Christoph Sandner ist sicher, "dass viele Eishockey-Standorte gefährdet sind". Foto: Sigwart

Eishockey: Wild-Wings-Geschäftsführer Christoph Sandner sieht einige gefährdete Klubs. Mit Interview

Christoph Sandner, der Geschäftsführer der Wild Wings, hat in diesen Wochen kein Home-Office.

Seine Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle in Schwenningen jedoch schon. An diesem Dienstagnachmittag nimmt er nach unserem Gespräch gleich an einer großen Videokonferenz – zusammen mit den anderen Klubvertretern und der DEL – teil. "Diese wird heute länger dauern, weil es einige Themen zu besprechen gibt. Es wird um die kommende Lizenzierung gehen, um Rechtsfragen in Vertragsdingen."

Auch der Schwenninger Manager macht sich sehr große Sorgen um die wirtschaftliche Zukunft vieler Eishockey-Standorte. Er findet es passend, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so viele Spieler bei den Wild Wings für die kommende Saison unter Vertrag stehen. "Hätten wir schon 25 Spieler verpflichtet, könnte ich aufgrund der vielen offenen wirtschaftlichen Fragen sicher nicht mehr ruhig schlafen", gibt er zu. Im Moment kann Christoph Sandner noch nicht recht daran glauben, dass die Vorbereitung auf die kommende Saison wie geplant laufen wird.

Herr Sandner, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie?

Es ist alles in Ordnung. Meine Frau und unsere achtjährige Tochter wohnen weiterhin in Garmisch-Partenkirchen. Ich habe in Schwenningen genug zu tun, sehe meine Familie im Moment nicht so viel. Wie viele andere Menschen haben wir drei die sozialen Kontakte ziemlich heruntergefahren. Es ist schon komisch, wenn ich mir mittags in Schwenningen kurz etwas zum Essen holen und die Stadt wie ausgestorben scheint.

Die Arbeit geht Ihnen aber auch in diesen unnormalen Zeiten auch nicht aus?

Nein, überhaupt nicht. Es gibt viele Dinge noch abzuarbeiten. Es gilt zudem, viele Dinge vorzubereiten, die uns in der Zukunft betreffen.

Über die wir – auch im Eishockey – noch zu wenig wissen.

Das sehe ich auch so. Es gibt hinsichtlich der neuen Saison viele unbekannte Faktoren. Einige Eishockey-Standorte in Deutschland wird es wirtschaftlich sehr treffen und sie sind möglicherweise von der Insolvenz bedroht, vielleicht mit Abstrichen sogar auch einer der großen Clubs mit denen man aktuell nicht rechnet. Darunter würde dann auch die so wichtige Nachwuchsarbeit in Deutschland leiden, was wir unbedingt vermeiden müssen.

Drohende Insolvenz – das ist ein angsteinflößender Begriff.

Wollen wir nicht hoffen das es soweit kommt. Dennoch kann kein Klub zum jetzigen Zeitpunkt eine Aussage darüber treffen, wohin sein Weg – in wirtschaftlicher Hinsicht – führen wird. Ich bin mir allerdings jetzt schon sicher, dass alle Klubs ihre bisherigen Etats herunterfahren müssen und dass sich die Spielergehälter dementsprechend anpassen werden. Es kann in diesen Punkten im deutschen Eishockey zu einer Selbstreinigung kommen. Diese kann auch positiv wirken, aber auch manchen Klub absolut an seine Existenzgrenze bringen.

Konkret auf Schwenningern bezogen: Wie kann man sich gerade Ihren Gesprächsaustausch mit den bisherigen Sponsoren der Wild Wings vorstellen?

Der Austausch ist uns immer wichtig ob in guten oder in schwierigen Zeiten. Aus meiner Sicht haben wir mit der Corona-Pandemie und ihren Einschränkungen alle noch sehr viel zu bewältigen – egal ob beruflich oder privat. Deshalb gehen wir an dieses Thema momentan noch defensiv heran, denn alles andere wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht angebracht. Wir alle müssen abwarten, in welchem Zeitrahmen sich diese große Krise bewegen wird.

13 Spieler sind bislang bei den Wild Wings für die kommende Saison unter Vertrag. Es sollen Verträge von weiteren Neuzugängen bereits in der Schublade liegen.

Das stimmt, aber es ist jetzt in unseren Augen nicht der richtige Zeitpunkt, diese offiziell bekanntzugeben.

Trainer Niklas Sundblad und Manager Christof Kreutzer scouten aber momentan weiter?

Das scouten ist aufgrund der Situation in allen Ligen weltweit ja leider nur noch über Videoaufzeichnungen möglich. Natürlich tauschen sich beide aber regelmäßig aus und führen auch Vorgespräche, was sehr wichtig ist. Aber es finden aktuell keine finalen Verhandlungen statt, weil zu viel offen ist.

Sie regen an, dass die für die neue Saison geplante Auf- und Abstiegsregel um ein weiteres Jahr verschoben wird.

Ja, aber nicht weil ich hier in Schwenningen arbeite, sondern weil ich denke, dass es für alle Klubs der DEL und der DEL2 in der neuen Saison nur gut sein kann, wenn man in dieser Frage den Druck aus dem Kessel herausnimmt. Sprich – der wirtschaftliche Zwang wird dann für die Klubs ein wenig gemindert, die sportlich bei der Abstiegsfrage involviert sein könnten.

Weiß man bei der DEL schon von Ihrem Vorschlag?

Sagen wir einmal so, über diese Variante wurde schon einmal gesprochen, aber das habe nicht ich zu entscheiden. Es gibt Richtlinien und Abmachungen und daran werden wir uns alle halten. Dennoch sollte die komplette Eishockey Familie – ob DEL oder DEB – nun mit Weitblick die weitere Entwicklung beobachten und wenn es notwendig ist, unbedingt auch die richtigen Entscheidungen zum Wohl des Eishockeys in ganz Deutschland treffen.

Wäre es auch eine Lösung, um Zeit zu gewinnen, die neue Saison – nach NHL-Vorbild – erst im Oktober beginnen und dann vielleicht bis Ende Mai 2021 laufen zu lassen?

Diese Lösung erschien mir auf den ersten Blick auch plausibel. Aber es werden sich bei so einem Plan viele neue Fragen ergeben: Wie sollen die Spielerverträge korrigiert werden, wenn die Vorbereitung einen Monat später beginnt? Haben die großen Arenen in der DEL überhaupt bei so einer nach hinten verschobenen Saison noch Kapazitäten für die verspäteten Play-offs frei? Ein späterer Saisonbeginn ist alles andere als unkompliziert.

Wird der Umbau in der Helios-Arena doch verzögert?

Nach jetzigem Stand eigentlich nicht. Die Firmen stehen bereit. Aus meiner Sicht wäre es gut, wenn die Arbeiten in diesem Frühjahr und Sommer durchgezogen werden.  

Die Fragen stellte Michael Bundesmann.