Seit 1. August ist der frühere Nationalspieler Christoph Sandner neuer Geschäftsführer bei den Wild Wings. Als es Ende Juli die ersten Kontakte mit den Schwenningern gibt, muss Sandner nicht lange überlegen und unterschreibt einen Zweijahresvertrag. Der 48-jährige Landsberger sieht viel Potenzial beim Traditionsklub. Wir trafen uns mit ihm.

Herr Sandner, wie haben Sie Ihre ersten Tage bei den Wild Wings erlebt?

Spannend. Es ist klar, dass ich schnell ein Gefühl für den Klub bekommen möchte. Ich lerne viel Neues kennen, führe viele Gespräche mit den Mitarbeitern und höre vor allem viel zu. Es ist für mich sehr wichtig, mir einen ersten Überblick zu verschaffen. Auch im Rahmen der Fanveranstaltung konnte ich schon einen sehr guten ersten Eindruck gewinnen. Es ist nicht so, dass ich neu komme, auf den Tisch klopfe und alles verändern will. Vieles ist bisher ja auch gut gelaufen. Man darf ja nicht vergessen, dass der Klub und die Gesellschafter vor einigen Jahren mit der Rückkehr in die DEL eine große Aufgabe zu bewältigen hatten.

Wann entstand eigentlich Ihr erster Kontakt zu den Wild Wings?

Ende Juli. Es war sehr kurzfristig. Mir war aber nach den ersten Gesprächen mit Michael Werner (einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Wild Wings, Anm. d. Red.) schon klar, dass ich nach Schwenningen kommen möchte. Mir gefällt auch sehr, was in den vergangenen Wochen hier passiert ist. Selbst nach den Enttäuschungen der vergangenen Saison gab es keine Resignation oder Stagnation, sondern viel mehr eine Aufbruchstimmung in allen Bereichen. Dies war für mich ein sehr positives Signal. Darauf nun aufzubauen, macht für mich den besonderen Reiz dieser Aufgabe aus.

Wo sehen Sie genau das Potenzial bei den Wild Wings?

Schon allein die 2500 Zuschauer beim ersten öffentlichen Training – diese Zahl ist ja in der DEL herausragend – beweisen, was für ein starker und traditionsreicher Eishockey-Standort Schwenningen ist. Es herrscht nach einer sicherlich enttäuschenden vergangenen Saison viel Zuversicht. Zusammen mit dem sportlichen Bereich wollen wir nun die Dinge bündeln und in die richtige Richtung bringen.

Haben Sie bereits einen "Masterplan"?

Nein, diesen gibt es nicht. Wir wollen Schritt für Schritt denken. Über allem steht der sportliche Erfolg, denn keiner hier will noch einmal so eine Saison wie die vergangene erleben. Dann gibt es natürlich den sehr wichtigen Faktor Marketing und Sponsoring, den wir ausbauen wollen. Wir werden das alles intern in den kommenden Wochen besprechen und wollen dann die geplanten Verbesserungen auch wirkungsvoll umsetzen.

Die mittelfristige Erhöhung des Etats zählt sicher auch zu Ihren großen Zielen.

Das stimmt, denn sportlicher Erfolg ist ja auch von den wirtschaftlichen Möglichkeiten abhängig. Dabei gilt es, sich nicht nur in der Breite im Sponsoring zu vergrößern, sondern vielleicht auch in der Spitze den einen oder anderen neuen großen Sponsor zu finden. Wie die Wild Wings bisher schon im Sponsoring aufgestellt sind, ist aller Ehren wert. Aber es gibt hier sicherlich noch neues Potenzial. Es ist wichtig, gute Spieler in Zukunft zu engagieren, die einen immer weiterbringen. Dazu müssen auch die geplanten Umbaumaßnahmen finanziert werden. In diesem Punkt möchte ich einmal ein großes Lob an die Stadt Villingen-Schwenningen aussprechen. Ihre Unterstützung für die Wild Wings ist vorbildlich. So etwas ist an anderen Eishockey-Standorten sicherlich nicht selbstverständlich.

Kommen wir zum bisherigen Zuschauerschnitt in Schwenningen. Sehen Sie in diesem Bereich auch noch Steigerungspotenzial?

Absolut. Es muss unser Ziel sein, auf einen Zuschauerschnitt von 4000 bis 5000 Besuchern pro Heimspiel zu kommen. Nehmen wir die besagte Zahl beim Eröffnungstraining oder die 1000 mitgereisten Fans beim Bodensee-Cup in Kreuzlingen – diese Zahlen sind noch ein Kontrast zu dem, was dann während der Saison in Schwenningen bisher passierte. Es gibt eine starke Fanbasis. Wir wollen genau überlegen, wo wir noch ansetzen können, um mehr Zuschauer anzulocken. Aber dies ist – ganz klar – auch vom sportlichen Abschneiden der Mannschaft abhängig.

Die Linie zwischen Ihrem Bereich und dem sportlichen ist klar gezogen?

So ist es. Jürgen Rumrich ist für den sportlichen Bereich zuständig – ich für die wirtschaftlichen Belange. Natürlich tauschen wir uns fast täglich über die sportlichen Dinge auch einmal aus, was ja sehr wichtig ist. Dass Jürgen Rumrich hier im sportlichen Bereich tätig ist, war für mich auch ein Grund, weshalb ich zu den Wild Wings kam. Ich weiß, dass Jürgen ein sehr verlässlicher Mensch und ein sehr harter Arbeiter ist.

