Reise: Empfinger Trachtenkapelle besucht den polnischen Partnerkreis Tomaszowski / Erntedankfest erlebt

Auslandsauftritte wie bei ihren ungarischen Folklorefreunden in Miske-Drágsèl oder in der französischen Partnergemeinde La Roche-Blanche sind für die Empfinger Trachtenkapelle und Trachtentänzer keine Seltenheit. Der Aufenthalt in einer polnischen Stadt hingegen war sowohl ein Novum als auch mit 1400 Kilometern die bisher weiteste Reise.

Empfingen. Auf Empfehlung von Albert Schindler, Kreisrat und damals noch Bürgermeister von Empfingen, gingen die Empfinger Musiker zusammen mit ihren Trachtentänzern und einigen Begleitpersonen der Einladung und Aufgabe nach, den Landkreis Freudenstadt in dessen Partnerkreis Tomaszowski zu repräsentieren.

Der polnische Landkreis liegt im Ostteil des Landes, direkt an der ukrainischen Grenze. Durch dünn besiedeltes flaches Land führten Dieter Lange und sein polnischer Fahrerkollege Henryk Woynar die 29-köpfige Reisegruppe bis zu ihrem Ziel. Größere Ortschaften mit einer höheren Bevölkerungsdichte gibt es kaum. Die weiten Ebenen erlauben einen Blick über scheinbar unendlich große abgeerntete Felder, unterbrochen durch vereinzelte Laub- und Kieferwälder.

Ziel der langen Reise war das Erntedankfest in Lubycza Królewska. Dieses katholische Kirchenfest wird in ganz Polen noch mit einer tiefgründigen Gläubigkeit gefeiert. Eingebunden in die Feierlichkeiten ist ein zweitägiges Volksfest, vergleichbar mit einem Stadtfest, welches aber ganz den Landwirten gewidmet ist. "Die Bauern sind die Ernährer des Volkes", hob Landrat Jan Kowalcyk anerkennend in seiner Ansprache hervor. Herzlich begrüßten er und sein Stellvertreter Jercy Wereszczak die Empfinger Trachtengruppe sowie die Gastgruppe vom Freudenstädter Landratsamt, mit dem Ersten Landesbeamten Reinhard Geiser an der Spitze.

Freundschaftliche Kontakte

Der polnische Landrat betonte die freundschaftlichen Kontakte, die seit 2002 zwischen den beiden Landkreisen intensiv gepflegt werden und ging auf die wichtigsten Ereignisse während dieser Zeit ein. "Inzwischen werden sogar private Freundschaften gepflegt, als Folge des regelmäßigen Schüleraustausches", resümierte der Landrat. Ganz eng in Verbindung stehe man mit den Feuerwehren im Landkreis, insbesondere mit Kreisbrandmeister Frank Jahraus. Die Trachtenkapelle Empfingen sei nach der Stadtkapelle Freudenstadt die zweite Musikkapelle, die zu Besuch nach Tomasów-Lubelski gereist ist, was ihn ganz besonders freue.

Reinhard Geiser übermittelte die Grüße des Landkreises und bedankte sich für die Einladung, hob dabei die überaus gastfreundliche Aufnahme hervor, und wünschte sich, dass der regelmäßige Austausch und gegenseitige Besuch intensiviert werde. Albert Schindler in der Funktion als Kreisrat schloss sich den Dankesworten an und ging auf die EU-subventionierte Einrichtungen ein, wie beispielsweise die Sanierung der Verkehrsverbindungen und der Hotels, was letztendlich dazu führen soll, die polnischen Landschaften zu einem attraktiven Touristenland zu machen. Und dass Polen eine Reise wert ist, konnten die Empfinger schnell feststellen, denn die Verpflegung der Gruppe ließ nichts an Wünschen übrig. Reichhaltige polnische Spezialitäten und allerlei Getränke wurden serviert. Die Schwaben ließen sich auch gerne mehrfach von der Bekömmlichkeit des einheimischen Bieres und der Köstlichkeit des polnischen Wodkas überzeugen.

