Deutliches Plus: Die Kitagebühren in Althengstett steigen zum 1. Januar 2023 um neun Prozent. Foto: ©  Tatjana Balzer – stock.adobe.com

Die SPD-Fraktion im Althengstetter Gemeinderat sah darin ein völlig falsches Signal, die Mehrheit des Gremiums jedoch stimmte für die Erhöhung der Elternbeiträge um rund neun Prozent zum 1. Januar 2023.

Althengstett - "Die Elterngebühren sind immer wieder ein umstrittenes Thema", sagte Bürgermeister Clemens Götz. Nach wie vor werde regelmäßig die kostenlose Kita-Betreuung gefordert, "das muss aber alles irgendwie bezahlt werden". 90 Prozent der Kosten für die Einrichtungen trage die Allgemeinheit, zehn Prozent würden über Elternbeiträge finanziert. Die regelmäßigen Empfehlungen der Landesverbände für die Elternbeiträge der Kindertagesstätten würden von dem meisten Gemeinden des Landkreises Calw umgesetzt, auch von den Hengstetter Nachbargemeinden. Das Ziel: Rund 20 Prozent der Betriebsausgaben sollen durch Elternbeiträge gedeckt werden. Die Kostendeckung durch Elternbeiträge an den Betriebskosten, also an den Kosten ohne Abschreibung und Verzinsung des Anlagekapitals, liegt in Althengstett laut Gemeindeverwaltung wie in vielen anderen Kommunen auch, deutlich darunter. Der Zuschussbedarf der Kommune wachse Jahr für Jahr wegen der steigenden Gehälter und Allgemeinkosten, wird in der Beratungsvorlage ausgeführt.

In kleineren Schritten

In Althengstett setzte man in den vergangenen Jahren auf häufigere und geringere Erhöhungen anstelle großer Sprünge bei den Elternbeiträgen nach längerer Zeit. Die Elternbeiträge für die Kindergärten Althengstett und Ottenbronn waren auf 1. Januar 2011 und auf 1. Januar 2016 neu festgesetzt worden. Zwischenzeitliche jährliche Erhöhungen durch die sogenannten gemeinsamen Empfehlungen der Landesverbände wurden im Gegensatz zu vielen Nachbarorten in der Gäukommune ausgesetzt.

Der Gemeinderat hatte im Herbst 2018 und 2019 beschlossen, die Elternbeiträge zu belassen. Ein Jahr später waren die Beiträge auf den 1. Januar 2021 neu festgesetzt worden. Das Gremium hatte Ende Oktober 2021 die Verwaltung beauftragt, die Elternbeiträge 2022 auf den Prüfstand zu stellen – daraus entstand der Vorschlag, diese zum nächsten Januar um rund neun Prozent anzuheben. Die aktuelle gemeinsame Empfehlung der Landesverbände: ein Plus von 3,9 Prozent.

"Die neun Prozent gefallen uns nicht", sagte Richard Dipper (SPD), der eine Stellungnahme für seine Fraktion abgab. Mit dieser wurde unter anderem gefordert, die Abstimmung zu vertagen, um die Betreuungsstruktur im Ganztagesbereich optimieren zu können. Die Sozialdemokraten fordern bekanntermaßen seit Langem, in Kitas die Elternbeiträge abzuschaffen. Diese Linie habe man immer mitgetragen, so Dipper. Obwohl man das tue, "haben wir in der Vergangenheit Beitragserhöhungen hier im Gemeinderat immer zugestimmt, wenn sie mit einer qualitativen Verbesserung im Kitabereich beziehungsweise im Familienzentrum einhergingen".

Zu drastisch

Die vorgeschlagene Beitragserhöhung sei drastisch "und wir sollten uns gut überlegen, ob es in diesen Krisenzeiten mit steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten angebracht ist". Die öffentliche Hand solle überhaupt angesichts der Inflation nicht an der Gebühren- und Abgabenschraube drehen und damit die Inflation weiter anheizen. Es dürfe nicht sein, dass Familien oder Alleinerziehende, die auf die Ganztagsbetreuung angewiesen seien, sich diese nicht mehr leisten können.

Überfällige Antwort

Aber seine Fraktion begrüße ausdrücklich, dass auch flexiblere Betreuungsangebote vorgeschlagen worden seien. Das sei eine überfällige Antwort auf den rasant steigenden Bedarf junger Familien. Ungereimtheiten und Unklarheiten sah die SPD-Fraktion im Angebot und bei der Preisgestaltung allerdings für den Ganztagesbereich, weil nicht klar sein, was unten "einem Tag Betreuung" zu verstehen sei. Lediglich ein Tag Betreuung in der Woche, also, dass im Ganztagesbetrieb zehn Stunden pro Woche gebucht seien? Oder sei damit gemeint, dass man zusätzlich zu den 30 Stunden Regelöffnungszeit von 7.30 bis 13.30 Uhr fünfmal wöchentlich einen fest gewählten Tag buche, an dem das Kind länger maximal bis 17.30 Uhr betreut werde? Aus der Satzung zu den Kitagebühren müsse erkennbar sein, "welche Zeiten man buchen kann und was sie kosten". Auch deshalb müsse die Satzung unbedingt überarbeitet und angepasst werden. Und es brauche für flexible Zusatzangebote von Betreuungsstunden auch einen Kinderrabatt.

Verschiebung gefordert

"Das ist kein Plädoyer gegen die Erhöhung von Kitagebühren, im Gegenteil", äußerte sich Dippers Fraktionskollege Lothar Kante. Schließlich gehe es in den Kitas um frühkindliche Bildung, die Aufgaben für die Einrichtungen würden wachsen. Bei immer mehr Familien gehe es finanziell derzeit aber ans Eingemachte. Über alle Betreuungsmodelle hinweg dürfe die soziale Komponente nicht vernachlässigt werden, und nur deshalb fordere man, die Gebührenerhöhung zu verschieben. Dem Vorschlag der SPD-Fraktion, die Kitagebühren erst zum 1. September 2023 zu erhöhen, weil die ökonomische Situation dann klarer sei, folgte der Rest des Gremiums letztlich nicht.

Als "vertretbar" bezeichnete Thomas Schmidt (Freie Wähler) die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung. Das Geld für die Betreuungseinrichtungen müsse schließlich irgendwo herkommen: "Das Thema betrifft unseren Haushalt".

Eine flexible und einfache Sache müsse die Kitagebühren-Satzung für die Kämmerei sein, betonte Rüdiger Klahm (CDU) zur von der SPD-Fraktion geforderten Überarbeitung. Und: Man komme immer an Grenzen, was den Betreuungsbedarf aus Sicht der Eltern angehe. Ähnlich äußerte sich der Rathauschef. Ein Betreuungsangebot passgenau für jede Familie sei nicht machbar. Bei drei Gegenstimmen der SPD-Fraktion wurde beschlossen, die Elternbeiträge zum 1. Januar 2023 anzuheben und sie 2024 erneut auf den Prüfstand zu stellen.