Der 43-Jährige Sulgener Vitalis Lehmann soll die Besucher des Landratsamts Tuttlingen im Auge behalten und notfalls eingreifen. Dabei erlebt er manch Kurioses.
„Ich habe hier ständig etwas zu tun“, sagt Sicherheitsmann Vitalis Lehmann. Er muss lachen: „Es gibt auch lustige Begebenheiten.“ Vitalis Lehmann ist in der Region kein Unbekannter – war er doch Starfußballer bei 08 Schramberg, beim FC Hardt und SV Sulgen. Zudem hat er ein Projekt zur Unterstützung armer Menschen in Kirgistan ins Leben gerufen, wo er seine ersten Lebensjahre verbrachte.
Seit Oktober 2020 ist Security im Landratsamt Tuttlingen vertreten. Damals wurde sie beauftragt, um die Einhaltung der Corona-Regeln durchzusetzen. „Eine dauerhafte Einrichtung war der Wunsch der Belegschaft“, so Nadja Seibert, Sprecherin des Landratsamts. Vor allem aus Ämtern, in denen es zu Konflikten mit den Besuchern kommen kann. Lehmann zählt sie auf: „Jobcenter, Jugendamt, Ausländerbehörde, Veterinäramt.“ Dort gebe es für ihn am meisten zu tun.
Im Veterinäramt? Warum das denn? Tatsächlich liege das daran, dass einige ihre Hunde mitbringen würden.
Die sind aber im Veterinäramt nicht erlaubt. „Wir dulden es, wenn die Besucher ihre Tiere auf dem Arm halten“, sagt Lehmann.
Doch erst kürzlich hat er einen frei laufenden Hund aus dem Gebäude entfernen müssen. „Sein Halter war damit nicht einverstanden.“ Auch den habe er dann hinausbegleitet.
Kurioser Fellnasen-Fall und Konfliktherde
Der Security-Mann ist seit einem Jahr im Landratsamt Tuttlingen eingesetzt. Diesen Fall hatte er auch schon: Ein Besucher des Jobcenters, der zwei Katzen in einer Tasche mit sich trug. Nein, auch das ist nicht erlaubt. Der Fall wurde so gelöst, dass Vitalis Lehmann mit der Tasche und den Katzen nach draußen ging.
Regelmäßig läuft der 43-Jährige seine Runden durch die Amtsgebäude in der Bahnhofstraße. Die Mitarbeiter können einen Notknopf drücken, falls sie sich durch einen Besucher bedroht, beleidigt oder in der Situation nicht wohlfühlen.
Sollte er gerade nicht im Gebäude sein, in dem der Notruf abgesetzt wird, rufen ihn die Mitarbeiterinnen am Empfang übers Handy an. Im Schnitt ist das ein- bis zweimal im Monat der Fall, vor allem gegen Ende des Monats, wenn das Jobcenter Geld ausbezahlt. „Einige sind nicht damit einverstanden, wie viel oder aus ihrer Sicht wie wenig sie bekommen“, sagt er. Oder dass das Geld noch nicht auf dem Konto sei. Großer Andrang habe auch durch die Einführung der Bezahlkarte geherrscht.
Vorgehen bei Eskalation
Wenn es nicht gelingt, die Situation zu beruhigen, begleitet das Security-Personal den renitenten Besucher – überwiegend sind es Männer, die ausfallend werden – nach draußen. Anfassen darf er ihn nicht, es sei denn aus Notwehr. Waffen oder Ähnliches hat er auch nicht. Wenn alles nichts nützt, wird die Polizei gerufen. Das war 2025 erst einmal der Fall.
Für bundesweit Aufsehen hat 2018 der Fall eines abgelehnten Asylbewerbers gesorgt. Said K. hatte sich auf den Weg zum Amt für Aufenthalt und Integration des Landratsamts Tuttlingen gemacht – mit einer Holzlatte, die mit Nägeln gespickt war.
