Bei den Rhein-Valley-Squeezers in Tutschfelden: Die Choreographie, die beim Square Dance getanzt wird, kennt im Vorhinein nur der Caller, erklären Antje Mette (Dritte von rechts) und Tobias Wacker (Erster von rechts). Foto: Decoux

Als die Kanadier in Lahr stationiert waren, brachten sie auch eine besondere Art zu tanzen mit in die Region, die sehr populär wurde: Square Dance.

Herbolzheim - Als die Kanadier in Lahr stationiert waren, brachten sie auch eine besondere Art zu tanzen mit in die Region, die sehr populär wurde: Square Dance. Viele der früheren Clubs sind inzwischen verschwunden. Im Sportheim des Herbolzheimer Ortsteils Tutschfelden gibt es jedoch noch weiterhin eine Gruppe, die Rhein-Valley-Squeezers. Zu den Mitgliedern zählen auch Antje Mette aus Ettenheim und ihr Lebensgefährte Tobias Wacker. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklären sie, wie Square Dance funktioniert, warum ihnen das Tanzen so viel Freude bereitet und warum man es problemlos weltweit tanzen kann.

Frau Mette, Herr Wacker, wie lange tanzen Sie schon Square Dance?

Tobias Wacker: Seit 41 Jahren. Ich habe mit 15 Jahren angefangen, als die Kanadier noch in Lahr waren.

Antje Mette: Bei mir sind es 13 Jahre, damals hatte ich noch in Staufen gewohnt. Ich tanze sehr gerne, aber man braucht dazu oft einen festen Partner. Das ist besonders als Frau schwierig, weil meist mehr Frauen als Männer dieses Hobby haben. Also habe ich etwas gesucht, wo ich unabhängig tanzen kann. Bei einem Tag der offenen Tür wurde ich auf die Vorzüge des Square Dance aufmerksam. Bei diesem können etwa auch problemlos zwei Frauen miteinander tanzen, wenn eine den Männerpart übernimmt. Von den 69 Figuren, die man kennen muss, sind vielleicht neun unterschiedlich. Square-Dance-Vereine sind wie eine große Familie, eine Gesellschaft, wo man rauskommt und Leute trifft – das hat mir von Anfang an gefallen.

Wie läuft denn das Tanzen beim Square Dance ab?

Antje Mette: Wie die englische Bezeichnung "Square", also Quadrat, schon verrät, tanzen wir im Viereck. Dabei steht an jeder Seite ein Tanzpaar, von denen einer den Männer- und einer den Frauenpart tanzt. Es braucht also immer vier Pärchen zum Tanzen oder eben acht, zwölf oder 16 und so weiter. Zusätzlich braucht man zur Musik noch einen "Caller", einen Ansager. Er sucht die Musik aus, steht außerhalb der Tanzenden und ruft ihnen mit Hilfe eines Mikrofons zu, welche Figuren getanzt werden. Diese können einfach oder kompliziert sein, zudem wechselt man auch seinen Partner während des Tanzes.

Die Tänzer selbst wissen am Anfang also gar nicht, wie der Tanz aussieht?

Antje Mette: Nein, nur der Caller weiß, wie der Tanz aussehen wird. Es ist seine Aufgabe ihn so zu gestalten, dass am Ende jedes Tanzes innerhalb des Quadrats jeder Frauenpart mit jedem Männerpart getanzt hat und jeder wieder auf seiner Ausgangsposition bei seinem ursprünglichen Partner steht.

Das klingt herausfordernd...

Antje Mette: Ja, es gibt keine feste Choreographie, man muss also gut aufpassen. Der Tanz an sich soll nämlich trotzdem fließend aussehen. Es ist aber schön und lustig, wenn man merkt: Wir kommen alle dorthin, wo wir hinwollen. Square Dance ist nicht nur eine körperliche Ertüchtigung, es hält auch den Geist fit. Viele unserer Tänzer sind kurz vor oder über 80 und haben immer noch Spaß am Square Dance.

Tobias Wacker: Zudem gibt es bei den Tänzen eine Grundregel: Während getanzt wird, gibt es keinen Alkohol. Erst bei der After-Party darf getrunken werden.

Ist es ein Problem, immer die passende Anzahl Pärchen zusammenzubringen?

