Die Dimensionen des neuen Einkaufszentrums an der Wolframstraße sind gewaltig. Die Arbeiten haben bereits begonnen, an diesem Freitag wird offiziell der Grundstein gelegt. Foto: Peter-Michael Petsch

550 Millionen Euro fließen in den umstrittenen Einkaufstempel Milaneo hinter dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Der künftige Betreiber ECE will dort sein siebtes Handelszentrum in der Region eröffnen.

Stuttgart - Die schmucke Unternehmenszentrale in Hamburg-Poppenbüttel sieht derzeit nicht viel vom ECE-Führungspersonal. Das schwärmt praktisch täglich aus dem verglasten Bau gegenüber des Alstertal-Einkaufszentrums aus. Es geht Schlag auf Schlag. Am Mittwoch Eröffnung eines neuen Shopping-Centers in Koblenz, an diesem Freitag Grundsteinlegung an der Ecke Wolfram- und Heilbronner Straße hinterm Stuttgarter Hauptbahnhof. Und hier wie da hat es vorher viel Kritik an den Plänen gegeben. Zu groß, zu gefährlich für die anderen Händler, so lauten an vielen ECE-Standorten die Befürchtungen.

Trotzdem setzen sich die Hamburger meistens durch. In Koblenz ist bereits das 185. Einkaufszentrum eröffnet worden – die ECE ist deutscher und europäischer Marktführer bei den innerstädtischen Shoppingtempeln. In Baden-Württemberg betreibt das Unternehmen derzeit zwölf Standorte – und plant weitere: „Wir wollen im Land noch etwas machen. Für uns ist Baden-Württemberg sehr interessant, wir sehen in einigen Städten noch Potenzial“, sagt Jens Jäpel, der für alle deutschen Entwicklungsprojekte zuständig ist.

In Stuttgart feiert die ECE heute gemeinsam mit ihren Partnern Strabag, Bayerische Hausbau und Hamburg Trust Grundsteinlegung für das neue Milaneo. Auf 43.000 Quadratmetern sollen dort bis Frühjahr 2015 rund 200 Geschäfte entstehen. Dazu kommen 415 Wohnungen, Büros und ein Hotel. Mehr als 550 Millionen Euro werden dafür investiert. „Das ist das größte private Bauvorhaben, das derzeit in Deutschland realisiert wird“, sagt Jäpel.

Die Hamburger sind bei fast jedem größeren Einkaufstempel für Vermietung und Verwaltung zuständig

Mit dem Milaneo wird die Marktmacht der ECE weiter steigen. Denn in der Region Stuttgart sind die Hamburger besonders präsent. Neben dem künftigen Milaneo betreiben sie bereits direkt die beiden Breuningerländer in Ludwigsburg und Sindelfingen, die Königsbau-Passagen in Stuttgart und das Leo-Center in Leonberg. Zudem zeichnet die Metro-ECE-Centermanagement GmbH, ein Joint Venture mit der Metro Properties, für das Stern-Center in Sindelfingen und den Waiblinger Rems-Park verantwortlich. Die Hamburger sind damit bei fast jedem größeren Einkaufstempel für Vermietung und Verwaltung zuständig.

Es ist auch diese Marktmacht, die einheimische Händler skeptisch sein lässt. „Die ECE ist ein hoch professioneller Marktführer, hat dadurch gute Argumente bei vielen Filialisten, um sie an bestimmte Standorte zu holen“, sagt Citymanager Hans H. Pfeifer. Das führe dazu, dass man auch im Milaneo „zu einem erklecklichen Teil die üblichen Ketten“ sehen werde. Zudem kritisieren City-Initiative, IHK und Teile des Gemeinderats seit langem die Solitärstellung des dreigliedrigen Neubaus. Es werden Verluste für die Händler in der Innenstadt, in Feuerbach und Bad Cannstatt befürchtet.

„Es werden Konzepte dabei sein, die es in Stuttgart noch nicht gibt“

Projektdirektor Jäpel widerspricht beiden Vorwürfen. „Wir haben über 50 Prozent der Ladenflächen vermietet, und es werden Konzepte dabei sein, die es in Stuttgart noch nicht gibt.“ Namen dürfe man jetzt noch nicht nennen. Jäpel bestätigt aber, dass auch Stuttgarter Händler eine Filiale im Neubau eröffnen werden. Zudem ist das Milaneo bereits verkauft. 78 Prozent gehören der Hamburg Trust, die restlichen 22 Prozent verbleiben bei der Familie Otto, der auch die ECE gehört.

Eine Konkurrenz zur Königstraße befürchtet Jäpel nicht. „Wir sehen uns als Abrundung“, sagt er. Man wolle keine Kaufkraft abziehen, sondern Stuttgart als Einkaufsstandort weiter stärken. Allerdings sei dies auch eine Frage der Stadtpolitik: „Entscheidend ist, wie der Bereich zwischen dem Hauptbahnhof und dem Milaneo gestaltet wird.“ Man müsse auch sehen, dass sich das ganze Areal in den nächsten Jahren entwickeln werde. Man trage zur Belebung bei – nicht nur mit Geschäften und Gastronomie: „Zum ersten Mal bauen wir in dieser Größenordnung Wohnungen.“

Pfeifer hofft, dass den Worten Taten folgen – und sich die ECE künftig in der City-Initiative für den Standort einsetzt. Das Hamburger Führungspersonal hat bei seinem Ausflug sicher Gelegenheit, darüber zu reden.