Totgesagte leben länger: Vielerorten wurde die Fasnet wegen Corona bereits jetzt, lange vor Aschermittwoch, zu Grabe getragen. Nicht so in Haigerloch, dort fand am Dreikönigstag das traditionelle Häsauslufta statt – unter 2G-plus-Regeln, versteht sich.
Haigerloch - Dreikönig ist für die traditionell an der schwäbisch-alemannischen Fasnet orientierte Narrenvereine der Tag, an dem die Fasnet beginnt. Erst recht für eine Narrenzunft wie Haigerloch, die seit 116 Jahren existiert und der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) angehört.
Und daran, was VSAN-Präsident Roland Wehrle in einem Gespräch mit unserer Zeitung gefordert hatte – nämlich eine Fasnet mit Maß und Vernunft, die sich an dem orientiert, was mach- und verantwortbar ist aber kein völliger Fasnetsverzicht oder gar nur eine virtuelle Fasnet – daran orientierten sich auch die Haigerlocher Narren.
Narren treffen Entscheidung wenige Tage vor Dreikönig
Während andere Narrenvereine im Stadtgebiet wie Bad Imnau, Gruol oder auch Owingen inzwischen einen weitgehenden Fasnetsverzicht angekündigt hatten, hielt sich die Haigerlocher Zunft lange offen, was sie macht.
"Wir haben uns erst am 3. Januar noch mal getroffen und beraten, was wir an Dreikönig tun sollen", verrät Miryem Nesch, die gemeinsam mit Frank Graf und Timo Haser die Führung der Zunft inne hat. Die Entscheidung zum Häsauslufta sei in enger Absprache mit der Stadtverwaltung erfolgt, man habe aber bewusst darauf verzichtet, den traditionellen Brauch vorher groß öffentlich anzukündigen. Ganz einfach deshalb, weil man größere Menschenansammlungen vermeiden wollte. Gut möglich, dass es die gegeben hätte, wenn die im alten Jahr nicht gerade verwöhnte Liebhaber alter Fasnetsbräuche davon Wind bekommen hätten.
Es geht das Städle "naa" statt "nuff"
Die Rechnung ging auf: nur einzelne Personen verfolgten das nächtliche Spektakel, darunter der Haigerlocher Ortsvorsteher Michael A.C. Ashcroft. Neben Haigerloch war übrigens die Narrenzunft Ergenzingen eine der ganz wenigen Zünfte, die an ihrem Dreikönigs-Brauch festhielten.
Statt das "Städtle nuff" zu laufen, trafen sich die Narrenzunft jedoch in der Oberstadt, auf dem Parkplatz zwischen Volksbank und Haigerlocher Kinder- und Jugendbüro und liefen das "Städtle naa". Von dort aus ging es unter dem lange nicht mehr gehörten Rattern der Rätschen an der Annakirche, am Römerturm und am Rathaus vorbei.
Strenge Eingangskontrolle auf dem Platz vorm Zunftheim
Nicht wie sonst üblich die Haigerlocher Stadtkapelle führte den Zug der zahlreichen Grombieradrucker und Fledermäuse und Bräutelgesellschaft an, sondern zwei Bräutelbuben mit einem Bollerwagen mit Ghetto-Blaster. Aus diesem dröhnte immer wieder der Bräutelmarsch. "Endlich haben wir es geschafft, dass auch die Stadtkapelle im digitalen Zeitalter angekommen ist", sagte einer der beiden. Natürlich war das ironisch gemeint, denn auch sie ist eigentlich ein unverzichtbarer Bestandteil der Haigerlocher Fasnet.
Als der Tross in der Unterstadt angekommen war, herrschte vor dem Zunftheim in der Pfluggasse eine strenge Eingangskontrolle nach 2G-Regeln. Nur wer vollständig geimpft oder genesen war oder wegen des Ablaufs der dreimonatigen Vollschutzfrist einen offiziell beglaubigten Testnachweis dabei hatte, durfte auf den mit Bauzäunen abgesperrten Platz rein und sich an den extra aufgestellten Feuerkörben bei einem Glühwein und oder einem Bier wärmen.
So könnten auch weitere Fasnetsveranstaltungen funktionieren
Miryem Nesch war mit dem Verlauf der Veranstaltung zufrieden. So kann Fasnet in Pandemie-Zeiten funktionieren. Die Narrenzunft Haigerloch will nun sehen, wie sich die Infektionszahlen und die damit verbundenen Einschränkungen entwickeln und dann entscheiden ob weitere Fasnetsveranstaltungen an der frischen Luft – man denke an das Absetzen des Stadtschultes oder auch das Fasnetsbegraben – möglich sind.