Eishockey: Kapitän Marcel Goc führt Deutschland ins Olympia-Finale – und in seiner Heimatstadt ist der Jubel groß
Ein historischer Moment: Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft besiegt Kanada und steht damit im olympischen Finale. Besonders groß ist der Jubel in der Heimatstadt von Kapitän Marcel Goc – in Calw.
Mit Tränen in den Augen stand Marcel Goc gestern nach dem 4:3-Sieg im olympischen Halbfinale gegen Kanada vor den Fernsehkameras. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin einfach nur happy", strahlt der Kapitän der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, der eines der vier Tore vorbereitet hatte – und das ausgerechnet am Geburtstag seines Sohnes.
Die ein oder andere Träne ist auch in Calw geflossen, wo der Rest der Familie Goc vor dem Fernseher gesessen hat – in Stammheim, in Holzbronn und auch in Ottenbronn. Dort wurde mit dem 34-jährigen Sprössling mitgefiebert, der seit 2015 in der Deutschen Eishockey-Liga bei den Adlern Mannheim unter Vertrag steht.
Genau dort verfolgten auch die beiden Brüder Sascha und Nikolai Goc den Finaleinzug gemeinsam am Fernsehen. Auch sie sind Eishockey-Profis und standen gestern beim Abschiedsspiel von Jochen Hecht und Ronny Arendt in der Mannheimer SAP-Arena auf dem Eis. Ihnen erging es dabei nicht anders als ihrem Bruder und dem Rest der Familie in Calw. "Wir haben auch fast geheult", gestand Sascha Goc. Der Sieg sei "ein historisches Ereignis" für das deutsche Eishockey, aber eben auch für die Familie Goc. "Jetzt haben wir auf jeden Fall eine olympische Medaille im Haus", jubelt Sascha Goc.
Mit seinem jüngeren Bruder hält der 38-Jährige, der zuletzt für die Schwenninger Wild Wings aktiv war, seit Beginn des olympischen Eishockey-Turnieres Kontakt, auch wenn sich das aufgrund der Zeitverschiebung und der Fokussierung auf den Sport auf SMS beschränkt. "Die haben in Südkorea natürlich ihr Programm", weiß Sascha Goc, der bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft umso genauer hinschaut: "Wir wissen ja, um was es geht. Wir können das einschätzen, was das für ein Gefühl ist, auf dem Eis zu stehen." Tipps gibt der ältere dem jüngeren Bruder aber nicht. "Wir unterhalten uns zwar über Kleinigkeiten, aber er ist ja ein wirklich sehr erfahrener Spieler", betont Sascha Goc.
Bei aller Bescheidenheit: Auch Sascha Goc weiß genau, wie sich Olympia anfühlt. 2006 stand er – zusammen mit Marcel Goc – in Turin für Deutschland auf dem Eis. "Ein besonderes Erlebnis", schwärmt der ältere Bruder noch heute. Damals schied die deutsche Auswahl in der Vorrunde aus. Einer der Gegner war Kanada, es setzte eine 1:5-Niederlage. Gestern nahm Marcel Goc erfolgreich Revanche.
Und wie hat der jüngere Bruder seinen Job auf dem Eis im Gangneung Hockey Centre gemacht? "Sehr routiniert. Er hat sich voll reingehängt und ist ein richtiger Führungsspieler", sagt Sascha Goc, der in Schwenningen ebenfalls lange Jahre Kapitän war.
Er hofft nun, dass die Olympia-Medaille dem Eishockey in Deutschland neuen Schub gibt. "Ich wünsche mir, dass die Sportart mehr Aufmerksamkeit bekommt. Leider sind ja in Deutschland alle Augen auf Fußball gerichtet", bedauert der 38-Jährige, der sich auch für den Kreis Calw einen positiven Effekt wünscht. Dort hat sich der ESC Bad Liebenzell zwar schon vor Jahren vom Spielbetrieb abgemeldet, inzwischen geht es im Jugendbereich aber wieder voran. "Das ist natürlich toll, Bad Liebenzell in der Nähe zu haben, auch wenn ich dort nie gespielt habe. Das gibt es in Deutschland längst nicht überall, einen Eishockey-Verein in der Nähe zu haben", unterstreicht Sascha Goc und lobt: "In Calw wird ja mit Benjamin Knoll an der Spitze generell sehr viel für den Sport getan. "
Jetzt sind aber erst einmal alle Augen auf das Finale gerichtet, das am morgigen Sonntag um 5.10 Uhr deutscher Zeit beginnt. Gegner sind die olympischen Athleten aus Russland. Dann werden auch Sascha und Nikolai Goc in Calw dabei sein. Rund 30 Personen wollen sich trotz der frühen Uhrzeit vor dem Fernseher versammeln und Marcel Goc die Daumen drücken. Sollte Deutschland das Gold-Wunder schaffen, herrscht Tränen-Garantie.
