Der einst im fotografierten Gebäude angesiedelten Rennbachbrauerei dienten zwei talaufwärts gelegene kleine Seen zur Eiserzeugung. Foto:  

Ein Gesuch auf Genehmigung der Klebstoff-Herstellung mit Knochenmühle bewegte vor 150 Jahren Wildbad. Die Änderung des Antrags auf eine Brauerei mit Wasserwerk war der Ausweg. Eis zur Kühlung wurde am Rennbachsee erzeugt.

Die Geschäfte von Uhrmacher Hagmaier und Schreiner Schulmeister in Wildbad schienen vor 150 Jahren so gut zu laufen, dass sie den neuen Betriebszweig Errichtung einer „Leimfabrik nebst Knochen-Mühle“ im Rennbachtal ins Auge fassten.

 

Dies ergibt sich aus einer Bekanntmachung des Königlichen Oberamts Neuenbürg im „Enzthäler“ vom 11. Juni 1874, nach der die Beschreibungen, Pläne und Zeichnungen zur Einsichtnahme aufgelegt waren.

Alter Zeitungsbericht

„Etwaige Einwendungen sind binnen 14 Tagen anzubringen“, war vermerkt. Dies gefiel wahrscheinlich manchen Einwohnern des Kurorts und offensichtlich den Behörden gar nicht.

Verunreinigung von Luft und Wasser

Am 11. März 1875 war im gleichen Blatt, mit den Untertiteln „Anzeiger & Unterhaltungsblatt für das ganze Enzthal und dessen Umgegend. Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Neuenbürg.“, zu lesen: „In neuster Zeit war Wildbad in Gefahr in seinem nächstliegenden, wegen der reinen Luft, des klaren Wassers und der Waldesstille mit Vorliebe besuchten Seitenthal eine Knochenmühle und eine Leimfabrik errichtet zu sehen und damit seiner Naturreitze verlustig zu werden.“ Weiter erläutert der alte Zeitungsbericht, dass um die Genehmigung „dieser lästigen Gewerbeanlage“ bei der Regierung des Schwarzwaldkreises nachgesucht worden sei. Die zuständige Regierung des Schwarzwaldkreises in Reutlingen entsprach als Mittelbehörde etwa einem heutigen Regierungspräsidium.

„Gewichtige Bedenken“

Vor Einleitung der öffentlichen Verhandlung beim Oberamt Neuenbürg äußerte der Schwarzwaldkreis laut Zeitungsbericht gegenüber den Antragstellern seine „gewichtigen Bedenken“, verbunden mit der Hoffnung, dass diese „aus eigenem Antrieb ihr Konzessionsgesuch zurücknehmen“. In richtiger Einsicht hätten diese von der beabsichtigten Fabrikanlage Abstand genommen, „in welcher die Vertreter der Stadtgemeinde Wildbad hinsichtlich der Verunreinigung von Luft und Wasser und der Annehmlichkeit der Badegäste einen Nachteil nicht hatten erkennen wollen.“

Bierbrauerei mit Wasserwerk

So seien Wildbad und Umgebung vor einer selbst bei sorgfältigster Betriebseinrichtung unvermeidbaren Gefährdung und der widerlichen Anhäufung der zu transportierenden Rohstoffe am Bahnhof nunmehr glücklicherweise bewahrt.

Eis erzeugt

Am 18. Mai 1875 teilt dann das Oberamt Neuenbürg in einer Bekanntmachung mit, dass Uhrmacher Hagmaier und Schreiner Schulmeister auf den Parzellen 359 und 360 im „sogenannten Rennbachthale“ eine Leimfabrik zu errichten aufgegeben haben.

Jetzt beabsichtigten sie eine Bierbrauerei mit Wasserwerk zu errichten. Diese entstand dann rasch und war bis 1920 unterhalb vom heutigen Schützenhaus in Betrieb. Deren Hinterlassenschaft ist der kleine Rennbachsee, der auf der Höhe unter der Regie des inzwischen den Ruhestand genießenden Forstbezirkschefs Michael Conrad und von Revierleiter Oliver Gall im Jahr 2014 vor dem Versanden gerettet und als Erholungsanlage hergerichtet wurde. Auf diesem und einem ähnlichen Teich ein Stück talwärts wurde zu Brauereizeiten und auch danach bis vor drei Jahrzehnten in den dazu damals noch geeigneten Wintern Eis erzeugt.

Dieses landete im Eiskeller der Brauerei und wurde vor allem in den Sommermonaten genutzt.

Zuletzt diente es einem Bierhandel zu Kühlzwecken. Ältere Einwohner Wildbads erinnern sich, dass der Gerstensaft nach dem Krieg beim Ausfahren mit dem Handkarren, später auf dem Lastwagen mit Stangen aus Rennbach-Eis frisch gehalten wurde.