Meisterlich: Marcel Goc. Foto: Eibner

Eishockey: Gebürtiger Calwer über Meisterschaft, Schufterei in Reha und Sprüche seiner Brüder. Mit Interview

Es ist die Krönung einer großen Eishockey-Karriere. 1999 hat sie in Schwenningen begonnen, die des Marcel Goc, 35, aus Calw. Es folgten 699 NHL-Spiele, mehr als 100 in der deutschen Nationalmannschaft und 350 in der DEL. Vor einem Jahr wurde er Zweiter bei den Olympischen Spielen – und jetzt 20 Jahre nach seinem ersten Spiel als Profi das erste Mal Meister.

Marcel Goc, Ihr großer Bruder Sascha hat einmal gesagt, dass Sie sich zu Hause blöde Sprüche anhören müssen, weil Sie im Gegensatz zu Ihren Brüdern noch keinen Titel geholt haben.

(lacht). Das hat sich jetzt zum Glück erledigt. Ich habe mich damals riesig für die beiden gefreut, als sie zusammen mit Hannover Meister geworden sind. Und jetzt weiß ich endlich auch, wie sich das anfühlt. Ich bin mega erleichtert und einfach nur happy.

Sie mussten 20 Jahre auf den ersten Titel warten. Hat es sich gelohnt?

Deshalb ist es jetzt umso schöner. In meinem Alter und wenn man im Eishockey schon so viel erlebt hat, weiß man einen Titel noch viel mehr zu schätzen. Es wird einem erst bewusst, wie schwer es ist, einen Titel zu holen, wenn man ein paar Jahre gespielt hat. Es hilft natürlich auch, zum richtigen Zeitpunkt beim richtigen Team zu spielen.

Wenn es in Deutschland um Titel geht, ist man in Mannheim ja nicht schlecht aufgehoben.

Ich habe auch in den USA oft bei Teams gespielt, über die man vor der Saison gesagt hat, ihr könnt es dieses Jahr schaffen, oder dass wir eine riesige Hauptrunde gespielt haben und dann früh in den Playoffs ausgeschieden sind. Ich bin tatsächlich aber nie wieder so weit gekommen wie in meiner ersten NHL-Saison, in der wir es mit San Jose in die Conference Finals geschafft haben. Die Playoffs sind einfach was ganz anderes. Es ist das eine, gute Teams in der Hauptrunde zu schlagen. In einem Spiel ist immer alles möglich. Aber siebenmal in zehn Tagen gegen die gleiche Mannschaft zu spielen – da ist es nicht so einfach, zu gewinnen. Das ist es auch, was unseren Sport so interessant macht.

München war zuletzt dreimal in Folge deutscher Meister. Was hat es gebraucht, um diese Mannschaft im Finale zu schlagen?

Wer Meister werden will, muss München schlagen. Das war von vornherein klar. Die Serie war enger, als es die Ergebnisse aussagen. Vielleicht war entscheidend, dass wir es in dieser Saison geschafft haben, konstant unsere Leistung abzurufen – und dann aber auch die Spiele zu gewinnen, in denen wir eben nicht unsere beste Leistung abgerufen haben.

Es war sicher auch kein Nachteil, in der vierten Reihe einen Marcel Goc aufbieten zu können, der maßgeblich am Sieg im entscheidenden Spiel der Finalserie beteiligt war...

Wir haben einen sehr tiefen Kader, den hat München aber auch. Wir sind im Gegensatz zu München in den Playoffs aber vom Verletzungspech verschont geblieben. Die haben auf dem Weg ins Finale ein paar Spieler verloren. Die, die nachgekommen sind, waren dann aber genauso stark wie die, die ausgefallen sind. Da hat man gesehen, weshalb München drei Jahre lang das Maß der Dinge war. Und deshalb sind wir einfach nur glücklich, dass wir sie geschlagen haben und jetzt feiern können. Ich weiß nicht, was anstrengender war, die Finals zu spielen oder die Meisterschaft zu feiern (lacht).

Sie haben das entscheidende Tor in der Verlängerung eingeleitet, das erste Tor der Partie erzielt und das zweite vorbereitet. Es war die beste Leistung, die Sie in dieser Saison abgeliefert haben.

Ich habe einen ganz guten Tag erwischt. Es ist mir sehr wichtig, dass ich nach meinen schweren Verletzungen wieder dahin zurückgefunden habe, wie ich selbst Eishockey spielen will. Ich habe einen Großteil der Saison wegen eines Kniescheibenbruchs verpasst, nach so einer langen Verletzungspause ist es nicht einfach, wieder Fuß zu fassen. Da habe ich ein paar Spiele gebraucht, um wieder reinzukommen. Dann habe ich mich aber von Spiel zu Spiel gesteigert. Ich bin zwar noch nicht bei 100 Prozent, aber ich kann auf dem Eis schon wieder Akzente setzen.

Ihr Trainer Pavel Gross hat Sie jedoch in die vierte Reihe gestellt und mit Defensivarbeit beauftragt.

Als Spieler willst du natürlich so viel Zeit auf dem Eis verbringen wie möglich. Am liebsten 60 Minuten. Aber das geht halt nicht. Der Trainer hat mir diese Rolle gegeben, die war sehr defensiv, aber er und ich wissen, dass ich das kann. Diese Rolle hatte ich auch in den USA in einigen Mannschaften. Ich weiß, was ich kann: In jeder Rolle funktionieren, egal ob erste, zweite, dritte oder vierte Reihe.

Nach dem, was man so hört, haben Sie geschuftet wie verrückt, um rechtzeitig für die Playoffs wieder fit zu werden.

Ich bin den Physios in den drei Jahren hier gehörig auf die Nerven gegangen. Die Jungs mussten mich inzwischen mehrfach wieder fit machen und wissen mehr über meinen Körper als ich. Ich habe Reha-Trainer Bernd Steinhoff und unserem Physio Michael Ludwig viel zu verdanken. Ich weiß nicht, ob ich es ohne ihre Hilfe geschafft hätte.

Ihr Einsatz in den Playoffs stand also auf der Kippe?

Was heißt auf der Kippe. Es ist halt ein Unterschied, ob man seine Runden dreht oder gegen einen Gegner auf dem Eis steht, der auf dich einfährt, bis du aufgibst. Ich will einfach wieder gut spielen. Das will ich immer. Egal, ob beim Tennis mit den Jungs daheim in Gechingen, beim Binokel oder beim Eishockey. Deshalb hoffe ich, dass ich mal für eine Weile von Verletzungen verschont bleibe.  

Die Fragen stellte Kevin Schuon.