Bis heute sind die drei Windräder auf dem Melchinger Himmelberg die einzigen im Zollernalbkreis. Was wenigen bewusst ist: Sie wurden 1995 in der Rekordzeit von 216 Tagen genehmigt.
Burladingen-Melchingen - Betrieben werden die drei Windkraftanlagen bis heute von dem unabhängigen, privaten Energieunternehmen Sowitec. Für das war dieser seinerzeit erste Windpark im Land Baden-Württemberg der große geschäftliche Durchbruch und der Beginn auch internationaler Geschäftsbeziehungen im Bereich Erneuerbare Energien.
Wer das jahrelange Anhörungs- und Genehmigungsverfahren um die zehn Windräder, die die Stadt Burladingen derzeit auf ihrer eigenen Gemarkung plant und durch die EnBW betreiben lassen will verfolgt, mag angesichts der rekordverdächtigen Sowitec-Genehmigung von 1995 ungläubig den Kopf schütteln.
Landratsamt bestätigt: Verfahrensdauer 216 Tage
Auf Anfrage unserer Redaktion suchte das Landratsamt des Zollernalbkreises in den alten Akten und bestätigte dann tatsächlich: "Die damalige Verfahrensdauer für das Baugenehmigungsverfahren betrug insgesamt 216 Tage. Die Baugenehmigung wurde am 4. August1995 erteilt, und der Baubeginn erfolgte am 11. September 1995. Im Vorfeld des Verfahrens kam man zur Erkenntnis, dass ein Bebauungsplanverfahren durchzuführen ist. Der Aufstellungsbeschluss erging am 1. Dezember 1994. Die Genehmigung der Satzung erfolgte am 24. Oktober 1995 und trat am 9. November 1995 in Kraft".
Ab Dezember 1994 seien durch das Baumt der Landratsamtes dazu einige Fachbehörden angehört worden. Dazu gehörten das Forstamt, das Landwirtschaftsamt, die Gewerbeaufsicht Tübingen, der Naturschutz, das Wasseramt Reutlingen, die Bezirksstelle Naturschutz beim Regierungspräsidium Tübingen, der Naturschutzbeauftragte und die Stadt Burladingen.
Immer mehr Fachbehörden wurden involviert
Interessant ist der ganze Vorgang um die drei Sowitec Anlagen auf dem Melchinger Himmelberg schon deshalb, weil es damals Presseberichte gab, die das 216-Tage-Verfahren als langatmig und bürokratisch ansahen. Es wurde schon 1995 angemahnt, hier dringend zu entbürokratisieren, erinnern sich Zeitgenossen.
Diese Entbürokratisierung ist aber nie erfolgt. Im Gegenteil. Nach dem abgeschlossenen Sowitec-Verfahren fühlten sich anscheinend immer mehr der unterschiedlichsten Fachbehörden und Verbände berufen, bei Windkraft mitzureden. Und auch der Gesetzgeber erfand immer neue Vorschriften, die es zu beachten gilt.
Das mag der Grund sein, warum es auch bei den Planungen der Windräder der Windpark Winterlingen Alb GmbH nicht wirklich vorangeht. Die wurden von einst sieben auf vier Anlagen reduziert, und trotzdem herrscht auch da im Moment Stillstand.
Zehn Windräder bis Ende ’23 – eher nicht
Dass die EnBW ihre zehn Windräder auf Burladinger Gemarkung bis Ende 2023 wirklich in Betrieb nehmen kann, daran glauben wohl selbst Optimisten unter den Kommunalpolitikern in der Fehlastadt nicht mehr.
Erstaunlich ist die scheinbare Endlos-Warteschleife vor allem deshalb, weil Baden-Württemberg seit 2011 von den Grünen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann an der Spitze regiert wird und gerade die Öko-Partei das Mantra des Ausstieges aus den fossilen Energien und das Hin zu Erneuerbaren Energien vor sich herträgt. Dass die Energiewende so zu bewältigen ist, bezweifelt vor allem auch Sowitec-Windpark Geschäftsführer Frank Hummel. Es müsste viel unbürokratischer und schneller gehen, klagte er vor einigen Monaten bei einem Treffen mit dem Grünen Bundestagsabgeordneten Chris Kühn auf dem Melchinger Himmelberg.
Hummel jedenfalls will seine Anlagen noch möglichst lange weiter betreiben. So lange stehen sie eben auch als Mahnmal an ein rekordverdächtiges Genehmigungsverfahren unter einer Landesregierung, die heutzutage gelegentlich gern "verteufelt" wird.