Das Erntedankfest selbst wurde mit einer Prozession durch das Sportstadion eröffnet. Zahlreiche Schützenvereine, Fahnenabordnungen, Feuerwehren und Festgruppen in Uniform und bunten Trachten boten ein farbenprächtiges Bild. Einige führten aufwendige und meterhohe Erntekronen oder Heiligenfiguren mit sich – mosaikartig aus verschiedensten Pflanzen- und Fruchtteilen filigran zusammengefügt. Auf diese Weise bekunden die Bauern dem Schöpfer ihre große Dankbarkeit für die reiche Ernte. Im Anschluss an den zweistündigen Feldgottesdienst ging es direkt über zum Volksfest und zum Auftritt der Trachtenkapelle, deren Leitung vertretungsweise Michael Gunkel übernahm.

Unterhaltung auf Deutsch

Auch die original schwäbischen Tänze von der Trachtengruppe bescherte dem Publikum sichtlich große Freude. Dazwischen ergriff Kapellenchef und Reiseorganisator Sven Warnke die Gelegenheit, der Bevölkerung für den herzlichen Empfang zu danken.

Während des Festes gab es immer wieder Gelegenheiten, mit den Landsleuten in Kontakt zu kommen. Selbst ein Tänzchen auf der Straße blieb nicht aus. Interessiert wollten die Leute in gebrochenem Deutsch wissen, aus welcher Gegend die Gäste kommen. Einige kannten sich sehr gut aus in Deutschland, da sie dort schon als Erntehelfer oder Bauarbeiter tätig waren oder Verwandte in Deutschland haben.

Besuch eines NS-Lagers

Für den letzten Aufenthaltstag hatten die Gastgeber, insbesondere Jòzef Marynicz, ein eindrucksvolles Programm zusammengestellt. Von ihm und von der Dolmetscherin Bugomila Zdziock wurde die Gruppe die ganzen Tage fürsorglich begleitet. Ein restaurierter Feuerwehromnibus aus den 70er-Jahren lud die Gäste zu einer Rundfahrt ein, zunächst entlang der ukrainischen Grenze bis zum ehemaligen NS-Vernichtungslager von Belzec.

Mit lange nachwirkenden Impressionen ging es dann zur Kreisstadt Tomaszów-Lubelski. Empfangen und begrüßt im neuen Feuerwehrhaus, erklärte der Feuerwehrkommandant den Besuchern ihre breit aufgestellte Feuerwehrtechnologie. Dank Unterstützung durch EU-Gelder konnten sie auf den neuesten Stand gebracht werden. Neben der Berufsfeuerwehr gibt es auch einen Freiwilligendienst. In das große Gebäude integriert ist ein Feuerwehrmuseum, in dem die Entwicklung der Brandschutztechnik demonstriert wird. Eine Vitrine mit nicht unbekanntem Inhalt zieht die Blicke der schwäbischen Besucher auf sich. Feuerwehrabzeichen, Fachbücher, Wimpel und Ehrengaben von Feuerwehren aus dem Kreis Freudenstadt dokumentieren eine lebendige Partnerschaftspflege.

Zum Abschluss lud der polnische Gastgeber ins Feuerwehrhaus von Oseredku ein, einer Nachbarstadt der Kreisstadt Tomasów Lubelski. Auch in diesem Gebäude wird ein Teil der Feuerwehrgeschichte gewidmet. Alte Pumpen, Feuerwehrhelme, Strahlrohre und vieles mehr sind in chronologischer Reihe angeordnet und sind Zeugen der technischen Weiterentwicklung. Ausgestellt sind außerdem alte Musikinstrumente und dazugehörige Uniformen. Man erfuhr, dass die Musikkapellen aus dem ländlichen Raum dort meist keine Vereine seien, sondern reine Feuerwehrkapellen, die aber auch für beste musikalische Unterhaltung sorgen können.