Castor-Behälter stehen in dem Zwischenlager für Atommüll des Kernkraftwerkes Philippsburg (Archivfoto). Im Landtag ist eine heftige Debatte um die Lagerung von Atommüll entbrannt. Foto: dpa

Kaum ist der Haushaltsstreit beigelegt, sorgt die geplante Einlagerung von Atommüll im Landtag für Zündstoff. Die CDU wirft der Koalition vor, die Interessen des Landes zu vernachlässigen, Grün-Rot sieht bei der CDU Verantwortungslosigkeit in Sachen Atommüll.

Kaum ist der Haushaltsstreit beigelegt, sorgt die geplante Einlagerung von Atommüll im Landtag für Zündstoff. Die CDU wirft der Koalition vor, die Interessen des Landes zu vernachlässigen, Grün-Rot sieht bei der CDU Verantwortungslosigkeit in Sachen Atommüll.

Stuttgart - Regierungskoalition und Opposition haben sich im Landtag einen heftigen Schlagabtausch über die mögliche Aufnahme von Atommüll in Baden-Württemberg geliefert.

Die CDU warf Grün-Rot vor, die Landes-Interessen zu ignorieren. „Sie haben die Belange des Landes nicht vertreten“, sagte der frühere Umweltminister Ulrich Müller (CDU) am Mittwoch im Landtagsplenum in Stuttgart. Die Zusage der Landesregierung, fünf Castoren mit schwach - und mittelradioaktiven Abfällen aus dem französischen La Hague im Atomkraftwerk Philippsburg zwischenzulagern, mache es wahrscheinlich, dass andere Bundesländer sich zurücklehnten. Bislang hat nur Schleswig-Holstein als zweites Bundesland eine ähnliche Offerte gemacht.

Müller betonte, mit Gorleben habe man ein genehmigtes, funktionsfähiges und bezahltes Endlager, in das der Atommüll gebracht werden könnte. Dass Gorleben während des neuen Suchlaufs für ein Endlager nicht weiter genutzt werden dürfe, sei Folge eines „politischen Kuhhandels“, der die Lagerprobleme erst auslöse.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) konterte: „Sie ersetzen das Prinzip Verantwortung durch das Prinzip Verantwortungslosigkeit.“ Immerhin habe Baden-Württemberg in der Vergangenheit rund 50 Prozent seines Stroms aus Atomkraft bezogen. Die CDU im Landtag gefährde mit ihrem „Fundi-Kurs“ den parteiübergreifenden Konsens zum Umgang mit Atommüll, den Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Umweltminister Peter Altmaier (beide CDU) im Sommer 2013 maßgeblich mitgeschmiedet hätten. „Sie sind gar nicht regierungsfähig in diesem Land“, rief Unterstelle den Christdemokraten zu.

Untersteller verweist auf bindende Verträge

Die Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann warf der CDU vor, nach dem St.-Florians-Prinzip zu agieren und selbst produzierten Atommüll in allen anderen Bundesländern, nur nicht dem eigenen deponieren zu wollen. Dies sei „skandalös“.

Andreas Glück (FDP) warf Grün-Rot blinden Aktionismus vor, insbesondere weil die Bundesregierung noch ein Gesamtkonzept für die Rücknahme von insgesamt 26 Castoren aus dem Ausland schuldig sei. Müller und Glück monierten, dass Grün-Rot vor der Zusage weder Kontakt zu der Gemeinde Philippsburg gesucht, noch mit dem Energieversorger EnBW die Frage einer Zwischenlagerung erörtert habe. Die EnBW muss beim Bundesamt für Strahlenschutz die Genehmigung dafür beantragen. Glück: „Die EnBW ist keine Abteilung des Staatsministeriums.“ Das Vorgehen von Grün-Rot habe nichts mit der vielbeschworenen Politik des Gehörtwerdens zu tun.

Untersteller verwies auf völkerrechtliche bindende Verträge, die Deutschland keine andere Wahl ließen, als Atommüll aus Frankreich und Großbritannien zurückzunehmen und an drei von neun Zwischenlagern unterzubringen. Der SPD-Abgeordnete Johannes Stober äußerte sich „entsetzt“ über die Haltung der CDU. „Das ist Rechtsbruch“, sagte er zu dem Vorschlag, Gorleben weiter zu nutzen. Denn das Endlagersuchgesetz schließe das explizit aus, um eine ergebnisoffene Suche zu ermöglichen. Er erwarte von Ländern wie Hessen oder Bayern, die in der Vergangenheit auf Atomkraft gesetzt hätten, ähnliche Offenheit für die Rücknahme von Castoren wie in Baden-württemberg.