Wie geht es mit dem Eishockey in Schwenningen weiter? Foto: Sigwart

Eishockey: Schwenninger blicken auf DEL-Saisonentscheidung. Spiele vor Zuschauern sind Bedingung. 

Es sind keine leeren Worthülsen, wenn die Verantwortlichen im deutschen Eishockey momentan ein existenzbedrohendes Szenario für die gesamte Sportart aufzeichnen. Es sind die Fakten und unmissverständliche Zahlen, die alle Beteiligten zum Handeln zwingen. Diverse Szenarien wurden bereits seit Monaten kalkuliert. Pläne vielfach geplant, erstellt und überarbeitet. Ein gutes Beispiel, wie eng der Profisport mit der Basis verbunden ist, zeigt auch die Konstellation im Schwenninger Eishockey.

Die Wild Wings Future als Nachwuchsabteilung haben einen Gesamtetat von knapp 600.000 Euro. Davon stehen zwei Drittel in direkter Abhängigkeit zu den Wild Wings. Diese Abhängigkeit besteht insbesondere zu den Spielen der Wild Wings vor Zuschauern, wie zum Beispiel Catering, Spendenaktionen während der Spiele, Sponsoring im Stadion und vielem mehr. Bedeutet, auch für den Nachwuchs geht es darum so viele Zuschauer wie möglich in der Helios Arena zu begrüßen.

Wild-Wings-Geschäftsführer Christoph Sandner äußert sich dazu ausführlich: "Eine so tolle Mannschaftsportart wie Eishockey lehrt unseren Kindern und Jugendlichen schon in frühen Jahren wichtige Werte wie Respekt, Fairness sowie Integration und fördert in einem sehr entscheidenden Lebensabschnitt deren Entwicklung für ihr späteres Leben. Es darf nicht sein, dass die Kinder und Jugendlichen, die an den Folgen der Pandemie ohnehin schon genug leiden, nun Ihren Sport, den sie so lieben, vielleicht überhaupt nicht mehr ausführen können. Wenn ich lese, dass Millionen dafür ausgegeben werden, um Flugunternehmen oder Karnevalveranstalter zu unterstützen, frage ich mich, was macht unsere Politik für den Sport unserer Kinder und Jugendlichen? Aktuell leider nichts, und es ist erschreckend, dass es überhaupt nicht thematisiert wird. Wir haben im deutschen Eishockey nicht die Verhältnisse, wie vielleicht im Fußball, wo die dortigen Nachwuchsakademien durch die jeweiligen Bundesligavereine finanziell abgesichert sind. Eishockey sowie einige andere Sportarten spielen in den Diskussionen der letzten Wochen doch nahezu keine Rolle. Ich frage mich wirklich, sind unsere Kinder und Jugendlichen die regelmäßig Sport treiben, zusammen mit deren verantwortungsvollen Eltern sowie den tausenden von ehrenamtlichen Betreuern und Helfern in den jeweiligen Vereinen nicht systemrelevant?"

Und Sandner weiter: "Gemeinsam mit dem SERC 04 e.V. und den Wild Wings Future möchten wir heute erneut auf die erheblichen Probleme aufmerksam machen, welche durch die COVID-19 Pandemie auf den Eishockey-Nachwuchs in Deutschland und explizit auf unseren Traditionsstandort Schwenningen zukommen. Über die letzten Jahre wurde mit viel Herzblut und Leidenschaft sowie einem erheblichen finanziellen Aufwand eine ausgezeichnete Grundlage geschaffen, um die Wild Wings Future noch näher an die Top-Nachwuchsstandorte in Deutschland heranzuführen, was durch die wiederholte Auszeichnung des DEB für den SERC 04 e.V. zum Fünf-Sterne-Club deutlich wird. Immerhin gibt es derzeit lediglich 13 Vereine in ganz Deutschland mit diesem Prädikat. Diese Entwicklung wird gerade komplett auf Eis gelegt und wir laufen nicht nur in Schwenningen Gefahr, innerhalb von wenigen Monaten, um Jahre zurückgeworfen zu werden. Die herausragenden Erfolge des deutschen Eishockeys, mit dem Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen und aktuell der Wahl von Leon Draisaitl zum besten Spieler der laufenden NHL-Saison, kommen nicht von ungefähr. Diese Entwicklung ist unter anderem auf eine ausgezeichnete Nachwuchsarbeit in Deutschland zurückzuführen. Wir fordern die Politik hiermit auf, die Nöte und Probleme der Nachwuchsabteilungen umgehend ernst zu nehmen und noch viel wichtiger, zeitnah finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen."

Die SERC Wild Wings Future mit ihren ehrenamtlichen Funktionären und Helfern sehen sich durch die aktuelle Situation der Pandemie, wie wahrscheinlich alle anderen Verantwortliche in anderen Vereinen, an der Grenze des Belastbaren. Dies sowohl in rechtlicher wie auch in finanzieller und organisatorischen Hinsicht.

Uwe Schlenker, der Abteilungsleiter der Wild Wings Future sieht die Situation alarmierend: "Es gibt weder Rechtsicherheit bezüglich der selbst erstellten Hygienekonzepte, deren Grundlagen sich natürlich ständig verändern, noch der Planungsparameter bezüglich der Deckung von laufenden Kosten. Die Saison der Wild Wings Future ist ohne den Spielbetrieb der Schwenninger Widl Wings mit mehr als 3500 Zuschauer im Schnitt nicht gesichert. Zudem lebt der der Eishockeysport auch von vielen Vorbildern aus dem Profibereich und wenn diese nicht spielen können, verlieren wir Nachwuchs und sind dadurch ebenfalls existenziell bedroht. Als Sportverein mit vielen Nachwuchsabteilungen übernehmen wir sowohl die sportliche (körperliche), wie auch die soziale Ausbildung von Kindern, als aktive Jugendpflege. Die Pandemie gefährdet diese Jugendarbeit massiv in ihren Grundzügen. Jahrelange Jugendarbeit und ihre Strukturen stehen auf dem Spiel und diese wären nach einem Niedergang nicht wiederaufzubauen. Welche Systemrelevanz die sportlich-soziale Ausbildung von Kindern hat, muss schlussendlich die Politik und die Gesellschaft bewerten."

Mit dem gemeinschaftlich erstellten Hygienekonzept liegt die oberste Priorität natürlich darin, die Spiele für die Besucher so sicher wie möglich zu machen. Das positive Feedback des örtlichen Gesundheitsamtes zeigt, dass man auch hier die richtigen Maßnahmen ausgearbeitet hat.