Das Schnorren um eine Zigarette bei einer Fasnetsveranstaltung brachte einen 24-Jährigen vor das Horber Amtsgericht. Foto: Archiv

Bei einer Fasnetsveranstaltung in der Täleseehalle endet das Schnorren um eine Zigarette in einer Handgreiflichkeit.

Empfingen/Horb - Ein 24-Jähriger wollte bei einer Fasnetsveranstaltung eine Zigarette schnorren und wurde dabei so agressiv, dass der Fall vor dem Horber Amtsgericht landete.

Ob Mallorca-Party, Beat-Parade oder Fasnetsveranstaltung – anscheinend landet alles, was in dieser Richtung in der Tälesee-Halle über die Bühne geht, früher oder später vor den Schranken des Horber Amtsgerichts.

So auch der Fall eines heute 24 Jahre alten Mannes, der zusammen mit seinem Kumpel am 11. Februar als Hexe verkleidet eine ganz besondere Art an den Tag legte, um Zigaretten zu schnorren. Gemeinsam mit einem ganzen Bus voller Freunde einer Narrenzunft "von dah Alb rah" besuchte er die Empfinger Veranstaltung. Bis hierher stimmte die Geschichte sowohl bei den Geschädigten, als auch bei den nikotinaffinen Hexen.

Der Rest der Geschichte driftete dann in zwei völlig unterschiedliche Richtungen ab. Die beiden erwachsenen Männer behaupteten, dass sie von den drei Jugendlichen im Bereich zwischen Halle und Barzelt, so kurz nach Mitternacht, massiv um Kippen angegangen wurden. Als sie keine rausrücken wollten, seien sie von den Jugendlichen beschimpft worden und es soll sogar zu einer Handgreiflichkeit durch die Jungs gekommen sein.

Man habe sich lediglich wehren müssen und dabei einen der "Angreifer" ein wenig geschubst. Schlagen oder Schlimmeres, das würde es bei ihnen nicht geben, ließ der Angeklagte über seine Rechtsanwältin ausrichten. Als dann nacheinander die drei Jungs, die ihre Kontrahenten bis zum Tattag noch nie gesehen hatten, im Zeugenstand allesamt eine gleichartige Geschichte, die jedoch in sich schlüssig war, nicht abgesprochen klang und die jeweils recht individuell vorgetragen wurde, erzählten, bröselte das Bild der "unschuldigen Hexen" rasch.

Die drei Horber – alle in unterschiedlichen Stadtteilen wohnhaft – kennen sich von der Realschule, die sie besuchen beziehungsweise besuchten. Sie berichteten übereinstimmend, dass sie gegen Mitternacht noch auf einer Bank waren, um noch etwas Geld am Automaten zu ziehen. Dann wollten sie wieder zurück auf die Fasnets-Party, wurden aber vor der Eingangstür in die Tälessee-Halle von dem Kleineren der Beiden, dem Zeugen X., angesprochen und nach einer Zigarette gefragt. "Wir haben keine Zigaretten", so die klare Aussage der drei Jungs, die glaubten, damit sei die Sache erledigt. Aber nicht für die Besucher von der Alb, die beide mit einem Blutalkohol von 0,8 beziehungsweise 1,1 Promille unterwegs waren.

"Plötzlich wollten sie uns Zigaretten abkaufen und boten Preise von fünf Cent bis ein Euro pro Kippe", berichtete einer der Jungs im Zeugenstand. "Wir haben keine Zigaretten", so die wiederholte Klarstellung, die jedoch den Angeklagten so wütend machte, dass er dem schmächtigsten der drei Jugendlichen die Faust aufs Auge haute und wenig später den anderen 17-Jährigen gegen das Geländer des Aufgangs der Tälessee-Halle drückte oder schubste. Dabei wurde dessen Kette zerrissen. Vom Polizeibeamten als Zeuge wurde dies als der "spektakulärste Haupterregungspunkt" in diesem Streit genannt. Der dritte Jugendliche, ein 16-jähriger Nordstetter, holte zur Verstärkung die Security dazu, die wiederum die Polizei rief.

Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick hörte sich alle fünf Zeugenaussagen in seiner gewohnt ruhigen Art an, fasste hie und da nach, fragte Details ab und zeigte sich später deutlich davon überzeugt, dass die beiden "Hexen" mit einer erfundenen, aus ihrer Sicht geschönten Story ins Rennen um einen Freispruch gegangen waren, den die Verteidigerin in ihrem Plädoyer mit der Begründung "Im Zweifel für den Angeklagten" forderte, da für sie die Geschehnisse dieser Nacht nicht eindeutig feststanden. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Richter sahen dies anders. Für sie war klar, dass die Aggressionen von den beiden "Hexen" ausgingen, denn die drei Zeugen zeigten weder Belastungseifer noch irgendwelches Strafverfolgungsinteresse. Sie hatten noch nicht einmal Strafanzeige gestellt.

Der Anklagevertreter forderte deshalb, den bereits erlassenen Strafbefehl von 40 Tagessätzen zu je 50 Euro aufrecht zu erhalten und den Angeklagten eben zur Zahlung dieser Summe zu verurteilen. So sah es auch der Richter, der den jungen Mann zur Zahlung dieser Summe mit der Begründung "Sie waren der Aggressor, niemand sonst" verurteilte.

Als Zuschauer dieser Verhandlung füllten 29 Schüler, ein Schulbetreuer sowie eine Lehrerin der 9a des Martin-Gerbert-Gymnasiums den relativ kleinen Gerichtssaal. Selbst die beiden Presseplätze wurden von den Schülern in Beschlag genommen. Vielleicht hatte gerade diese Verhandlung in ihrer Besonderheit etwas Gutes. Zeigte sie den Jugendlichen doch recht drastisch, was Alkohol anrichten kann.