Anlässlich der Veranstaltungsreihe "Kultur im Pfarrhaus" freuten sich die Veranstalter über ein volles Haus. Foto: Schwarzwälder Bote

Mundart: Pius Jauch gastiert in Wiesenstetten

Pius Jauch aus Bösingen gastierte beim schwäbisch-alemannischen Mundart-Abend in Wiesenstetten auf Einladung des Orgelbaufördervereins St. Stephanus Wiesenstetten im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Kultur im Pfarrhaus". Vorsitzender Thomas Wiechert freute sich über ein ausverkauftes Haus.

Empfingen-Wiesenstetten. Es ist ein Herzensanliegen von Wiechert und der Erfolg gibt ihm Recht: die Kultur im Pfarrhaus auf der "Kleinkunstbühne" steht hoch im Kurs bei den Gästen.

Der schwäbisch-alemannische Künstler Pius Jauch aus "Baisenga", also Bösingen bei Rottweil, fühlte sich sofort pudelwohl in Wiesenstetten und im heimeligen Pfarrhaus. "So ein schöner Ort und obacha romantisch", schwärmte Jauch ernst gemeint und hatte das Publikum damit auf seiner Seite.

Lieder in "Baisenger"-Schwäbisch und mit blitzschnellem Umswitchen in astreinem Hochdeutsch, auch mal in Italienisch, zu allen Themen des Lebens, feinsinnig mit hintersinnigen Texten, temperamentvoll und ausdrucksvoll, sorgten für einen entspannten Abend für die Gäste. Jauch ist Liedermacher, kein "Singer-Song-Writer", und er schwätzt und singt mit Vorliebe Schwäbisch, wie er es beim "Ehne" (Großvater) gelernt hat. Ein altbachenes Schwäbisch mit vielen zwischenzeitlich fast nicht mehr verwendeten Wörtern wie "Hergoless" oder "Heibandsechser". Bei der Oper verstehe man schließlich auch nichts. Jauch bedauert das geringe Ansehen der schwäbischen Sprache. Dabei brauchts fürs Schwäbisch-Schwätzen eine ganz andere Muskulatur im Gesicht. Die Nasal-Laute könne gar nicht jeder.

Schwäbische Wörter können für viele zu böhmischen Dörfern werden

Junge Leute übersetzen dann durchaus dem Kälble den Schoppen geben mit einer "Shopping-Tour mit einem Kuhbaby". "Kialobe" (Kuhwarme) Milch und ein Schwarzbrot mit Gsälz sind ebenso böhmische Dörfer für viele Leute. "A fürnehme Bagasch" und das "Waldlied" beschreiben das Verpöntsein des Schaffens mit den Händen zum Beispiel bei der Waldarbeit. Viel lieber macht man es heute wie die Rabenvögel, "die Herren in schwarze Fräck, d’Schnäbel älleweil offa und d’Händ in da Hosesäck".

Auch die Streitkultur, gerne vorkommend an Weihnachten mit der Familie, die sich ja keiner raussuchen kann, hat sich in Richtung Sticheln verändert, also "henda rom". Effektiv wie eine Zeitbombe, quasi platziert in der Handtasche, die es erst daheim verreißt. Die wichtige Funktion der Mehrzweckhallen in den kleinen Dörfern besingt er ebenso wie den "verteilten Kuchen". Kurioserweise wissen immer manche, wo der verteilt wird.

Die Vorteile des Daheimbleibens und den "Wandervogel" lassen die Frage aufkommen: Warum verreisen die Leute soviel, wie sieht es wohl bei denen daheim aus? Von seinem persönlichen Italienaufenthalt brachte Jauch "oa gotzige Schneeflocke" mit und zog durchaus Parallelen zu Rottweil. Da ist wenig los – trotz Turm (Thyssen-Krupp-Testturm), und so trug er die Ode seines Zechers in der Nacht an sein Städtle vor. Am Rande verriet er, dass die Rottweiler bereits im 16. Jahrhundert den Weinanbau aufgegeben haben, er war sehr sauer. Ins "dreifache Hoch auf den Bau" stimmten auch die Gäste ein, bevor sie mit Jauch "da Neckar na" schifften und batschnass wurden.

"Klicks sind die neue Währung" wusste Jauch und verwies auf das Smartphone, das quasi als Zauberspiegel wie früher im Märchen fungiert. "Alles dreht sich um mich", sang er auf Hochdeutsch, weil er sich und dem Publikum sein Französisch ersparen wollte. Der Löwenzahn (auch Bettseicher oder Sonnenwirbel) hat unglaublich viel mit den Menschen gemeinsam: blond in der Jugend, grau im Alter und schließlich vom Winde verweht.

Postkarten mit "dummen Sprüchen" gab es als "Krämle vo belder" (Kromets = Mitbringsel von Früher) zum Mitnehmen "omasuscht" (also umsonst) für die Gäste ebenso wie die Zugabe, da die Schwaben etwas wollen für ihr Eintritts-Geld, wie Jauch sehr wohl weiß.

Mit sechs Jahren lernte er das Geigespielen und war viel in Kirchen unterwegs, bis er mit zwölf eine Gitarre kaufte. Fortan träumte er davon, Lieder zu schreiben, und zwischenzeitlich konnte er sich seinen großen Wunsch erfüllen und kann als Hauptberufler davon leben. Kleinkunstbühnen von Basel/Lörrach bis Heilbronn in ganz Baden-Württemberg, wie im Wiesenstetter Pfarrhaus, sind seine zweite Heimat.

Mit lang anhaltendem Beifall ließ das Publikum nach zwei Stunden feinsinnigster Unterhaltung, herzlichem Lachen, Musikgenuss und nachdenklichen Texten als Balsam für die Seele diesen besonderen Künstler wieder Richtung Rottweil fahren.