Die Verwaltung will den Kindergarten in Wiesenstetten schließen. Foto: Schwarzwälder-Bote

Verwaltung erntet in Wiesenstetten viel Kritik. "Das ist ein Armutszeugnis."

Empfingen-Wiesenstetten - Einer emotionalen Debatte musste sich Bürgermeister Ferdinand Truffner in Wiesenstetten stellen: Er wollte den Wiesenstettern klar machen, warum die Verwaltung ihren Kindergarten schließen möchte. Enorme Gegenwehr ist die Reaktion. Auch der Vorwurf, die Verwaltung habe in der Vergangenheit Fehler gemacht, wird ausgesprochen.

Empfingens Bürgermeister Ferdinand Truffner sagt am Mittwochabend im Wiesenstetter Dorfgemeinschaftshaus deutlich, wie es um den Kindergarten in Wiesenstetten steht. Fakt sei laut Truffner, dass der Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS) keine Betriebserlaubnis mehr für den Kindergarten erteile, sobald an der Einrichtung etwas verändert wird. Dazu würde beispielsweise schon eine Veränderung der Öffnungszeiten gehören. Dass Veränderungen nötig sind, stehe außer Frage. Dringende Reparaturen stehen an der Beleuchtung, der Heizung und der Decke an.

Der Plan der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderats sieht folgendermaßen aus: Die Schließung des Wiesenstetter Kindergartens und ein Neubau in Empfingen mit acht Gruppen für 5,4 Millionen Euro. Da der Wiesenstetter Kindergarten spätestens im Januar schließen soll, sei eine Modulanlage aus Containern in Empfingen als Übergangslösung gedacht. Was vielen Wiesenstettern lieber wäre ist ein Neubau in Wiesenstetten. Ein Neubau in Wiesenstetten mit zwei Gruppen und ein Neubau in Empfingen mit sechs Gruppen würde insgesamt 5,6 Millionen Euro kosten.

Viel Applaus

Dass die anwesenden Wiesenstetter mit der vorgeschlagenen Lösung keinesfalls einverstanden sind, zeigten die folgenden Wortbeitrage: "Sie sind gut beraten, sich über die Klimatisierung in den Containern noch einmal zu informieren. Im Sommer sind es dort drin 37 Grad, im Winter frieren Sie", lautet eine Stimme. Eine Bürgerin wirft der Verwaltung vor: "Da geht es doch nur um das Geld. Sie reden das schön. Wo bleiben bei der Entscheidung die Kinder? Das ist nicht im Sinne der Bürger!" Nach jeder Wortmeldung applaudiert das voll besetzte Dorfgemeinschaftshaus. Auch die anderen Wortmeldungen lauten ähnlich: "Es ist ein Armutszeugnis, dass Sie sich hinter Zahlen verstecken. Die Entwicklung eines Kindes hängt nicht von der monatlichen Miete ab. Wo ist da die Sozialverträglichkeit?" Einige Wiesenstetter befürchten auch Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben im Dorf. So befürchte etwa der Musikverein, dass weniger Wiesenstetter Kinder kommen werden, wenn diese in Empfingen in den Kindergarten gehen. "Denn dann haben sie hauptsächlich Freunde aus Empfingen", meint ein Bürger.

Schließlich melden sich auch Gemeinderäte zu Wort, um Truffner auf verlorenem Posten beizustehen. Michael Gfrörer sagt, dass sich die Argumentation, den Kindergarten in Wiesenstetten zu bauen, genau so auf die andere Seite übertragen ließe. Denn der von den Kinderzahlen ausgehende Druck, einen neuen Kindergarten zu bauen, rühre hauptsächlich aus Empfingen her.

Fehler in Vergangenheit

Nicht zuletzt sprachen die Wiesenstetter auch einen Gemeinderatsbeschluss vom November 2016 an. Damals hatte der Rat sich noch unter dem vorsitzenden Altbürgermeister Albert Schindler dafür ausgesprochen, den Kindergarten zu erhalten. Warum ist seitdem nichts passiert und warum hat der Beschluss keine Gültigkeit mehr, fragen sich die Bürger nun. Bürgermeister Truffner sagt dazu: "Die Verwaltung hat den Beschluss damals nicht umgesetzt." Auch Gemeinderat Uwe Gförer äußert sich zu der Frage, warum der Gemeinderat nichts weiter unternommen hat: "Die Verwaltung gibt uns den Takt vor." Zum aktuellen Beschluss sagt Gfrörer: "Wir haben uns beraten lassen. Wir sind den Weg gegangen. Wir sind Vertreter der Gesamtgemeinde und nicht nur von Wiesenstetten." Der Gemeinderat könne es nicht verantworten, den Neubau in Wiesenstetten zu realisieren.

Die Modulanlagen für die provisorische Containeranlage in Empfingen möchte die Gemeindeverwaltung nach dem Beschluss am Donnerstagabend gleich am Freitag bestellen.

Bürgermeister Ferdinand Truffner hat mit der Neugestaltung der Kindergartenlandschaft in der Gesamtgemeinde Empfingen eine unangenehme Aufgabe zu bewältigen. In der Debatte um die Schließung des Wiesenstetter Kindergartens wiegen die Emotionen stärker als nüchterne Argumente. Das ist aus Wiesenstetter Perspektive auch verständlich. Das gesamte Dorf hängt an seinem Kindergarten. Verwaltung und Gemeinderat könnten mit jedem noch so schlagkräftigen Argument begründen, warum sie die Einrichtung schließen wollen. Die Wiesenstetter würden das immer noch anders sehen. Nachvollziehbare Gründe haben beide Seiten. Eine Entscheidung, mit der alle Bürger zufrieden sind, lässt sich wohl nicht finden. Umso mehr muss sich Truffner nun bemühen, die Ortsteile Wiesenstetten und Dommelsberg durch andere Initiativen zu fördern.