Monique Rumpler (Dritte von links) spricht einmal im Monat mit den Empfingern einen Abend lang Französisch. Foto: Geideck Foto: Schwarzwälder Bote

Gesprächskreis: Empfinger halten sich fit in Französisch / Auslöser: Partnerschaft mit La Roche-Blanche

Oh la la: Seit einigen Monaten trifft sich im Empfinger Sportrestaurant Seeblick ein illustrer Kreis, um in lockerer Runde Französisch zu sprechen. Une visite – ein Besuch.

Empfingen. "Salut, je suis Frank." Mit einem Lächeln auf dem Lippen nähert sich Frank Surgalla dem Tisch im Sportrestaurant Seeblick, an dem gleich der Französisch-Gesprächskreis loslegen wird. Man merkt es dem Empfinger Künstler sofort an: Da hat jemand große Lust, sich an diesem Abend auf Französisch zu unterhalten. Der Rest der Runde grüßt freundlich zurück: "Bon soir. Ça va?"

Surgalla ist heute zum ersten Mal dabei. Doch sofort loslegen kann er nicht, denn die französische Muttersprachlerin Monique Rumpler aus Mühringen – Kopf des Gesprächskreises – hat den Abend durchstrukturiert. Und das bedeutet erst einmal: Grammatik-Übungen. Die Elsässerin zieht die alten Lehrbücher des Klett-Verlags aus ihrer Tasche, die viele aus ihrer eigenen Schulzeit kennen. Dann heißt es: Modalverben, passé composé, französische Verneinung. Bei manch einem der heute sechs Teilnehmer läuft das richtig flüssig, andere hangeln sich etwas holprig durch die Sätze, die Monique Rumpler vorgibt. Anders als früher in der Schule gibt es im Empfinger Französisch-Gesprächskreis aber weder Lerndruck noch Hausaufgaben – und erst recht keine Noten. "On dit...", gibt die Elsässerin mit einer angenehmen Engelsgeduld Hilfestellung, falls jemand einen Fehler macht, "man sagt..."

"Das macht so viel Spaß hier, eben weil auch kein Druck da ist", meint Elizabeth Celow, von der einst die Anregung kam, den Französisch-Gesprächskreis auf die Beine zu stellen. Mit ihrem englischen Akzent macht die gebürtige Britin die Runde noch internationaler als ohnehin schon. In jeder Sprache der Welt versteht man aber ihr stöhnendes "Oh!", als Monique Rumpler einwirft: "So, jetzt machen wir noch eine Runde mit ›en‹." Besagtes Adverbialpronomen ist eine Tücke der französischen Sprache – und führt bei Elizabeth Celow zu einem Gesicht wie drei Tage englisches Regenwetter: "Das mag ich wirklich überhaupt nicht."

Frank Surgallas Französisch-Euphorie konnte derweil nicht einmal die Grammatik-Runde bremsen. "Das ist ein bisschen wie Mathematik", spielt er auf den manchmal etwas ungewohnten französischen Satzbau an. Andere in der Runde kennen diese Übungen schon seit Jahren, denn die Wurzeln des Französisch-Gesprächskreises liegen in einem VHS-Kurs, der vor 25 Jahren in Empfingen begann. Damals war gerade die Partnerschaft zwischen der Gemeinde Empfingen und dem zentralfranzösischen La Roche-Blanche entstanden. Damit sich die Empfinger in der neuen Partnergemeinde verständigen können, erweiterte die Volkshochschule ihr Angebot. Geleitet wurde der Kurs von Monique Rumpler.

Inzwischen gibt es den Kurs zwar nicht mehr, das Interesse an Französisch ist in Empfingen aber nach wie vor ungebrochen – zumal ja auch die Parnterschaft mit La Roche-Blanche weiterhin besteht. Das Problem: "Wenn wir in Frankreich sind, dann brauchen wir immer drei Tage, bis wir so richtig in Französisch drin sind, weil wir die Sprache ja sonst nie sprechen. Aber nach drei Tagen reisen wir ja schon wieder ab", beschreibt Xaver Kleindienst, der in Empfingen stellvertretender Bürgermeister ist und heute Abend den Französisch-Gesprächskreis ebenfalls besucht. Auch Coby Schulz, die 2016 in La Roche-Blanche für ihre Verdienste um die Partnerschaft ausgezeichnet wurde, unterstreicht: "Die Besuche liegen zeitlich zu sehr auseinander – und sonst hat man ja nicht so oft die Gelegenheit, Französisch zu sprechen."

Sehr entgegen kommt den Gesprächskreis-Teilnehmern an diesem Abend daher die zweite Runde. Grammatik ist zwar wichtig, aber freies Sprechen macht die Runde dann doch wesentlich lockerer. Die Übung: Die Teilnehmer erzählen eine Geschichte, reihum steuert jeder einen Satz bei. Monique Rumpler fängt an und sagt auf Französisch, dass sie am Flughafen ihre Koffer verloren hätte. Ihr Hinweis, dass die Geschichte auch einen bizarren Verlauf nehem darf, wird sofort in die Tat umgesetzt. Prompt befindet sich der Protagonist auf dem Kommissariat und singt anschließend auf der Straße Chansons, um Geld für ein Rückflugticket zu sammeln. Es wird viel gelacht.

"Wir haben schon damals beim VHS-Kurs immer viel gelacht", schwärmt Monique Rumpler, für die gar nicht so sehr im Vordergrund stehe, einmal einen Abend lang ihre Muttersprache sprechen zu können. "Französisch spreche ich ja sowieso den ganzen Tag mit meinem Mann", lacht die Elsässerin, deren Akzent man noch leicht heraushört. Was ist dann ihr Anreiz? "Die nette Atmosphäre."

Zum Abschluss wird es noch einmal richtig lebhaft in der Runde. Monique Rumpler denkt sich einen Gegenstand aus, der erraten werden muss. Die Teilnehmer dürfen Fragen stellen, die aber nur mit oui oder non – ja oder nein – beantwortet werden. Ganz nebenbei werden dabei auch neue Begriffe gelernt, die sich Elizabeth Celow eifrig in ihr Notizheft schreibt. Ob man "se fâcher" mit accent circonflex schreibe, will sie wissen. Gemeint ist das Dächlein über den Vokalen, das schon so viele Schüler im Französisch-Unterricht zur Verzweiflung gebracht hat – übrigens nicht nur in Deutschland. "Auch französische Schüler haben damit ein Problem", erklärt Monique Rumpler und merkt süffisant an: "Nach dem Abitur habe ich nie wieder einem accent circonflex benutzt. Ich dachte, wenn das alle Franzosen machen, dann verschwindet der ganz automatisch aus der Sprache."

Freilich: Den accent circonflex hat den Boykott von Monique Rumpler überlebt. Aber auch der Empfinger Französisch-Gesprächskreis hat das Potenzial zur Langlebigkeit. Eben auch, weil immer wieder neue Gesichter dazustoßen. So wie Frank Surgalla, der sich in den E-Mail-Vertreiler aufnehmen lässt. Er will beim nächsten Mal wiederkommen.

Weitere Informationen: Der Französisch-Gesprächskreis trifft sich einmal im Monat mittwochs ab 19 Uhr im Empfinger Sportrestaurant Seeblick. Interessierte können jederzeit dazustoßen. Der nächste Gesprächskreis findet am 14. Februar statt.