Die Verantwortlichen der Wild Wings haben auf ihre Erfolgslosigkeit reagiert und Trainer Pat Cortina entlassen. In den beiden vor der Deutschland-Cup-Pause noch anstehenden Spielen wird Manager Jürgen Rumrich zusammen mit Co-Trainer Petteri Väkiparta das Team coachen.

Am Handy erfahren

"Der Trainer steht nicht zur Disposition. Wir werden uns nicht an den üblichen Mechanismen im Sport bei Erfolgslosigkeit beteiligen", hatte Michael Werner, einer der beiden Wild-Wings-GmbH-Geschäftsführer, erst vor kurzem noch betont.

Inzwischen hat die Wirklichkeit den Geschäftsführer locker überholt. Am späten Montagabend klingelte bei Coach Pat Cortina das Handy. Nicht Michael Werner oder Thomas Burger – ebenfalls Geschäftsführer – sondern Manager Jürgen Rumrich ("Es war wirklich schwer für mich") musste dem 54-Jährigen die Entscheidung mitteilen: Das Aus – 15 Monate vor Cortinas eigentlichem Vertragsende. Dieser war ziemlich überrascht. "Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich habe auch nach unserer Niederlage in Düsseldorf immer noch den Eindruck gehabt, dass die Mannschaft und ich eng zusammenarbeiten."

Jürgen Rumrich argumentiert die Trennung: "Wir hatten den Eindruck gewonnen, dass Pat die Mannschaft nicht mehr ausreichend erreicht, um sie aus dem Tief zu führen." Michael Werner war nach vielen internen Gesprächen am Montag davon überzeugt, "dass wir einen Impuls setzen mussten".

Bei einer Autogrammstunde am Dienstag haben wir mit den Fans gesprochen:

Keine Rückendeckung mehr

Doch was war genau am Montag bei den Wild Wings intern abgelaufen? Michael Werner hörte sich zunächst den Mannschaftsrat um Kapitän Simon Danner an. Dort musste Werner erfahren, dass es keine Rückendeckung mehr aus dem Team für den Trainer gab. "Wir haben aber auch nicht gefordert, dass der Trainer entlassen werden soll", so Simon Danner.

Aber der Kapitän wurde konkreter: "Wir haben weiter verloren, aber es hat sich nichts verändert." Was für Simon Danner denn überhaupt den Unterschied zwischen der vergangenen und der aktuellen Saison ausmache? "In der vergangenen Saison hatten wir auch nicht mehr Chancen, haben diese aber reingemacht – und in dieser Runde eben nicht." Klingt banal. Doch was Danner nicht verriet, aber intern bekannt war: Mancher Spieler hätte sich eine höhere Belastung und mehr Eiszeiten im Training gewünscht. Mancher Spieler sah sich in Cortinas sehr strikter Defensiv-Strategie – ohne Raum für eigene Kreativität – zu sehr eingeengt. Sprich, auch mental war zuletzt in der Schwenninger Mannschaft – neben all den ganzen spielerischen Problemen – nicht mehr das ganz große Feuer drin. Simon Danner hofft jetzt, dass der Wechsel an der Bande "frischen Wind" bringt.

Nach dem Gespräch mit dem Mannschaftsrat analysierten die Geschäftsführer am Montagabend zusammen mit Jürgen Rumrich noch einmal die Situation. Die Konsequenz daraus ist bekannt.

Gaudet ist kein Thema

Wie das Profil des neuen Trainers aussehen soll? "Er muss Deutsch sprechen, viel Erfahrung haben und die Liga gut kennen", erklärt Jürgen Rumrich. Einen Zeitplan, wann der neue Coach in Schwenningen vorgestellt wird, gibt es nicht. Der in Nürnberg zuletzt entlassene Kevin Gaudet ist laut Rumrich "kein Thema". Immerhin lagen bereits am Dienstagvormittag schon etliche Trainer-Bewerbungen auf dem Schreibtisch des Managers. Jürgen Rumrich hält es aber auch nicht für ausgeschlossen, dass im Falle einer kurzfristig sportlichen Wende Petteri Väkiparta aus der zweiten fest in die erste Reihe aufrückt. "Unmöglich ist in dem Geschäft sowieso nichts."

Jürgen Rumrich übernahm am Dienstag auch selbst viel Verantwortung für die sportliche Misere – Thema Personalpolitik. "Im Moment müssen wir uns aber nur darauf fokussieren, dass wir wieder schnell erfolgreich sind."

Väkiparta und Rumrich wollen im kommenden Heimspiel gegen Straubing am Freitag – das allein schon von der Stimmungslage in der Arena her spannend werden dürfte – "nicht alles Bisherige auf den Kopf stellen, aber an gewissen Schrauben schon drehen".

Kommentar

Scherbenhaufen 

von Michael Bundesmann

Emotional betrachtet, hat Pat Cortina diesen Abschied nicht verdient, denn er tat in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren sehr viel Positives für das Schwenninger Eishockey. Nüchtern gesehen, ist die Trennung jedoch nachvollziehbar, denn der Coach vermittelte nicht mehr den Eindruck, dass er mit dem Team noch die Wende schafft. Das Phänomen in Schwenningen ist, dass in nur sieben Monaten aus der Play-off-Euphorie ein sportlicher Scherbenhaufen wurde.

Fraglich, ob Cortinas Nachfolger mehr aus der bislang kaum DEL-tauglichen Mannschaft herausholt. Das Team wurde falsch zusammengestellt. Auch deshalb, weil Manager Jürgen Rumrich neben seiner sportlichen Hauptaufgabe intern zu viele andere Jobs abarbeiten muss. Etat-ähnliche Standorte wie Bremerhaven, Straubing und Iserlohn sind in Sachen effektives Scouting und cleveres Netzwerk viel weiter.