Auch das Kraftwerk in Neckarwestheim darf noch einige Monate länger laufen. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Drei deutsche Atomkraftwerke dürfen dreieinhalb Monate länger laufen. Was bringt das für den Strommarkt – und wodurch wird der Atomstrom 2023 ersetzt?

Die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland sollen bis 15. April weiterlaufen. Das hat das Bundeskabinett beschlossen, im November muss noch der Bundestag zustimmen. Welche Rolle spielen die Atommeiler noch für die Stromproduktion in Deutschland?

Antwort geben Daten der von der Bundesnetzagentur betriebenen Plattform Smard. Vergangene Woche betrug der Anteil von Atomstrom an der deutschen Stromproduktion 7 Prozent – etwa 675 000 Megawattstunden. Das folgende Diagramm visualisiert den deutschen Strommix:

7 Prozent Atomstromanteil entspricht den von der Bundesnetzagentur errechneten Mittelwerten für das dritte Quartal 2022. Der Wert liegt allerdings deutlich unter den 14,2 Prozent vom dritten Quartal 2021. Das hat mit den Abschaltungen mehrerer Kernkraftwerke zum Jahresende 2021 zu tun.

Mehr Atomstrom in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg sieht der Strommix bei der Erzeugung deutlich anders aus. Windkraft spielt hier nur eine untergeordnete Rolle, weil es wesentlich weniger Windräder gibt als in Norddeutschland. Auffällig ist der hohe Anteil von Atomstrom: im weiterhin laufenden Meiler Neckarwestheim 2 wird ein Viertel des baden-württembergischen Stroms produziert.

Auch Gas wird verstromt

Was hat die aktuelle Gaskrise mit dem Strommarkt zu tun? Auch das zeigt der Blick auf den Strommix – über den Anteil der Gaskraftwerke. Diese sind laut der aktuellen Analyse der Bundesnetzagentur „hilfreich und teilweise unentbehrlich für die Netzentlastung (Redispatch) und zur Frequenzsicherung (Regelreserve)“. Das liegt daran, dass Gaskraftwerke bei Bedarf deutlich schneller hoch- und heruntergefahren werden können, um Spitzen im Stromverbrauch auszugleichen.

Der Anteil der Gaskraftwerke an der Stromproduktion betrug im dritten Quartal demnach 9,8 Prozent – ein Jahr zuvor waren es noch 7,7 Prozent. Die Steigerung habe neben nicht kurzfristig zu ändernden Lieferverträgen damit zu tun, dass Wärme- und Stromerzeugung vielfach in denselben Anlagen stattfinden, schreibt die Bundesnetzagentur: „Es bedarf daher eigener Anstrengungen, Erdgas bei der Wärmeproduktion durch andere Energieträger zu ersetzen.“

Wenn nicht Atomstrom, was dann?

Auch der Atomstrom muss nach dem (nun um dreieinhalb Monate hinausgezögerten) Abschalten der Kernkraftwerke ersetzt werden. Wodurch genau, lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. Zur Verfügung stünden im Wesentlichen drei weitere Quellen: konventionelle Energieträger wie Kohle, Importstrom aus anderen Ländern oder erneuerbare Energien.

Der Anteil von Strom aus Solar-, Wind- und Wasserkraft steigt in Deutschland seit Jahren, im dritten Quartal 2022 lag er mit 43,9 Prozent etwas höher als im Vorjahr (42,8 Prozent). Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion schwankt im laufenden Jahr wetter- und jahreszeitenbedingt zwischen insgesamt 35 und 66 Prozent:

Produktion schwankt im Tagesverlauf

Aus dem Schaubild geht nicht hervor, wie sich die Stromerzeugung aus Erneuerbaren im Tagesverlauf verändert – die Sonne scheint schließlich nur tagsüber. Windenergie wird dagegen relativ konstant gewonnen, Pumpspeicher helfen in Zeiten mit großem Bedarf. Die Kernkraft ist der konstant laufende Block ganz unten im Schaubild.

Regelmäßig aktualisierte Energiedaten finden Sie in dieser Übersicht.