Einbrüche werden in Baden-Württemberg immer mehr zum Problem. Foto: dpa

Die Zahl der Wohnungseinbrüche schnellt auch in Baden-Württemberg seit Jahren in die Höhe. Nun legt die grün-rote Landesregierung ein Gegenkonzept auf - zu spät, meint die Opposition.

Stuttgart - Sie kommen oft unbemerkt, verursachen aber einen immensen Schaden: Wohnungseinbrecher beunruhigen in Baden-Württemberg immer mehr Menschen. Nach viel Kritik an der Verbrechensbekämpfung verstärkt die grün-rote Landesregierung jetzt ihre Gegenmaßnahmen. Die Polizei bekommt von 2017 an stufenweise 226 Stellen mehr als geplant. Zum Ausgleich für Überstunden bei der Polizei werden im nun anstehenden Nachtragsetat 1,6 Millionen Euro eingestellt. Und das Land erprobt eine Software, die Einbrüche vorhersagen können soll.

Die 226 neuen Personalstellen kosten nach Regierungsangaben allein in den Jahren 2017 bis 2019 rund 38 Millionen Euro. Auch die Ausbildungskapazitäten der Polizei werden erhöht. Derzeit stellt das Land jährlich 750 bis 800 Polizeieinwärter ein. In den Jahren 2017 und 2018 sollen es insgesamt 2800 sein - also etwa 1400 im Jahr. Das teilten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Stuttgart mit. Opposition und Gewerkschaften halten das Maßnahmenbündel aber für nicht ausreichend.

Polizeigewerkschaft: Grün-Rot reagierte zu spät

Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner, sagte: „Ab dem Jahr 2019 geht die Hälfte aller im Dienst befindlichen Personen in Pension.“ Um die Lücken zu schließen, müssten jährlich 2500 Kollegen eingestellt werden. Zudem gingen die Bewerberzahlen zurück. „Der Polizeiberuf ist nicht so attraktiv.“ Ähnlich sieht dies der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolg), Joachim Lautensack: Die Regierung habe zu spät reagiert.

Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und FDP-Innenexperte Ulrich Goll kritisierten, der Kern des Konzepts entfalte erst ab 2017 seine Wirkung. Damit sei es nichts weiter als Augenwischerei, um die Bevölkerung zu beruhigen.

CDU-Innenexperte Thomas Blenke sagte: „Es ist dringend an der Zeit, dass der Innenminister das Thema Einbruchskriminalität zur Chefsache macht.“ Er forderte den Minister auf, für mehr Streifen in Wohngebieten und Zivilfahnder auf Autobahnen zu sorgen. „Nur so kann der Verfolgungsdruck auf Kriminelle erhöht und das verloren gegangene Sicherheitsgefühl der Menschen in Baden-Württemberg wieder hergestellt werden.“

Zahl der Einbrücke schnellte 2014 nach oben

Die Zahl der Wohnungseinbrüche im Südwesten war 2014 im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel auf rund 13.500 gestiegen und damit zum achten Mal in Folge nach oben geschnellt. Bürger äußerten sich öffentlich sehr besorgt und kündigten an, private Sicherheitsdienste einsetzen zu wollen, wenn der Staat nicht mehr tue. Vor allem die oppositionelle CDU warf der Regierung Untätigkeit vor. Minister Gall entgegnete am Dienstag, dass es gerade die Opposition gewesen sei, die die Polizei 2011 in einem reformbedürftigen Zustand hinterlassen habe. „Die Opposition argumentiert da nicht glaubwürdig.“

„Wohnungseinbrüche sind schon Einbrüche besonderer Art“, sagte Regierungschef Ketschmann. Die Bürger würden dabei in ihrer Intimsphäre verletzt - das wirke lange bei den Betroffenen nach. Er und Gall wiesen aber darauf hin, dass Baden-Württemberg nach wie vor eines der sichersten Bundesländer sei. Bundesweit kämen 186 Einbrüche auf 100.000 Einwohner (2013) - im Südwesten sind es 127 (2014). In Hessen seien es zum Beispiel 187, in Nordrhein-Westfalen 300 und in Schleswig-Holstein 267 Einbrüche pro 100.000 Einwohner.

Gall bestätigte, dass eine Software in zwei noch nicht benannten Städten erprobt werden soll. Er dämpfte aber hohen Erwartungen. Andere Länder, die so ein Programm einsetzen, hätten ganz andere Voraussetzungen. So nutzten die USA Daten für die Software, die in Deutschland aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht verwendet werden dürften - zum Beispiel aus sozialen Netzwerken. „Gleichwohl werden wir auch diese technische Möglichkeit mal nutzen.“ Bei der Software machen sich Entwickler und Ermittler die Erkenntnis zunutze, dass viele Einbrecher innerhalb weniger Tage an einen Tatort zurückkommen.