Durch den Weggang von Oliver Bauer, der zuletzt Jürgen Rumrich in organisatorischen Dingen viel entlastet hat, ist eine Stelle frei geworden. Wie wird dieses Aufgabengebiet neu besetzt?

Wir werden den Weg so weitergehen und machen keinen Schritt zurück. Es ist schade, dass Oliver Bauer uns bald verlässt. Ich hätte gerne mit ihm zusammengearbeitet. In Sachen Organisation gibt es einige Optionen. Klar ist, dass ich in diesem Bereich nun natürlich auch arbeite und das Aufgabengebiet des Geschäftsstellenleiters, das Oliver Bauer inne hatte, mit übernehme. Ob wir extern für den Organisationsbereich dann noch einen neuen Mitarbeiter holen, wird sich zeigen.

Wie haben Sie die ersten Leistungen der Mannschaft in der Vorbereitung gesehen?

Mein erster Eindruck ist sehr positiv. Ich habe vollstes Vertrauen in unsere Verantwortlichen im sportlichen Bereich. Die ersten positiven Ergebnisse waren auch hilfreich, um Selbstvertrauen zu tanken und noch mehr Schwung in Richtung Saisonstart zu bekommen. Ich hoffe natürlich auch, dass wir vom Verletzungspech in der neuen Saison verschont bleiben.

Sie haben einen Zweijahresvertrag in Schwenningen unterschrieben. Wo sehen Sie die Wild Wings nach dieser Zeit?

Ganz wichtig wird es dann sein, dass wir mit der Abstiegsfrage nichts zu tun haben. Darauf werden wir im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich hinarbeiten.

Befürworten Sie die neue Auf- und Abstiegsregelung?

Vom sportlichen Standpunkt her ja. Aber wenn man sich in der Tiefe mit diesem Thema befasst, ist es heikel. Man kann diese Abstiegsregelung auch nicht mit dem Fußball, dem Handball oder dem Basketball vergleichen. Ein Stichwort ist die Arenensituation in der DEL. Ich sehe momentan nur Frankfurt – und vielleicht noch Kassel – von den wirtschaftlichen Rahmenmöglichkeiten her als Aufstiegskandidaten in die DEL. Die Fernsehgelder helfen ja im Eishockey auch nicht den Aufsteigern weiter. Man muss klar sagen, dass zum Beispiel zwischen dem Etat bei uns und dem Etat bei den Zweitligisten schon noch ein großer Unterschied herrscht. Natürlich ist es wünschenswert und wichtig, dass die "Kleinen" auch oben mitspielen. Aber dies ist bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Eishockey eben nicht einfach. Ich sehe die Gefahr schon, dass ein DEL2-Aufsteiger aus den genannten Gründen sportlich in der DEL abgehängt wird. Aber es ist in zwei Jahren sicherlich ein guter Zeitpunkt, den Auf- und Abstieg einzuführen. Vielleicht kehrt man dann in fünf Jahren – wenn es nicht funktioniert – wieder auf den alten Weg zurück. Wir werden es sehen.

In zwei Jahren könnten sich auch einige DEL-Klubs, die derzeit im Leistungsbereich der Schwenninger Wild Wings liegen, finanziell vielleicht übernehmen, um unbedingt den Klassenerhalt zu schaffen.

Diese Gefahr sehe ich auch, wobei die Zahl der Insolvenzen – auch aufgrund der strengen wirtschaftlichen Prüfungen der DEL – ja zurückgegangen ist. Aber der Trend, dass einige Klubs über ihre Möglichkeiten investieren werden, könnte schon eintreten.

Wie sehen Sie den Nachwuchsbereich – also die Wild Wings Future?

Dies ist für mich ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Es gab schon erste Gespräche mit den Verantwortlichen. Auch dieser Bereich macht den Reiz meiner neuen Aufgabe aus, denn es muss immer ein Ziel sein, eigenen Nachwuchs nach oben zu bringen. Es ist natürlich eine tolle Sache, dass wir auf der zweiten Bahn bald das ganze Jahr über Eis haben. Dazu kommt das Internat, denn die enge Verknüpfung zwischen Ausbildung und Leistungssport ist sehr wichtig. Ich finde, dass die Nachwuchsarbeit hier – im Gegensatz zu so manchem DEL-Standort – ganz gut funktioniert.  

Die Fragen stellten Gunter Wiedemann und Michael Bundesmann.

Zur Person

Der neue Wild-Wings-Geschäftsführer wurde am 19. Februar 1971 in Landsberg geboren und begann seine Eishockey-Karriere beim EV Landsberg (2. Bundesliga/1988 bis 1991). Seine weiteren Karrierestationen waren die Kölner Haie, die Mad Dogs München, die Hamburg Crocodiles, die Augsburger Panther, der EHC Freiburg und der EHC München. Der Angreifer absolvierte 25 A-Länderspiele und nahm 1998 mit dem deutschen Team an der Weltmeisterschaft teil. Beruflich absolvierte er eine Ausbildung zum Werkzeugmacher. Nach seinem Karriereende (2006) war er unter anderem von 2011 bis 2013 beim Hauptsponsor der Nürnberg Ice Tigers (Sabo) als Manager im Bereich Sport-Kommunikation tätig. Im Jahr 2013 wurde Sandner Geschäftsführer bei den Ice Tigers. Der gebürtige Landsberger ist verheiratet und hat eine Tochter. Golf, Tennis und Fitnesstraining sind die Hobbys des neuen Geschäftsführers.