Die Rückzugsankündigung von Bistro-Betreiber Peter Wochnig hat die erwartet hohen Wellen geschlagen. Voller Emotionen diskutieren die Lahrer über das drohende Aus des Lokals – und sparen dabei nicht mit Kritik an den Stadtverantwortlichen.
„Bitte nicht auch noch den Wolkenkratzer verschwinden lassen, er ist eine der letzten Konstanten in der Marktstraße und in der Innenstadt.“ Sätze wie dieser finden sich seit dem Wochenende zuhauf in den sozialen Medien. Allein in der Facebook-Gruppe „Du bist aus Lahr, wenn ...“ wurde der tausendfach geklickte Artikel der LZ seit Samstagmorgen mehr als 100 Mal kommentiert.
Wie exklusiv berichtet, hat Peter Wochnig angekündigt, nach dann neun Jahren die Lahrer Kultkneipe Ende April aufzugeben. Als Gründe nannte der 62-Jährige vor allem sinkende Umsätze durch zurückgehende Gästezahlen sowie die nach seinen Angaben mangelnde Bereitschaft der Eigentümer, die Pacht zu reduzieren.
Kollege springt Pächter bei
Im Internet stößt die Entscheidung des Wirts auf großes Bedauern, aber auch auf Verständnis. So schreibt Kaufmann Uwe Kohler: „Gott sei dank bin ich kein Schüler mehr. Wo sollte ich in den ausgefallenen und geschwänzten Stunden denn nun hin!? Ich verstehe den Inhaber und hoffe, dass sich ein Nachfolger findet.“ Andreas Just von der Cappuccino-Bar auf dem Marktplatz springt seinem Kollegen zur Seite: „Ein Kompliment an den Peter, dass er trotz aller Schwierigkeiten in den letzten Jahren den Wolkenkratzer erhalten hat.“ Als gelernter Hotelfachwirt könne er „gut beurteilen, was die Problematik im Wolkenkratzer ist und war“, so Just. Er sieht die Hauptschwierigkeit offenbar in der Höhe der Pacht.
Deutliche Kritik an der Stadt
Außerordentlich viel Zustimmung erfährt der Facebook-Beitrag von Martin Metzger, der in der Innenstadt ein Versicherungsbüro hat. „Spätestens jetzt“, schreibt Metzger, „ist es Zeit, dass sich die Stadtverwaltung mal Gedanken macht, was sie tun kann, damit sich die Lahrer in ihrer Stadt wohlfühlen, da einkaufen, auch mal weggehen und ihr Geld auch in Lahr lassen.“ Einige Kritikpunkte Metzgers: zu wenige Veranstaltungen für Junge, eine schlechte Verkehrssituation, zu viele Auflagen für Gastronomen und ein mangelndes Sicherheitsgefühl bei den Innenstadtbesuchern. „Vielleicht rüttelt die Entscheidung von Peter die Verwaltung und den Gemeinderat endlich wach, dass was passieren muss“, hofft der Lahrer Geschäftsmann. Die Ankündigung aus dem Rathaus, das leerstehende Schuhhaus Kindle kaufen zu wollen sowie die Ausweisung eines Sanierungsgebiets seien jedenfalls nicht ausreichend, um das Stadtzentrum zu retten.
Kein Barbershop und kein Imbiss
Einmal mehr, wenn um die Lahrer Innenstadt diskutiert wird, machen die Internet-Nutzer bei der „Wolkenkratzer“-Diskussion zahlreich klar, welche Betriebe künftig nicht mehr werden sollen – etwa Barbershops und Schnellimbisse.
So kam’s zum Namen
Die Debatte um das Aus von Peter Wochnig im Bistro Wolkenkratzer weckt bei vielen Lahrern Erinnerungen an die Vor-Gastro-Zeit des Gebäudes an der Ecke Marktstraße und Mühlgasse. Seine Geschichte hat Thomas Findling in einem Facebook-Beitrag festgehalten. Demnach gehört das 1680 erbaute Haus zu den ältesten Lahrs. Lange war es Teil der Druckerei von Johann Heinrich Geiger, Gründer der Lahrer Zeitung. Später zog die Schusterwerkstatt Kopp und Riebel ein – und Anfang der 1980-Jahre die Gastronomie. Im 19. Jahrhundert soll ein auswärtiger Unternehmer geplant haben, auf dem Grundstück ein mehrstöckiges Gebäude zu errichten. Doch schon bald, so heißt es, sei ihm das Geld ausgegangen, weshalb es nur noch für ein Dach auf den Mauern des Erdgeschosses reichte. Die Einheimischen nannten das 4,78 Meter hohe Haus nicht ohne Häme: „Wolkenkratzer“.