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"Während andere solche Filme geschaut haben, haben wir es getan", schrieb der 19-jährige Frederik B. Anfang Dezember in einem am Mittwoch vor dem Landgericht Ulm verlesenen Brief.

Ulm - "Während andere nur Filme schauen, haben wir Ernst gemacht." Das hat der mutmaßliche Todesschütze Frederik B. (19) in einem Brief an seinen Verteidiger geschrieben. Am neunten Tag des Prozesses um den unfassbaren Vierfachmord von Eislingen haben die wenigen zugelassenen Prozessbeobachter erstmals Einblick in das Innenleben des stillen Angeklagten bekommen, der vor Gericht zugegeben hat, auf Drängen seines Freundes Andreas H. dessen Eltern und zwei Schwestern in der Nacht zum Karfreitag mit 30 Schüssen getötet zu haben.

"Wir haben alle Bedenken mit einem lockeren Spruch abgetan. Vielleicht konnte Andreas seinen Hass nur so aushalten", schreibt Frederik. Und weiter: "Ich kann es nicht fassen. Unser Leben war wie in einem Film." Andreas habe sogar gewitzelt, er werde im Gefängnis ein Buch schreiben. Frederik schreibt, er habe erst jetzt, also vor einigen Monaten, begriffen, dass "die für immer tot sind". Er selbst habe eigentlich ein gutes Leben gehabt. "Das habe ich alles weggeworfen." Er frage sich, "wie wir so werden konnten".

Der 19-Jährige schildert auch Situationen aus der Tatnacht. Als er auf die 24-jährige Schwester schoss, habe sie geschrien: "Hey, was soll der Scheiß?" Dazu soll Andreas später gesagt haben: "Ja, so ist sie: arrogant bis zum Schluss." Den Morgen nach der Bluttat umschreibt er mit der "Wir-haben-sie-tot-gefunden-Schau". Andreas hatte die Polizei alarmiert.

Die beiden jungen Männer stehen in Ulm vor dem Landgericht wegen des Mordes an den Eltern und den beiden 22 und 24 Jahre alten Schwestern des Andreas H. Die Anklage wirft ihnen Mord aus Habgier vor. Der inzwischen 19-jährige Andreas habe an das Vermögen der Eltern kommen wollen. Das Ehepaar H., er erfolgreicher Heilpraktiker, sie Lehrerin, besaß mehrere Immobilien und Grundstücke sowie ein Schweizer Konto mit 256.000 Euro Guthaben. Die Verteidigung stellt Habgier in Abrede und spricht von Verwerfungen in der Familie.

Wie aber passt Frederik B. da hinein? In seinem Brief beschreibt er sich als den typischen Außenseiter und als in der Schule und in der Clique Gemobbten. "Dazugehört habe ich nie", so der 19-Jährige. Erst in Andreas hat er wohl den ersehnten guten Freund gefunden. Andreas sei der lockere, beliebte Typ mit coolen Klamotten gewesen, er dagegen habe seine Kleidung von der Mutter bekommen: zweckmäßig und gut gemeint. Frederik berichtet, wie er wochenlang nach einem T-Shirt gesucht habe, das ihm "das Lob von Andreas sichert". Am Ende, so scheint es, hat er sich zum Mordwerkzeug seines besten Freundes machen lassen. Der Prozess wird am kommenden Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt.