Nevio sitzt im Rollstuhl und braucht daher im Kindergarten besondere Betreuung. Foto: Baiker

Für Nevio aus Wiesenstetten kommt Kindertagesstätte Kleine Strolche nicht in Frage. Vertrauen zur Gemeinde weg.

Empfingen-Wiesenstetten - Für die meisten Kinder aus Wiesenstetten ist der Umzug in die Empfinger Kindertagesstätte Kleine Strolche kein Problem. Doch Nevio Kaufmann-Klein-Wiele, der im Rollstuhl sitzt und besondere Betreuung benötigt, kann nicht nach Empfingen in den Kindergarten.

Die Familie Kaufmann-Klein-Wiele ist nach ihrem Zuzug nach Wiesenstetten glücklich. Im Ort erleben sie viel Freundliches und Aufmunterung. Man freut sich, dass Nevio, der im Rollstuhl sitzt, in den Wiesenstetter Kindergarten gehen kann. Doch seit der Schließung des Kindergartens in Wiesenstetten ist für Nevio vieles komplizierter geworden.

Ein kleiner Rückblick: Von November 2015 bis November diese Jahres war Nevio im Wiesenstetter Kindergarten. Er hatte eine FSJ-Kraft und eine Integrationskraft zur Verfügung, beide nur für seinen Aufenthalt im Kindergarten zuständig. Beginnend mit sechs Stunden ging Nevio bald ganztags in den Kindergarten. Jetzt ist der Wiesenstetter Kindergarten geschlossen und die Wiesenstetter Kinder müssen in die Kindertagesstätte Kleine Strolche in Empfingen. Warum ist Nevio nicht in die Empfinger Einrichtung umgezogen? Ist doch die Kommune verpflichtet einen Platz zu stellen. Der Empfinger Kindergarten ist groß – für das emotionale Befinden von Nevio zu groß. Und im Außenbereich ist das Gelände leicht abschüssig. Da kann einiges passieren. Der katholische Kindergarten in Empfingen kommt für einen Rollstuhlfahrer ebenfalls nicht in Frage. Nevio muss also seit dem Umzug der Kinder von Wiesenstetten nach Empfingen zuhause bleiben. Wie organisieren sich die Eltern, die beide arbeiten? Beide hätten sehr verständnisvolle Arbeitgeber und ein therapeutischer Aufenthalt überbrücke die Zeit, erzählen sie.

Zwei Gespräche

Vor den Sommerferien habe es zwei Gespräche gegeben. Eines mit Bürgermeister Ferdinand Truffner, der Wiesenstetter Kindergartenleiterin Alexandra Deuringer und den Eltern. "Truffner wollte sich ein Bild machen."

Die Schließung war noch nicht offiziell. Deuringer erklärte in diesem Gespräch: "Nevio gehört in die Sonderpädagogik." Truffner habe sich dieser Meinung angeschlossen. Das zweite Gespräch kurz vor den Sommerferien fand dann mit allen betroffenen Parteien statt: dem Sozialamt, Kleine-Strolche-Leiterin Karin Tielmann, Alexandra Deuringer, Ursula Kronenbitter und der Kommune mit Bürgermeister Ferdinand Truffner und Adelinde Hellstern.

Der damalige einzige Gedanke der Eltern war der Kindergarten der Eichenäckerschule Dornstetten. Es ist ein Sonderpädagogischer Schulkindergarten, der sich aber an den Schulferien orientiert. Anträge waren erst nach den Sommerferien möglich. Die Eltern wünschten sich aber eigentlich, dass Nevio in einen Regelkindergarten – einen Integrationskindergarten, der eine Inklusion anbietet – gehen kann. Die Familie habe viel Zeit investiert, um sich zu informieren. Da gibt es einen Integrationskindergarten der Lebenshilfe in Freudenstadt, einen Don Bosco-Integrationskindergarten in Oberndorf. Die Lebenshilfe Freudenstadt sei sogar bereit gewesen, in Empfingen ein entsprechendes Projekt zu installieren. Hinderlich sei die Fahrerei und die eventuell nötige Kreisüberschreitung. Der Familie sei vom Landratsamt Freudenstadt nahegelegt worden, im Kreis zu bleiben. In Bad Imnau und im Kindergarten in Dornstetten habe es nach den Sommerferien eine Möglichkeit gegeben. Aber Bad Imnau habe sich dann der Aufgabe nicht gewachsen gefühlt und abgesagt. Die Einrichtung in Dornstetten hat einen eigenen Fahrdienst, Nevio wäre aber täglich rund zwei Stunden unterwegs. Für Nevio sei ein Platz reserviert gewesen.

Schlechte Nachricht

Doch plötzlich, während eines Therapieaufenthaltes, sei die Nachricht gekommen, dass er von der Liste geworfen worden sei, weil es noch Kinder gäbe, die einen Platz noch nötiger bräuchten.

Nevio bekommt jetzt ab Januar einen Platz im evangelischen Johannes-Kindergarten in Horb. Die dortige Leitung hat Gabriele Vogt. Dieser Kindergarten hat ein besonderes pädagogisches Konzept mit einem Situationsansatz. Welches zusätzliche Personal gebraucht wird, wenn Nevio dort in den Kindergarten geht, werde aktuell entschieden. Denkbar sei ein FSJler in entsprechender Trägerschaft oder eine weitere Kraft, die vom Sozialamt getragen wird.

Da Nevio bereits fünf Jahre alt ist und er im Herbst 2019 in die Schule kommen müsste, haben sich die Eltern entschlossen, ihn ein Jahr zurückstellen zu lassen. Sie wünschen sich hierfür einen komplikationslosen Ablauf.

Bürgermeister Ferdinand Truffner sei offen für Inklusion. Aber das Vertrauen zu ihm als auch zur Gemeindeverwaltung sei seitens der Familie Kaufmann-Klein-Wiele nicht mehr da. So habe man erlebt, dass wenn im Kindergarten Kleine Strolche eine Erzieherin wegen Krankheit fehlte, man in Wiesenstetten eine Erzieherin abgezogen und Nevio erklärt, dass er an diesen Tagen nicht kommen könne.