Einheitsfeier im Saal des Lautlinger Stauffenberg-Schlosses Foto: Grimm

Kreis- und Stadtverband der CDU haben den Tag der Deutschen Einheit traditionsgemäß im Lautlinger Stauffenberg-Schloss gefeiert. Gastredner war diesmal Péter Györkös, Ungarns Botschafter in Berlin.

Albstadt-Lautlingen - Die CDU, merkte Thomas Bareiß, der Bundestagsabgeordnete, eingangs an, sei die einzige Partei respektive Organisation, die diesen Tag nach wie vor alljährlich mit einem Festakt begehe. Roland Tralmer, der Albstädter Stadtverbandsvorsitzende, stellte fest, angesichts der jüngsten weltpolitischen Ereignisse müsse man es als "Glücksfall für unser Land" bezeichnen, dass in den entscheidenden Jahren Helmut Kohl in Deutschland und Michail Gorbatschow in der Sowjetunion im Amt gewesen seien und auch im benachbarten Ausland weitsichtige Politiker das Sagen gehabt hätten. Jetzt werde offenbar, dass die Auffassung, mit dem Ende des Eisernen Vorhangs "sei ewiger Friede und das Ende der Geschichte eingetreten", ein Irrtum gewesen sei. Leider habe sich die Politik von diesem Irrtum viel zu lange leiten lassen; der marode Zustand der Bundeswehr und die große Abhängigkeit von russischen Energielieferungen seien schlagende Beweise dafür, parteipolitisches Gezänk in dieser Situation unangebracht: "Wir müssen alle – über die Parteigrenzen hinweg – anerkennen, dass sich hier sämtliche seitherige Bundesregierungen Versäumnisse vorwerfen müssen!" Jetzt gelte es, Putin zu zeigen, dass sich der Westen nicht spalten lasse und sich weder Druck noch Propaganda beuge.

"Nicht gerade Leisetreter"

Aber das sei nicht alles – auch die Gesellschaft gehöre auf den Prüfstand. Die Krise müsse als Chance begriffen werden und als Anstoß, sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Wiederherstellung der Verteidigungsbereitschaft, die Energiesicherheit und die Förderung von Innovationen auf allen Ebenen. Denkverbote dürfe es dabei nicht mehr geben; auch Unpopuläres müsse kurzfristig umgesetzt werden können – wobei Kurzfristigkeit in Deutschland erst einmal eine Existenzberechtigung zugestanden werden müsse: "Die Krise muss genutzt werden, um überbordende Verwaltung und Gesetzgebung zurückzudrängen und so eine dynamische wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung wieder möglich zu machen."

Zum Thema Europa: Auch bei unterschiedlichen Meinungen sei ein Miteinander unabdingbar, wobei Ungarn – Tralmer formulierte es diplomatisch – hier nicht als "Leisetreter" aufgefallen sei. Wenn die EU in der Auseinandersetzung mit Mächten wie Russland und China funktionstüchtig bleiben solle, müsse man miteinander reden, "auch wenn uns andere Meinungen nicht gefallen". Umso mehr freue es ihn, dass der ungarische Botschafter der Einladung nach Lautlingen gefolgt sei.

1000 Jahre gemeinsame Geschichte

Womit Péter Györkös das Wort hatte: Der ungarischen Botschafter berichtete mit sympathischer Offenheit über seine persönliche Erfahrungen als Student in Moskau, als junger Deutschland-Referent im Budapester Außenministerium, als Doktorand, dessen Thema die Deutsche Einheit war, und als junger Diplomat, dessen erster Auslandseinsatz nach Bonn führte. Er referierte über die vielen Deutschen unbekannte tausendjährige Beziehung seines Landes zu Deutschland und betonte, dass die Unabhängigkeit Ungarns nicht zu trennen sei von der Einheit Deutschlands. "Aus diesem Grund hat Ungarn den ersten Stein aus der Berliner Mauer geschlagen. Die Einheit Deutschlands hatte bei uns Ungarn den größten Rückhalt, größer als in den Reihen der Deutschen selbst." Von 13 nationalen Minderheiten in seinem Land seien die Ungarndeutschen die größte und aktivste Gruppe, übrigens auch diejenige, die auch am dynamischsten wachse.

"Die Zaunkönige der EU"

Drei Faktoren, schloss Györkös, hätten zur Einheit Deutschlands beigetragen: Das, was die Ungarn getan hätten, was die Deutschen getan hätten – und was Gorbatschow nicht getan habe, nämlich die in Ungarn stationierten russischen Truppen zu mobilisieren, als Ungarn die Grenzen öffnete. Was damals wie heute gelte: "Die Ungarn sagen auch das Unsagbare, sie sind freiheitsliebend und streitlustig." Zum Thema Flüchtlingskrise: "Wir waren die Zaunkönige der EU und haben die Grenzen der EU beschützt." Bei allen Unterschieden stünden die Ungarn aber immer zu ihren Freunden, beteuerte der Botschafter und forderte seine Zuhörer auf, doch mal in Ungarn Urlaub zu machen, um die "Entfremdungsspirale" aufzuhalten: "Reisen Sie in unser Land, lernen Sie uns besser kennen!"