Antje Mette: Dank Tools wie "Doodle" und "Whats App" kann man sich eigentlich ganz gut organisieren. Vier Paare sind die Mindestvoraussetzung für den Square Dance, acht Paare gibt es oft, zwölf seltener. Aber leider sind auch wir vom Vereinssterben bedroht. Junge Tänzer kommen nur wenige nach, immer mehr Clubs – wie etwa vor einigen Jahren die in Offenburg und Lahr – mussten schließen.

Wie viele Mitglieder sind es in Tutschfelden?

Antje Mette: Rund 25.

Muss man schon etwas können, bevor man mitmachen kann?

Antje Mette: Ja, man muss zunächst in einem Club die Stufen "Basic" und "Mainstream" machen, um die 69 Figuren zu lernen. Das dauert etwa ein halbes bis ein dreiviertel Jahr. In der Region geht das etwa im "Square Dance Club Emmendingen". Hat man es aber erst einmal gelernt, ist es wie in einer großen Familie. Und Angst vor dem Square Dance muss man keine haben. Beim Square Dance sind wir eine große Familie und in der gibt es gewisse Grundregeln. Eine davon ist: Neuen und unsicheren Tänzern reicht man die Hand, versucht sie also zu unterstützen und ihnen zu zeigen, wo sie beim Tanzen hinmüssen. Das ist das, was ich am Square Dance wirklich schätze: Das angenehme Miteinander, dass man gewillt ist, neuen Tänzern zu helfen, damit sie Spaß am Tanzen haben und sich geborgen fühlen.

Gibt es noch etwas, was Ihnen am Square Dance besonders gut gefällt?

Tobias Wacker: Ja, dass man es auf der ganzen Welt tanzen kann. Ich habe etwa schon in Holland, Schweden oder Kanada getanzt, die Figuren sind überall dieselben. Wenn ich Urlaub mache, schaue ich mir an, welche Clubs es gibt, wann sie ihren Clubabend haben und kann einfach mitmachen.

Antje Mette:Das gefällt mir auch, das ist zum Beispiel beim Line Dance, den ich auch eine Zeit lang gemacht habe, anders. Dort sind die Figuren zwar immer gleich, aber die Choreographien oft unterschiedlich. Das fand ich ein wenig schade.

Tobias Wacker: Und noch etwas gefällt mir beim Square Dance gut: Man ist immer per »Du«, egal, wer mit wem tanzt.

Antje Mette: Auch das Gender-Problem ist dabei egal. Zwar muss bei jedem Tanzpaar einer den Männer- und einer den Frauenpart übernehmen, aber davon abgesehen, ist es völlig egal, ob zwei Männer, zwei Frauen oder ein Mann und eine Frau miteinander tanzen.

Wie kommt es zu Auftritten wie dem in Altdorf?

Antje Mette: Für das Countryfest in Altdorf bin ich von einer Kollegin gefragt worden, die auch tanzt. Wir haben dann im Verein herumgefragt, so dass wir vier Paare waren. Normalerweise gehen wir aber eher auf Specials.

Was ist ein Special?

Tobias Wacker: Das ist eine größere Square-Dance-Veranstaltung, bei der ein Club mehrere andere Clubs zum Tanzen einlädt.. Vor Corona waren wir nahezu jedes zweite Wochenende unterwegs. Beim Square Dance ist man eine große Gemeinschaft, weil man sich immer wieder beim Tanzen trifft. Es ist wie ein großer Freundeskreis, den man sich immer weiter aufbaut – besonders wenn man abends nach dem Tanzen noch bei einem Gläschen zusammensitzt.

Das Gespräch führte Julia Göpfert.

Kein Line Dance

"Square Dance" und "Line Dance" werden oft verwechselt, da beide auf Musik aus den Bereichen Country und  Pop zurückgreifen. Tatsächlich aber handelt es sich dabei um zwei verschiedene Tanzformen. Zum einen unterscheiden sie sich optisch: Während beim Square Dance im Quadrat getanzt wird, gibt es beim Line Dance Linien und Reihen. Zudem ist beim Square Dance die Anzahl der Tänzer genau festgelegt. Während beim Square Dance die Tänzer spontan den Ansagen des Callers folgen, ist der Line Dance eine fest choreographierte Tanzform.