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Die Stadtverwaltung hat am Montag neue Zahlen zur Einwohnerentwicklung Stuttgarts vorgelegt. Bisherige Prognosen wurden damit revidiert. In der Landeshauptstadt sollen 2025 mehr Menschen als heute leben.

Stuttgart- Die Stadtverwaltung hat am Montag neue Zahlen zur Einwohnerentwicklung Stuttgarts vorgelegt. Bisherige Prognosen wurden damit revidiert. In der Landeshauptstadt sollen 2025 trotz des bundesweit angenommenen Bevölkerungsrückgangs mehr Menschen als heute leben.

Stuttgart - Seit bald zwei Jahrzehnten kämpft die Landeshauptstadt nicht nur mit der fortschreitenden Alterung der Gesamtbevölkerung, sondern auch damit, dass Stuttgarter in der Familienphase ins nahe Umland abwandern. Im Speckgürtel lockt vergleichsweise günstigerer oder bei gleichem Obolus größerer Wohnraum. Verwaltung und Gemeinderat haben darauf mit verschiedenen Fördermodellen von der Grundstücksverbilligung bis zu direkten Zuschüssen zum Wohnungskauf reagiert.

Trotz der Zuschüsse prognostizierten die Statistiker im Rathaus in den Jahren 2002 und 2005 Stuttgart eine schwindsüchtige Zukunft. Rund 30.000 Einwohner sollte die Stadt bis 2020 verlieren. In der Folge würde aus Kostengründen mit einer schwindenden Infrastruktur und ausgedünnter Nahversorgung gerechnet werden, warnte 2005 Finanzbürgermeister Michael Föll. Er forderte zusätzlichen Wohnungsbau, mit dem die Stadt attraktiv gehalten werden könnte.

Bebaubare Flächen haben sich seit 2002 verdoppelt

Der Gemeinderat reagierte tatsächlich auf den Appell und billigte 2008 die neue Zeitstufenliste Wohnen des Stadtplanungsamts. In ihr sind 22.000 neue Wohneinheiten geplant. Davon sollen sich allein 7000 auf heutigen Gleisflächen finden. Durch das Projekt Stuttgart 21 mit dem neuen Durchgangsbahnhof könnten sie von 2020 an zur Verfügung stehen.

"Die bebaubaren Flächen sind gegenüber unserer Prognose von 2002 verdoppelt worden, wir rechnen statt mit 11.700 jetzt mit 22.000 Wohnungen", nennt Thomas Schwarz, der Leiter des Statistikamts, einen Grund für die neuen, deutlich hoffnungsvolleren Zahlen.

Doch nicht nur die zusätzlichen Baumöglichkeiten sollen dafür sorgen, dass die Bevölkerungszahl von 593.070 (Ende 2008) bis 2025 mit 594.500 mehr als konstant bleibt. Zwischen den beiden Zahlen liegt eine leichte Wellenbewegung.

Stuttgart soll nicht schrumpfen

"Der Trend zur Abwanderung ins Umland scheint zu schwächeln oder sich sogar aufzulösen", sagte Bürgermeister Martin Schairer bei der Vorlage der Zahlen. Die Statistiker nennen dies "rückläufige Suburbanisierungstendenzen". "Gut die Hälfte derer, die aus Stuttgart wegziehen, wäre gerne hier geblieben, das stellen wir in Umfragen immer wieder fest", so Thomas Schwarz.

Die Großstadt also feiert ihr Comeback. Innerstädtische Wohngebiete wie der Westen und Süden sind seit einigen Jahren wieder gefragt, auch ältere Menschen aus dem Umland ziehen - siehe das neue Augustinum auf dem Killesberg - nach Stuttgart, weil sie sich hier besser versorgt sehen. Für die Städte im Umland sieht Schwarz übrigens Probleme.

Ein Risiko ist die Volkszählung

Die großen Aufsiedlungen in Neubaugebieten würden in den nächsten Jahrzehnten dazu führen, dass das Umland im Durchschnitt stark altere. In Stuttgart liegt das Durchschnittsalter schon heute bei 42 Jahren, 2025 wären es 43. Rückläufig wird sich die Altersklasse der "jungen Alten" zwischen 65 und 75 Jahren entwickeln, die aus den geburtenstarken 1930er-Jahrgängen resultiert. Ab 2020 wird die Altersklasse der Hochbetagten mit mindestens 85 Jahren um jährlich drei Prozent wachsen.

Halte die neu gewonnene Attraktivität Stuttgarts an und zeige die Wirtschaft "eine ausgeglichene Entwicklung", könne sich die Prognose erfüllen, sagt Schairer. Ein Hebel, um junge Menschen nach Stuttgart zu ziehen, seien auch die Universitäten. Zentral aber ist die Verfügbarkeit von zentrumsnahen und attraktiven Wohnungen. Mindestens 25 Prozent der neuen Wohnungen sollen von Zuziehenden belegt werden.

Ein Risiko der neuen Rechnung ist die Volkszählung, die 2011 stattfinden und die bundesweiten Karteileichen in den Meldeämtern aufdecken soll. Um fast eine Million werde die Gesamtbevölkerung schmelzen, rechnen Statistiker. "Unsere Melderegister sind ordentlich geführt", sagt Thomas Schwarz. Wie der Zensus letztlich ausgehe, sei "spekulativ". Die neue amtliche Einwohnerzahl soll 2013 feststehen. Dann könnte es eine neue Prognose geben.