Zahlreiche Zuschauer strömten in die Halle und machten ihre Meinung etwa über Transparente deutlich. Nach dem Gemeinderatsbeschluss verließen sie demonstrativ die Halle. Foto: Wagner

Zahlreiche Bürger, überwiegend aus Trichtingen, nutzten am Dienstag die Gelegenheit, sich über die Schulentwicklungsplanung zu informieren. In der anschließenden Gemeinderatssitzung fiel die Entscheidung über die Schulschließung in Trichtingen.

Epfendorf - Angesichts des großen Investitionsbedarfes an den Schulgebäuden in Epfendorf und Trichtingen und des immer wieder vorkommenden Mangels und Ausfalls von Lehrern wurde in der Vergangenheit deutlich, dass die Gemeinde entweder den Fokus auf einen zentralen Schulstandort richten oder dringende Modernisierungsarbeiten an beiden Schulgebäuden angehen muss.

Bürgermeister Mark Prielipp führte in das Thema ein, bevor Wolf Krämer-Mandeau vom Büro "biregio" das Ergebnis seiner Erhebung vorstellte. Er hatte die Bevölkerungsentwicklung in der Gemeinde untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Zahl der einzuschulenden Kinder immer weiter steigen werde. Bei der Klassenbildung gebe es eine Vorgabe des Landes. Die Untergrenze liege bei 16, die Obergrenze bei 28 Kindern pro Klasse. Auch eine Befragung der Eltern hatte man durchgeführt und etwa erfragt, wie man zur Wohnortnähe der Schule stehe.

Krämer-Mandeau vertrat die Ansicht, dass ein Ganztagsstandort Epfendorf und ein Halbtagsstandort Trichtingen von Jahr zu Jahr von den Schülerzahlen her ein Roulette wären. Zwei Standorte würden die Grundschule langfristig auf vielen Gebieten in Problemlagen bringen. Ein gutes, langfristiges Raumprogramm sei finanziell nur in Epfendorf machbar.

Varianten kosten zwischen 5,4 und 8,2 Millionen Euro

Auch gehe er davon aus, dass es vom Land keine Zuschüsse für Baumaßnahmen gebe. Man dürfe auch nicht außer Acht lassen, dass ab 2026 alle Schüler der Klasse eins einen Anspruch auf ganztägige Förderung hätten und dieser sukzessive ausgeweitet werde. Deshalb müsse man jetzt eine Entscheidung fällen, um den Kindern zu ermöglichen ihre Grundschulzeit am jetzigen Standort zu beenden.

Architekt Serjoscha Kuzuhara vom Büro Beyer-Weitbrecht Storz + Partner war gekommen, um die Kosten für verschiedene Möglichkeiten zu präsentieren. Die Variante eins, bei der die Schlichemklammschule am Standort Epfendorf als 1,5 zügige Schule ausgebaut werden könnte, würde die Gemeindekasse mit 5,4 Millionen Euro belasten. Bei der Variante zwei ging er von einer Erweiterung zur 1,5 zügigen Schule am Standort Trichtingen aus und errechnete einen Aufwand von 5,8 Millionen Euro.

Am stärksten würde die Variante drei das Gemeindesäckel belasten. Eine einzügige Schule am Standort Epfendorf und gleichzeitige 0,5-zügige Schule in Trichtingen würde Kosten in Höhe von 8,2 Millionen bedeuten. Die vierte Option, ein Neubau für die 1,5-zügige Schlichemklammschule, würde 6,4 Millionen Euro kosten.

Nach der Vorstellung durften die Bürger Fragen stellen. Die waren vielseitig und teilweise sehr emotional. Neben Fragen zum Klassenteiler wurde auch angefragt, ob bei der Studie der Zuzug von Bürgern durch die neu geschaffenen Baugrundstücke berücksichtigt worden sei. Dies bejahte Wolf Krämer-Mandeau. Viele Fragen betrafen die Kostenaufstellung. Die Bürger zweifelten die Höhe der Kosten an, würde doch eine einfache Sanierung durchaus den Ansprüchen genügen. Die Kosten für einen Aufzug in Höhe von 90 .000 Euro waren vielen nicht eingängig. Einen solchen benötige man nicht.

Auch der Eingemeindungsvertrag von 1973 kam auf den Tisch. Hier sei eindeutig zu lesen, dass die Schule erhalten bleiben müsse. Bürgermeister Prielipp erklärte, dass dies nicht so sei. Vielmehr könne der Gemeinderat anders entscheiden, wenn aus Kosten- oder anderen Gründen eine Zusammenlegung sinnvoll sei. Man werde sich, wenn erforderlich, auch nicht scheuen, den Rechtsweg zu bestreiten, kündigten die Bürger daraufhin an. Viele ihrer Aussagen mündeten darin, dass die vorgelegten Zahlen nicht aussagekräftig genug seien, um dem Gemeinderat eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.

In der anschließenden Gemeinderatssitzung warteten die Zuhörer gespannt auf den Tagesordnungspunkt, bei dem über die Neustrukturierung der Unterrichtsversorgung in der Gemeinde beraten wurde. Schon bei der Bürgerfrageviertelstunde drehte sich das Fragenkarussell um das Thema Schule, allerdings nicht mit Erkenntnissen, die nicht schon beim Infoabend besprochen worden wären.

Hupkonzert nach dem Beschluss des Gemeinderats

Während der Debatte erklärte Gemeinderat Uwe Mei, dass man an den strukturellen Problemen arbeiten müsse, allerdings könnten diese seiner Ansicht nach an zwei Standorten gleichzeitig nicht erfüllt werden. Einige Ratsmitglieder bemängelten, dass die Zahlen keine ausreichende Entscheidungshilfe seien, und Holger Berndt meinte, dass sicherlich für die Hälfte der Bürger die heute getroffene Entscheidung nicht zufriedenstellend sei.

Jürgen Behr war der Ansicht, dass man auf die Politik und das Schulamt nicht zählen könne. Von dort sei keine Hilfe zu erwarten. Man müsse selbst etwas tun. Er plädiere deshalb für nur einen Schulstandort, egal in welcher Teilgemeinde. Beatrix Keller favorisierte ebenfalls nur einen Standort und appellierte an alle, den demokratischen Entschluss mitzutragen.

Andreas Rinker beantragte einige Änderungen im Beschlussvorschlag. Diese wurden vom Gremium abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde der Antrag von Dominik Kicherer, geheim abzustimmen. Dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, die Unterrichtsversorgung für die Grundschulkinder am Standort Epfendorf zusammenzufassen, schlossen sich neun Gemeinderäte an, sieben votierten dagegen. Ein Großteil der Zuhörer verließ demonstrativ den Saal und entfernte sich mit einem Hupkonzert vom Gelände.

Der Gemeinderat gab die Zustimmung, die Planung für Mensa und Schulräumlichkeiten am Standort Epfendorf unverzüglich aufzunehmen und umzusetzen. Die Neustrukturierung von Betreuen und Lernen in der Gemeinde möchte man so zügig als möglich voranbringen und den Bürgern transparent darlegen.

Abgelehnt wurden die Umnutzung des Schulgebäudes in Trichtingen als Kindertageseinrichtung für die Betreuung der ein- bis sechsjährigen Kinder und die weitere Begleitung des Projekts durch "biregio".