Dank eines Bundesliga-Profis nimmt Tschechien Kurs auf das Achtelfinale. Schottlands EM-Comeback nach mehr als zwei Jahrzehnten Turnier-Tristesse ist dagegen kräftig missglückt.
Glasgow - Mit einem Traumtor aus rund 50 Metern hat Tschechiens Bundesliga-Profi Patrik Schick Schottland die Stimmung bei der ersehnten Rückkehr auf die EM-Bühne verdorben. Der Stürmer von Bayer Leverkusen erzielte beim 2:0 (1:0)-Sieg gegen den Mit-Gastgeber am Montag im Glasgower Hampden Park beide Treffer (42./52. Minute). Das zweite Tor wird in jedem Rückblick auf das Turnier zu sehen sein – eine Bogenlampe fast von der Mittellinie.
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Trotz aufopferungsvollen Kampfes blieb die Hoffnung der Schotten auf einen erfolgreichen Auftakt in ihre erste Fußball-Europameisterschaft seit 1996 unerfüllt. Vor dem britischen Duell am Freitag gegen England, das Kroatien 1:0 bezwungen hatte, sind die Chancen auf den ersten Einzug in eine K.o.-Runde rapide gesunken.
Viel Herz und Leidenschaft reichte Schottland gegen die cleveren Tschechen nicht. Der besondere Augenblick der ersten Turnier-Teilnahme nach der WM 1998 war den Bravehearts aber in jeder Sekunde des Spiels anzumerken. „Ich hoffe, dass wir die Nation inspirieren und die Leute glücklich machen“, sagte Kapitän Andy Robertson. Zumindest zum Auftakt glückte das nicht, umso wichtiger wird jetzt das prestigeträchtige Duell im Londoner Wembley-Stadion.
Patrik Schick nicht nur wegen seiner Treffer stark
Dann müssen die Schotten mehr Klasse und vor allem Abschlussstärke zeigen. Gepusht von emotionalen Gesangseinlagen und Anfeuerungsrufen von 9847 Zuschauern hatte sich die Tartan Army aber gegen Tschechien leidenschaftlich präsentiert. Gefährlich wurde es meist, wenn Liverpool-Star Robertson auf der linken Seite in Aktion trat. Sein Schuss von der Strafraumgrenze als größte schottische Chance vereitelte Tomas Vaclik (FC Sevilla) glänzend (32.).
Was Klopp-Schützling Robertson bei den Schotten war, war Herthas Vladimir Darida bei den Tschechen, die im Gegensatz zu den Briten seit 25 Jahren EM-Dauergast sind. Darida war Fixpunkt im Spiel der Gäste, doch er stand wie alle im Schatten von Schick.
Der Leverkusener Schick präsentierte sich nicht nur wegen seiner Treffer stark. Zuvor scheiterte er mit einer Direktabnahme nur knapp an Schottlands Torhüter David Marshall, der als Elfmeterheld in den Playoffs die Endrunden-Teilnahme ermöglicht hatte (16.). Beim platzierten Kopfball von Schick nach einer perfekten Flanke von Vladimir Coufal war Marshall dann machtlos.
Tschechen zeigen sich vor dem Tor entschlossener
Nach der kampfbetonten und insgesamt ausgeglichenen ersten Hälfte ging das Duell Marshall gegen Schick nach der Pause weiter. Der Leverkusener prüfte den schottischen Schlussmann erneut (46.). Fast im Gegenzug meldete sich der Gastgeber zurück, als Jack Hendry aus 17 Metern die Latte traf (48.). Das legendäre Hampden Roar, das typische Raunen im Nationalstadion, erklang. Und nachdem Vaclik so gerade noch mit einer Glanztat ein Eigentor durch Tomas Kalas verhindert hatte, kam die Kulisse nochmal mit Gänsehautatmosphäre zurück (49.).
Bis Schick erneut zuschlug. Der 25-Jährige erkannte beim genialen Distanzschuss, dass Marshall zu weit vor dem Tor stand. Er setzte damit die gute Tor-Bilanz der Bundesliga fort: Es war der achte Turniertreffer eines in Deutschland angestellten Profis. Und Polens Weltfußballer Robert Lewandowski vom FC Bayern kommt erst noch.
Ihrem Naturell entsprechend gab Schottland nicht auf. Stuart Armstrong (61.) und Lyndon Dykes konnten Sevillas Schlussmann Vaclik aber ebenfalls nicht überwinden (62./67.). Nachdem die Tartan Army im Herbst beide Nations-League-Duelle hatte gewinnen können, gab es diesmal den kräftigen Stimmungsdämpfer.