Immer mehr Menschen wünschen für sich oder ihre Angehörigen andere Arten der Beisetzung wie zum Beispiel in einem Bestattungswald. Auch in Schramberg ist das inzwischen möglich.
Wer einen nahen Angehörigen verliert und selbst nicht mehr ganz jung ist, für den sind 20 oder 30 Jahre Grabpflege ein große Herausforderung. Die Lösung dafür heißt für viele „Pflegefreiheit“. Zumal bei der heutigen Mobilität andere Verwandte oft weit verstreut in Deutschland oder gar im Ausland leben. Deshalb sind die Ergebnisse der Befragung eines repräsentativen Ausschnitts der deutschen Bevölkerung zu ihren Bestattungswünschen nicht überraschend, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas getätigt hat: Nur noch 25 Prozent wünschen sich ein klassisches Sarg- oder Urnengrab auf dem Friedhof, fast genau so viele dagegen die Beisetzung im Bestattungswald (24 Prozent), gefolgt von einer pflegefreien Beisetzungsform auf einem Friedhof (16 Prozent).
Auf den Friedhöfen in Schramberg nehmen die Urnen- gegenüber den Erdbestattungen mit leichten Schwankungen weiterhin zu, wie eine Anfrage unserer Redaktion bei der Stadtverwaltung ergab: Ihr Anteil an allen Bestattungen stieg von 68 Prozent im Jahr 2014 auf knapp 78 Prozent im Jahre 2024. Wobei der Anteil im Jahr 2023 mit knapp 87 Prozent Urnenbestattungen sogar noch höher lag.
Mittlerweile gibt es auch in Schramberg die Möglichkeit, die Urne eines Verstorbenen in einem Bestattungswald beizusetzen. Im Juli diesen Jahres wurde der Bestattungswald „Falkensteiner Ruh“ oberhalb der Falkensteiner Kapelle eingeweiht. Er gehört als Teil der städtischen Friedhofseinrichtungen zur Stadt Schramberg.
Wie die Bestattung abläuft
Als Betreiberin hat die Forstverwaltung Graf von Bissingen das naturbelassene, teils steile Gelände erschlossen, Parkplätze und Wege angelegt sowie die möglichen Bestattungsbäume gekennzeichnet.
Seit 2014 haben Graf und Gräfin Ferdinand und Leonie von Bissingen das Projekt des Urnenwaldes verfolgt und einige bürokratische Hürden bewältigt. „Inmitten unberührter Natur schafft der Wald einen würdevollen Rahmen für Urnenbeisetzungen – ein Ort, der Raum für Trauer, Glauben und persönliches Gedenken lässt“, erklärte Graf von Bissingen beim Rundgang durch den Wald beim Termin mit unserer Redaktion.
Mögliche Bäume für eine Bestattung sind blau markiert. In einem Umkreis von zwei Metern wird die Urne beigesetzt. Als Vorbereitung für die Bestattung wird eine 60 bis 80 Zentimeter tiefe runde Grabstelle ausgehoben. Die Erde wird daneben aufbewahrt, die Öffnung vorläufig mit einer Holzscheibe gesichert. Nach dem Einsetzen der Urne wird wieder alles mit Erde und Moos bedeckt. Ein Namensschild am Baum enthält auch das Geburts- und Sterbedatum.
„Jeder Bestattungsbaum wurde geotechnisch ausgemessen, die Grabstelle und der Weg dorthin können auf der Onlinekarte im Smartphone angezeigt werden“, erläuterte Graf von Bissingen.
Verzicht auf Kerzen und Grabschmuck
Alles erreichbar durch Naturpfade mit neun bis elf Prozent Steigung. Mit guten Schuhwerk seien auch individuelle Zugänge quer durch den Hang möglich. Zum Schutz der Natur soll auf das Aufstellen und Anzünden von Kerzen sowie das Anbringen von Grabschmuck verzichtet werden. „Der Wald soll Wald bleiben“, erklärte Graf von Bissingen.
Ob es eine stille Beisetzung oder eine feierliche Zeremonie in der Falkensteiner Kapelle oder am Andachtsplatz geben soll, entscheiden die Angehörigen. So bekommt auch die Kapelle eine neue Aufgabe. In deren Unterhalt fließen die Erlöse für die Bestattungen ein.
Zum Abschluss des Rundgangs führte Graf von Bissingen noch zu einem Aussichtspunkt am oberen Ende des Geländes. „Kein Urnenwald ist sonst so nah an der Stadt und hat einen solch schönen Blick darauf“, versicherte er.