BCE als auch Vertreter von Unternehmen sprachen sich unterdessen für verlässliche Rahmenbedingungen in Sachen Energiewende aus. Die Gesetzgebung dürfe „gute Arbeitsplätze in innovativen Bereichen nicht gefährden“, sagte IG-BCE-Landeschefin Catharina Clay. Die Gewerkschaft vertritt rund 95 000 Beschäftigte in Baden-Württemberg, beispielsweise in Branchen wie der Papier-, Lack- oder Glasindustrie. Clay zufolge machen den Firmen vor allem hohe Energiekosten in Deutschland zu schaffen. Diese lägen für die Industrie im Durchschnitt 19 Prozent über dem EU-Mittelwert. Privathaushalte sind aber noch schlechter dran – sie zahlen 48 Prozent mehr als im EU-Schnitt.