Karin Huonker in ihrem Laden, der "ihr Leben" ist, wie sie sagt. Sie nimmt nur für das Foto mit viel Abstand kurz die Maske ab. Ansonsten muss die gesundheitlich angeschlagene 64-Jährige Vorsicht walten lassen. Foto: Otto

Inhaberin Karin Huonker: "Es blutet mir das Herz". Corona-Situation trägt zu Schließung bei.

Ihr herzhaftes Lachen hat Karin Huonker nicht verloren, auch wenn die Zeiten schon besser waren. Die langjährige Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins hat sich nach einer schweren Krebsdiagnose wieder aufgerappelt. Doch nun steht ein weiterer schwerer Schritt bevor. Sie schließt ihr traditionsreiches Lederwarengeschäft.

Rottweil - Karin Huonker sitzt in ihrem kleinen Büro im ersten Geschoss von "Lederwaren Hügel" in der Unteren Hauptstraße. Unten im Laden ist viel los – so viel, wie eben unter Corona-Bedingungen möglich ist. Große Banner draußen vor dem Geschäft kündigen an, was sich viele Rottweiler noch gar nicht recht vorstellen können: Lederwaren Hügel, eins der alteingesessenen Geschäfte in der Stadt, schließt. Und Karin Huonker tut das doppelt weh – nicht nur wegen des Ladens, der "ihr Leben" ist, sondern auch weil ausgerechnet sie, die seit vielen Jahren in vorderster Reihe für eine lebendige, attraktive Innenstadt kämpft, nun aufhören muss.

Starker Umsatzeinbruch

"Corona hat die Entscheidung jetzt noch beschleunigt. Mir blutet wirklich das Herz", so die 64-Jährige. Zu ihrer Krebserkrankung, die sie lange Zeit völlig außer Gefecht setzte und mit der sie weiter zu kämpfen hat, kam in diesem Jahr ein deutlicher Umsatzeinbruch. "Allein das Geschäft mit Reisegepäck hatte bei uns einen Riesen-Umsatzanteil", berichtet sie. "Das hat jetzt einfach gefehlt – und das kannst du auch anderweitig nicht reinholen." Sie und ihr Bruder Hanspeter Hügel, mit dem sie die Geschäfte gemeinsam führt, sind nun schweren Herzens zu dem Entschluss gekommen, das Geschäft in Rottweil zu schließen. Der Laden in Villingen wird weiterlaufen.

Seit der Räumungsverkauf läuft, ist viel los, freut sich Huonker. "Die letzte Woche war wirklich super." Gleichzeitig erhält sie viele Rückmeldungen, wie sehr der Verlust des Geschäfts bedauert wird. "Wir haben ein sehr enges Verhältnis zu unseren Kunden", sagt sie. Schließlich gibt es bei Lederwaren Hügel für jede Generation etwas – vom Kinderschultäschchen über Schulranzen und der passenden Tasche für die weiterführende Schule bis zur Handtasche. Viele Stammkunden kommen seit Jahrzehnten – das verbindet.

Karin Huonkers Eltern haben den Laden in der Unteren Hauptstraße im Jahr 1968 von Hilde Reuter übernommen. Diese wiederum hatte das Geschäft schon 1948 in der Hochmaiengasse gegründet. Karin Huonker ist in und mit dem Laden groß geworden. "Ich habe dort gelernt, war mal ein Jahr weg und bin dann wiedergekommen." Vor rund 20 Jahren haben sie und ihr Bruder die Geschäfte übernommen.

Immer rührig für den GHV

Seither hat sich viel getan in Rottweil – und das ist mit ein Verdienst von Karin Huonker. Immer strahlend, immer gut gelaunt steht sie seit Jahrzehnten an vorderster Front beim Gewerbe- und Handelsverein, wenn es darum geht, neue Ideen für die Innenstadt zu entwickelt, Projekte voranzubringen und die Werbetrommel zu rühren. Sie war im Ausschuss, dann zweite Vorsitzende, acht Jahre lang, bis 2017, war sie Vorsitzende und seither unterstützt sie den Vorsitzenden Detlev Maier als Stellvertreterin.

Neue Mitte ein Meilenstein

Ein Meilenstein war zweifellos die Neugestaltung von Rottweils Mitte. "Damals haben wir mit Magnus Hugger sehr gekämpft für die Umgestaltung der Neuen Mitte wie sie jetzt ist und darum, dass auch die Untere Hauptstraße mit einbezogen wird", erinnert sie sich. Genau wie an die große Leistungsschau, die Weiterentwicklung des Weihnachtsmarkts und die großen Veranstaltungen, bei denen sogar ein Riesenrad als Attraktion in der Stadtmitte stand. "Die Einweihung der Nordumgehung, die Einweihung von Rottweil-Mitte, das Turmfest… und das Parkplatzthema hat uns auch über viele Jahrzehnte hinweg begleitet", lacht sie und meint: "Es geht uns manchmal halt doch zu langsam."

Toll findet sie die Entwicklung in der Unteren Hauptstraße, mit neuer Gastronomie und attraktiven Läden. "Ich hoffe, dass sich auch für diesen Laden eine gute Nachfolge findet." Noch bis einschließlich Januar soll der Räumungsverkauf dauern. Je nach Warenbestand wäre auch noch eine Verlängerung möglich, sagt sie. Im Frühjahr bei der Hauptversammlung des Gewerbe- und Handelsvereins möchte Karin Huonker dann auch das Amt als zweite Vorsitzende abgeben. "Aber ich werde dem Verein gerne noch beratend zur Seite stehen", versichert sie.

Einiges durchgemacht

So ganz ohne Arbeit, so ganz ohne Aufgabe – das kann sich Karin Huonker dann doch nicht vorstellen. Schon jetzt seien es die "Highlights der Woche", wenn sie ins Büro gehen und mithelfen kann, lacht sie. Sie hat seit der Diagnose im Juli vergangenen Jahres schwere Operationen überstanden, war jetzt "zum ersten Mal in meinem Leben" drei Wochen in Reha. Und sie hat ein großes Ziel: "Als es mir ganz schlecht ging, bekam ich von den GHV-Kollegen und der Stadt eine extra angefertigte Eintritts-Dauerkarte für die Landesgartenschau 2028. Die will ich schon auf jeden Fall noch einlösen", sagt sie lachend. Mit ihrer Energie und ihrer positiven Einstellung kann es daran keinen Zweifel geben.