E-Mobilität und die dafür benötigten Ladestationen sind auch in Neubulach ein immer gewichtigeres Thema. Foto: © Petair - stock.adobe.com

Wie sicher ist künftig die Gasversorgung in Neubulach? Und hält das Stromnetz höheren Belastungen durch das Laden von immer mehr E-Autos stand? Antworten dazu gab es im Gemeinderat.

Neubulach - "Netzdialog Strom/Gas" ist das Stichwort, unter dem Vertreter der Netze BW den Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung ausführlich zur Strom- und Gasversorgung in der Gesamtgemeinde informierten und sich den Fragen der Räte stellte. Neval Aras, Regionalmanager Verteilnetze, gab einen Überblick über das Unternehmen. Dass rund 60 Mitarbeiter in der Region Schwarzwald leben, sorge für eine schnelle Reaktion im Fall von Störungen im Leitungsnetz. So lagen die Ausfallzeiten pro Jahr im Neubulacher Stromnetz im Schnitt der vergangenen drei Jahre bei 8,5 Minuten. Rund 177 Kilometer lang ist das Stromnetz im Gemeindegebiet, zwischen 86 Prozent (Niederspannung) und 98 Prozent (Mittelspannung) liegen die Leitungen unter der Erde. Das örtliche Gasnetz teilt sich auf in knapp fünf Kilometer Hochdruckleitung, die einen Hausanschluss versorgt, und rund 30 Kilometer Mitteldruck-Leitungen für 518 Hausanschlüsse. Die Ausfallzeiten beim Gas lagen über die Jahre 2018 bis 2021 durchweg bei null Minuten.

In Erneuerungs-, Verdichtungs- und Erschließungsmaßnahmen hat die Netze BW im örtlichen Stromnetz in den vergangenen vier Jahren rund 2,2 Millionen Euro investiert, Aras nannte Details zu den einzelnen Maßnahmen. In den kommenden zwei Jahren hat der Netzbetreiber Investitionen übers ganze Gemeindegebiet verteilt für knapp eine Million Euro auf dem Schirm. Die Erneuerungs- und Erschließungsmaßnahmen im Gasnetz summierten sich in diesem Zeitraum auf circa 950 000 Euro, in diesem Jahr soll für rund 290 000 Euro gebaut und erneuert werden.

Verhältnis kehrt sich um

Die Komplexität im Verteilnetz steigt durch die Energiewende, machte Aras deutlich. Wurde in der Vergangenheit der Strom in Großkraftwerken wie Atom- und Kohlekraftwerken erzeugt und zu 80 Prozent von oben nach unten über Höchst- und Hochspannungsleitungen und nur zu 20 Prozent über Mittel- und Niederspannungsleitungen verteilt, kehrt sich das künftig um. Durch viele dezentrale Erzeugungsanlagen wie Windräder, Photovoltaikanlagen (PV) und Wärmepumpen werden etwa 90 Prozent des so erzeugten Stroms über das Mittel- und Niederspannungsnetz zum Verbraucher geleitet. Aras schlüsselte die Einspeisung ins Netz, hauptsächlich durch PV, und den verbrauchten Strom nach Art der Abnehmer wie Haushalt, Gewerbe oder Landwirtschaft auf.

Wenn die Stadt die Klimaziele nach dem Energiekonzept des Landes Baden-Württemberg erreichen will, müssten 2040 über PV-Anlagen 8,7 MW Strom erzeugt werden, Wärmepumpen sollten dann 4,3 MW liefern. Eine Zahl zum Ist-Zustand 2020: Durch 430 PV-Anlagen wurden in Neubulach etwa 7,9 MW Leistung erzeugt. Die Ladeleistung bei der Elektromobilität müsste sich bis 2040 auf 33,7 MW oder rund 3200 Fahrzeuge erhöhen.

66 elektrische Fahrzeuge gemeldet

Laut Kraftfahrtbundesamt waren zum Jahresbeginn im Stadtgebiet rund 4000 Kraftfahrzeugen gemeldet, davon fahren 66 voll elektrisch und 42 als Hybrid-Fahrzeuge. Der Netze BW sind 60 Ladestationen gemeldet mit einer installierten Gesamtleistung von 781 Kilowatt (kW). Andreas Blaurock (CDU) fragte hierzu, wie weit der Netzbetreiber bereit ist, in den ländlichen Regionen Ladestationen mit höherer Leistung anzubieten. Natürlich wolle man die E-Mobiltät nicht einbremsen, ob jedoch in ländlichen Gebieten überall Schnelllader gebraucht würden, sei fraglich, sagte Aras. "Wir müssen die Belastung im gesamten Netz sinnvoll halten", ergänzte Harald Müller, der für die kommunalen Beziehungen bei Netze BW verantwortlich zeichnet, "es macht in meinen Augen keinen Sinn, mit einem Ladeanschluss von 100 kW in einer Stunde zu laden, wenn Sie auch zehn Stunden Zeit haben, um mit 30 kW zu laden". Neubulach sei ein Mittelzentrum mit einem Verkehrsaufkommen von 10 000 Fahrzeugen pro Tag. "Bei hoher Elektromobilität wollen die auch geladen werden", so Blaurock, "da sind sie als Netzbetreiber auch gefordert". An viel befahrenen Strecken mache eine Schnellladestation Sinn, pflichtete Müller bei und nannte Kosten: 40 000 bis zu 300 000 Euro koste der Anschluss einer solchen Station plus Trafo plus Parkplatz, "dafür brauchen Sie einen Investor".

Kein Ausbau auf Verdacht

Andreas Kubesch (UGL) fragte, ob das Netz seriell ausgebaut werde, um die steigende Rückspeisung aus PV möglich zu machen. Man schaue, wo das Netz wie ausgelastet sei, sagte Aras, "auf Verdacht dürfen wir nicht ausbauen". Er empfahl, dem Netzbetreiber möglichst schon in der Planungsphase die Installation von PV-Anlagen mitzuteilen, dann könne man tätig werden und ausbauen. Wie die Netzstabilität gewährleistet ist, wenn künftig die AKWs und der Kohlestrom fehlen, wollte Kubesch weiter von den Netzexperten wissen. Es wird herausfordernder, bestätigte Müller, "wir machen jedoch intelligente Lösungen, sonst würden wir unseren Job nicht gut machen. Wir würden im Fall der Fälle auch die Hand heben und sagen, so geht es nicht."

Wärmepumpen als Alternative

Wie sicher die Versorgung mit Gas künftig ist, interessierte die Bürgermeisterin Petra Schupp, denn "in Neubaugebieten wollen Sie weg vom Gas, Sie entlassen die Kunden in die Selbstversorgung." Privatkunden müssen sicher keine Bedenken haben, beruhigte Müller die Rathauschefin, die sich fragte, ob sie ihre vor vier Jahren eingebaute Gasheizung schon wieder rausschmeißen müsse. Richtig sei, dass man bei Einfamilienhäusern weg vom Gas wolle, die letzten Jahre haben sich nur circa zwölf Prozent der Bauherren für einen Gas-Anschluss entschieden, Wärmepumpen seien die Alternative. Dagegen sei Gas bei Mehrfamilienhäusern wieder interessant. Eine Beimischung von bis zu 30 Prozent Wasserstoff sei in manchen Städten schon üblich, um den Anteil an erneuerbarer Energie zu erhöhen.