Damit schlug er auf die Fensterscheibe eines Büros ein, zerstörte Computer und Telefonanlage. Die Mitarbeiterinnen konnten flüchten. Auf der Straße hielt er Autos an und drohte mit Schlägen mit der Holzlatte. Sozialdezernent Bernd Mager gelang es, den Angreifer niederzuringen und zu fixieren. Damals war noch keine Security vor Ort. Aber die Notfallknöpfe gab es schon.
„Ich bekomme öfters von den Mitarbeitern zu hören: Ich bin froh, dass Sie da sind“, sagt Vitalis Lehmann. Er hat den Eindruck, dass die sich einiges gefallen lassen müssen. Wenn er merkt, dass ein Kunde bereits erkennbar mit Wut im Bauch ins Amt kommt, dann nimmt er ihn in den Blick, zeigt ihm, dass er da ist. „Das deeskaliert auch“, findet er.
Unterstützung bei „schwierigen Gesprächen“
Immer wieder ist er bei Terminen im Jugendamt dabei, beziehungsweise wartet vor dem Büro, wenn schwierige Gespräche erwartet werden. Das wird ihm im Vorfeld mitgeteilt. „Einmal in diesem Jahr musste ich da auch schon eingreifen.“
Umgang mit Jugendlichen
Gerade beschäftigt ihn eine andere Personengruppe mehr: Jugendliche, die sich vor Schulbeginn am Fahrradparkhaus oder im Innenhof des Landratsamts treffen. Seit drei bis vier Monaten gibt es deshalb Ärger. Sie entzündeten beim Fahrradhaus ein Feuerwerk, Müll, Verschmutzungen und andere Beschädigungen treten auf.
Um die Situation in den Griff zu bekommen, fängt Lehmann schon um 7 Uhr mit der Arbeit an. „Es ist in den letzten Wochen schon besser geworden“, findet er. Auch wenn er den Eindruck hat, dass die jungen Leute nicht begeistert von seinem Auftauchen seien. „Aber das ist halt mein Job.“
Begleitung von Kreistag
Wenn der Kreistag zusammenkommt, ist immer ein Security-Mann bis zu Beginn der Sitzung anwesend, auch wenn es bislang keine Bedrohungslage gegeben hat, so Nadja Seibert.
Sie verweist auf eine Gruppe, die Anfang des Jahres die Aufarbeitung der Corona-Zeit im Kreistag gefordert und ankündigt hatte, mit einer großen Zahl an Zuhörern in der Sitzung anwesend zu sein.
„Das Thema stand nicht auf der Tagesordnung“, erklärt Seibert. Und anders als bei Gemeinderatssitzungen sehe die Landkreisordnung keine „Bürgerfragestunde“ bei regulären Ausschuss- und Kreistagssitzungen vor.
Somit besteht für Bürger auch keine Möglichkeit, ihre Anliegen vorzubringen.
Das Landratsamt hatte im Vorfeld darauf hingewiesen – und die Gruppe sei letztlich gar nicht erschienen.
Kosten und Aufgaben der Schramberger Security im Landratsamt
Im Jahr 2024
betrugen die Kosten für die Security rund 61 000 Euro. Die Beauftragung der Firma W & W Protection Management Service & Security GmbH Schramberg war Ergebnis einer Ausschreibung, so das Landratsamt.
Vitalis Lehmann,
der in der Regel im Tuttlinger Landratsamt als Sicherheitsmann vor Ort ist, erzählt, dass er von vielen Besuchern gefragt wird, wo sie denn hin müssen. Quasi als lebender Wegweiser. „Das kommt mindestens sechs bis achtmal am Tag vor“, meint er schmunzelnd. Da er Russisch spricht, wird er hin und wieder auch als Dolmetscher hinzugezogen. Doch auch das gehört zu seinen vielfältigen Tätigkeiten im Dienst: Unbefugte, die vermutlich unter Drogeneinfluss standen, mussten aus der Tiefgarage begleitet werden. In diesem Fall hat er, aufgrund der Gefahr, die Polizei unterstützend hinzugezogen