Das Gasthaus Zur Arche im Jahr 1948 (Archivfoto) Foto: Geschichts- und Heimatverein

Der zweite Weltkrieg endetet am 24. April 1945 in Furtwangen. Die deutschen Soldaten waren abgezogen, die Zerstörung der Stadt fürs Erste abgewendet. Nun stieg die Spannung in der Bevölkerung, weil niemand wusste, wie es weitergehen sollte.

Die Besatzung begann. Bereits am Morgen hatten Furtwanger Bürger die Panzersperre beim „Heimatblick“ beseitigt, um den aus dieser Richtung erwarteten französischen Soldaten den Weg in die Stadt so leicht wie möglich zu machen.

 

Doch zunächst kam es anders: Die ersten Truppen, die zum 3. Spahiregiment gehörten und sich vor allem aus nordafrikanischen Soldaten zusammensetzten, kamen über die Martinskapelle und das Katzensteigtal in Richtung Furtwangen. Ludwig Zier eilte zum Gasthaus „Arche“, wo die französischen Kriegsgefangenen untergebracht waren, und verständigte sich mit dem Vertrauensmann der Gefangenen, Monsieur Robin, dass dieser ihn begleiten sollte. Gemeinsam gingen sie den Franzosen entgegen.

Freude der Gefangenen war groß – sie waren befreit

Die Furtwangerin Tharsilla Rombach, die damals als 19-jährige bei Martha Fleig, der „Bob-Martha“, in der „Arche“ lebte, hielt 1978 ihre Erinnerungen in einem Beitrag für den Geschichts- und Heimatverein Furtwangen fest: „Gegen 10 Uhr verließ der Vertrauensmann in Begleitung von Herrn Ludwig Zier die „Arche“, um den vom Elztal über die Martinskapelle durchs Katzensteiger Tal einrückenden französischen Truppen des 3. Spahiregiments entgegenzugehen. Um die Mittagszeit kamen der Vertrauensmann, Herr Zier, ein französischer Offizier, sowie ein paar berittene Spahis in die „Arche“.

Die Freude der Gefangenen, die zum Teil in Tränen ausbrachen, war groß – sie waren befreit.“ Ludwig Zier, der sich immer um die französischen Gefangenen gekümmert hatte und von diesen „als Vaterfigur betrachtet wurde“ (Tharsilla Rombach), begleitete die Soldaten und Monsieur Robin zum Rathaus. Bürgermeisterstellvertreter Kurt Siedle und Ratschreiber Hug wurden von dort nach Triberg beordert, wo sie die förmliche Übergabeerklärung unterzeichneten.

Vertrauensmann Monsieur Robin viel zu verdanken

„In der Folge blieb es ruhig“, so Tharsilla Rombach weiter in ihren Erinnerungen, „und es gab keine unliebsamen Zwischenfälle und dies war schließlich dem Vertrauensmann Monsieur Robin zu verdanken, der mehrere Tage noch in Furtwangen blieb, um zu verhindern, dass dieser Stadt mit ihrer Bevölkerung etwas geschieht. Meiner Ansicht nach müsste diesem Mann eine Auszeichnung der Stadt verliehen werden, denn trotz Befreiung und jahrelanger Trennung von seiner Frau und seinem Sohn blieb Monsieur Robin im Interesse unserer Stadt hier.“

August Hug, danach Ludwig Zier zum Bürgermeister ernannt

Monsieur Robin wurde aufgrund seiner Stellung und der Deutschkenntnisse zum kommissarischen Stadtkommandanten ernannt. Erst am 8. Mai fuhr Robin zurück in seine Heimat, nachdem tags zuvor der ständige Ortskommandant eingetroffen war. Als Bürgermeister ernannten die Franzosen zunächst August Hug, auf ihn folgte ab Oktober 1945 Ludwig Zier.

Tharsilla Rombach hat ihre Erinnerungen verschriftlicht. (Archivfoto) Foto: Geschichts- und Heimatverein

Zeit der Einschränkungen und Entbehrungen

Für die Furtwanger Bevölkerung war die Zeit ab der „Stunde Null“ eine Zeit der Einschränkungen und Entbehrungen. War die Beschlagnahme von Fahrrädern und Radioapparaten noch zu ertragen, so waren die Demontagen der meisten Maschinen in den Furtwanger Firmen im Rahmen von Reparationsleistungen sehr empfindliche Verluste, die sich noch weit in die Fünfziger Jahre auswirkten.

Zahllose Bürger zogen auf Bauerhöfe zum „Hamstern“

Am schlimmsten jedoch war zunehmend der Mangel an lebensnotwendiger Nahrung. Zahllose Furtwanger zogen auf die Bauernhöfe zum „Hamstern“, um etwas Essbares oder Dinge für den bald florierenden Tauschhandel zu ergattern, oft vergeblich.

Großer Hunger und große Kälte

Der„Hungerwinter“ 1946/47, bei dem zur Not noch große Kälte kam, verschärfte die Lage noch zusätzlich. In dieser Zeit setzte sich Bürgermeister Ludwig Zier unermüdlich für seine Stadt und ihre Bevölkerung ein, so bat er umliegende Gemeinden in Südbaden und bis in die Schweiz um Hilfslieferungen, die die größte Not zu lindern halfen. Seinem Engagement ist es sicher zu verdanken, dass es nach einigen Jahren wieder aufwärts ging.

Mini-Serie

Kriegsende
 Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Doch das Schicksal der Furtwanger wurde bereits Ende April besiegelt. Am 25. dieses Monats ging die kriegerische Auseinandersetzung in der Stadt zu Ende. Im Rahmen einer zweiteiligen Mini-Serie – heute erscheint Teil zwei – blickt Heimatkundler Gerhard Dilger auf die Ereignisse rund um den 25. April 1945 zurück. In diesen Tagen jähren sie sich zum 80. Mal.

Quellen
 Informationen aus dieser Zeit finden sich unter anderem im zweiten Band der Stadtchronik sowie im Mitteilungsheft Nummer vier von 1979 des Geschichts- und Heimatvereins, wo die Furtwangerin Tharsilla Rombach ihre Erinnerungen festhielt.