Viele Unternehmen verbrauchen bei der Herstellung ihrer Erzeugnisse viel Energie. e Foto: dpa/Oliver Berg

Die Erzeugerpreise haben sich zuletzt in der Ölkrise so stark verteuertwie derzeit. Auch Haushalte müssen mit höheren Kosten rechnen.

Stuttgart - Die steigenden Energiepreise weltweit belasten zunehmend Industrie und Haushalte in Deutschland. So sind die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte im September um 14,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen und damit so stark wie seit fast 47 Jahren nicht mehr. Das teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Ein größeres Plus gab es zuletzt im Oktober 1974, als die Preise wegen der ersten Ölkrise um 14,5 Prozent zulegten. Laut den Statistikern verteuerte sich Energie gegenüber September 2020 um durchschnittlich 32,6 Prozent, allein zum Vormonat um acht Prozent. Allerdings war Energie im vergangenen Jahr coronabedingt sehr günstig, was zu einem deutlichen Basiseffekt führt.

Wie ernst die Lage ist, zeigt unter anderem eine Preiserhöhung für Industriekunden, die die EnBW am Mittwoch mitgeteilt hat: Die Preise in der sogenannten Ersatzversorgung für gewerbliche Kunden steigen demnach ab November für den exemplarischen Stromverbrauch eines Unternehmens im Stuttgarter Netz um 58 Prozent. Für Gas müssen Firmen in Stuttgart in diesem besonderen Tarif 52 Prozent mehr zahlen. Die Ersatzversorgung springt ein, wenn der Vertrag eines Industriekunden ausläuft und er keine anderweitige Versorgung erhält.

EnBW erhöht speziellen Tarif für Industriekunden massiv

Wie die EnBW erläutert, ist mit dieser Preiserhöhung keinerlei Prognose für die Verbrauchertarife des Konzerns verbunden. Denn zum einen sichert die EnBW die Beschaffung von Strom und Gas für Haushalte langfristig ab, was bei der kaum prognostizierbaren Ersatzversorgung für Industriekunden nicht möglich sei. Entsprechend müsse die EnBW die Energie am aktuell teuren Spotmarkt einkaufen. Zum anderen haben die Einkaufskosten bei Industriekunden einen höheren Anteil am Endpreis.

Auch der LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch kommentierte, vor allem die „regelrecht explodierenden Preise für Energieträger“ trieben derzeit die Erzeugerpreise. „Davon wird gewiss auch ein Teil auf der Verbraucherebene ankommen.“ Die Teuerung der Energiepreise erreicht die Konsumenten bereits. An den Tankstellen müssen Autofahrer steigende Benzin-, vor allem aber Dieselpreise zahlen. Die Kosten sind auf ein Rekordniveau geklettert. Im bundesweiten Schnitt werden pro Liter Diesel 1,56 Euro fällig, wie der ADAC am Mittwoch erklärte.

Bundesregierung will vorerst nichts unternehmen

Bei Strom und Gas müssen sich Verbraucher bald auf Preiserhöhungen einstellen. In der Regel werden die Tarife zum Jahreswechsel beziehungsweise im ersten Quartal angepasst. Verbraucherschützer und Vertreter von Preisportalen im Internet empfehlen, in diesem Jahr auf alle Fälle nach einem günstigeren Anbieter für Strom und Gas Ausschau zu halten. Ganz besonders Haushalte, die noch nie ihren Versorger gewechselt haben, können auf diese Weise einfach mehrere Hundert Euro pro Jahr sparen.

Die amtierende Bundesregierung sieht derzeit keinen Entscheidungsbedarf für Entlastungsschritte angesichts der steigenden Gas- und Energiepreise. Etwaige nationale Maßnahmen müsse eine neue Regierung prüfen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Man habe über das Thema aber im Bundeskabinett gesprochen und beobachte die Lage sehr genau. Die Versorgung Deutschlands sei jedenfalls gesichert, fügte er hinzu.