Stefan Mappus soll für die EnBW-Anteile zu viel gezahlt haben Foto: dpa

Im Zusammenhang mit der Aufklärung des milliardenschweren EnBW-Deals des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) gibt es neue Ungereimtheiten.

Stuttgart - Obwohl der so genannte EnBW-Deal des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) inzwischen über drei Jahre her ist, vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem nicht neue Kuriositäten aus der Aufarbeitung des Milliardengeschäfts bekannt machen. Am Wochenende sind nun neue Vorwürfe gegen den Münchner Finanzwissenschaftler Wolfgang Ballwieser laut geworden. Er hatte für die Staatsanwaltschaft Stuttgart den EnBW-Deal analysiert und soll nun versucht haben, einen Rechenfehler aus seinem Gutachten zum Wert des Energiekonzerns mit einem Trick zu kaschieren.

Ballwieser hatte im Dezember vergangenen Jahres sein Gutachten zum knapp fünf Milliarden Euro teuren Geschäft von Mappus vorgelegt und war darin zu dem Ergebnis gekommen, dass das Land im Dezember 2010 beim Geschäft mit dem französischen Energiekonzern EdF rund 780 Millionen Euro zu viel an die Franzosen für deren Anteile an der EnBW bezahlt hatte. Grün-Rot hatte das Ergebnis des Ballwieser-Gutachtens als Bestätigung gewertet, dass Mappus allein um den politischen Erfolg willen der EdF die Anteile überteuert abgekauft habe und es deshalb richtig sei, von der EdF einen teil des Kaufpreises zurückzufordern.

Der Prozess, den das Land deshalb angestrengt hat, beginnt an diesem Montag vor dem Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Zürich. Grün-Rot wird bei dem streng vertraulichen Verfahren von Martin Jonas, Anwalt aus der Kanzlei Warth & Klein Grant Thornton (Düsseldorf), vertreten. Jonas hatte im Sommer 2012 für Grün-Rot den Deal untersucht und war – wie später Ballwieser – zu dem Ergebnis gekommen, dass Mappus das Aktienpaket der Franzosen weit über Wert gekauft habe. Auf der Grundlage des Jonas-Gutachtens will das Land deshalb 840 Millionen Euro von der EdF zurückhaben.

Aber hat Mappus wirklich zu viel bezahlt? Darüber streiten die Experten und die Mitglieder des EnBW-Untersuchungsausschusses. Vor allem das Gutachten von Ballwieser hatte die Diskussionen angeheizt. Dabei ging es um die Frage, ob der Gutachter möglicherweise den Wert der EnBW um eine Milliarde Euro zu niedrig angesetzt hat, weil er Fördergelder nicht korrekt berücksichtigte. Das wirft ihm Henner Schierenbeck, Wirtschaftswissenschaftler aus Basel, vor. Der hatte die Ballwieser-Studie im Auftrag von Dirk Notheis auseinander genommen. Notheis war damals als Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley für die Abwicklung des Geschäfts zuständig .

In einer dreiseitigen Stellungnahme hat Ballwieser den Vorwurf des Rechenfehlers inzwischen zurückgewiesen. Alles also ein Sturm im Wasserglas, die Schierenbeck-Analyse nur ein „Parteigutachten“ für Mappus und Notheis, wie es Grüne und SPD nach Bekanntwerden vor wenigen Tagen gegeißelt hatten? Zweifel an dieser Kritik sind angebracht, wie Recherchen unserer Zeitung belegen. Denn Ballwieser soll zwischen seinem Gutachten für die Staatsanwaltschaft im Dezember und seiner Stellungnahme von Anfang Januar die Rechenmethode geändert haben, um den ihm angelasteten Fehler nicht einräumen zu müssen. Wolf Schiller, Anwalt von Notheis mit Sitz in Frankfurt, bestätigte auf Anfrage unserer Zeitung, man habe vergangene Woche in einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft Stuttgart zum Ballwieser-Papier „einen Formel- und Methodenwechsel moniert“. Nähere Details wollte Schiller nicht sagen, man stehe im Kontakt mit der Staatsanwaltschaft.

In Kreisen des Landtags wurde die Entwicklung am Sonntag mit Überraschung registriert. Offenbar versuche Ballwieser auf diesem Weg, seine ursprüngliche Analyse zu retten. „Das ist ein Taschenspielertrick“, hieß es aus dem Umfeld des Untersuchungsausschusses. Die endgültige Aufklärung des Vorgangs wird wohl erst am 31. Januar gelingen. Dann tagt der EnBW-Untersuchungsausschuss des Landtags in Stuttgart und wird sowohl Ballwieser als auch Schierenbeck vernehmen.

Ballwieser selbst wies am Wochenende auf Anfrage unserer Zeitung den Verdacht der Manipulation zurück: „Ich habe keinen Methoden- oder Formelwechsel begangen, sondern bleibe bei meinen Werten.“ Er sei sich sicher, „vor dem Ausschuss alle Vorwürfe widerlegen zu können“.