Die Einbrecherbande aus Villingen-Schwenningen soll für 22 Taten verantwortlich sein. Jetzt stehen sechs Angeklagte vor Gericht. Foto: Stein/dpa

Mehr als 20 Einbrüche soll eine Bande – darunter eine Frau – aus Villingen-Schwenningen in der Region verübt haben. Vor dem Landgericht Konstanz wird deutlich, welche gravierenden Auswirkungen die Spielsucht hatte.

Villingen-Schwenningen - Im Gerichtssaal 1.60 wird es richtig voll an jenem Morgen: Sechs Angeklagte samt ihrer Verteidiger nehmen Platz, drei davon werden mit Fußfesseln in den Saal geführt, nachdem sie aus unterschiedlichen Justizvollzugangsanstalten zum Landgericht nach Konstanz gebracht wurden. Im Raum steht unter anderem der Vorwurf des schweren Bandendiebstahls.

Wer sich jetzt ebenso schwere Jungs vorstellt, der täuscht sich jedoch. Die jungen Männer zwischen 24 und 28 Jahre alt sind gepflegt, teilweise adrett gekleidet. Die einzige Frau unter ihnen, eine 28-Jährige, hat roten Lippenstift aufgetragen – wird von den Justizwachtmeistern am Eingang gar gefragt, ob sie Zuschauerin sei.

Schaden geht in die Hundertausende

Doch der erste Eindruck scheint zu täuschen – denn gemeinsam sind die Angeklagten, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zumindest teilweise als Bande aufgetreten sein sollen, für schwere Straftaten verantwortlich und haben einen Schaden verursacht, der in die Hundertausende geht.

So sollen sie in 22 Fällen Einbrüche in der gesamten Region verübt haben, meist in Gewerbeobjekte, aber auch ein Wohnhaus in Bad Dürrheim war darunter. In der Regel hatten sie es auf Bargeld abgesehen, in einigen Fällen wurden Tresore mitgenommen, die dann teilweise andernorts aufgeflext wurden, um an die darin gelagerten Wertsachen zu gelangen. Auch einige Baumaschinen und Geräte nahmen die Täter mit, um sie zu Geld zu machen.

Auch ins Aqualino eingebrochen

Aktiv gewesen sein sollen sie ab Januar 2022. Im Schwarzwald-Baar-Kreis verschafften sie sich Zugang zu diversen Betrieben sowie zu einem Restaurant und einem Autohaus in Donaueschingen.

In Villingen-Schwenningen hatten sie es auf einen großen Industriebetrieb und dort gelagerte 2,8 Tonnen Kupfer, einen Architekten, ein Schnellrestaurant (neben Geld gab es hier auch Red Bull zu holen) und mehrere Betriebe abgesehen. Für Aufsehen sorgte auch der Einbruch in das Unterkirnacher Schwimmbad Aqualino, bei dem Spenden erbeutet wurden.

Geräte im Forst BW-Stützpunkt mitgenommen

Auf ihren Diebestouren war die Bande darüber hinaus im Landkreis Rottweil unterwegs. Hier suchten sie zwei Betriebe in Deißlingen auf, betroffen war außerdem eine Gärtnerei in Dunningen sowie ein Betrieb und eine Bäckerei in Rottweil. Darüber stiegen sie in eine Firma in Balingen ein.

Beim Forst BW-Stützpunkt in Bonndorf schlugen sie richtig zu – erbeuteten neben 53 Motorsägen auch zahlreiche andere Geräte, deren Wert auf fast 60 000 Euro geschätzt wird. Dass sich die Bande nicht besonders geschickt anstellte, wurde unter anderem daran deutlich, dass sie hierfür nur 4000 Euro von einem Händler bekamen. "Kein besonders gutes Geschäft", kommentierte der Vorsitzende Richter Arno Hornstein trocken.

Spielsucht soll schuld sein

Dieser nahm bei der Bewertung der Taten kein Blatt vor den Mund: "Sie sind da brachial vorgegangen, schlagen da alles zusammen – sie müssen das mal aus Sicht der Geschädigten sehen!" Das sagte er auch mit Blick auf den Einbruch in das ohnehin finanziell angeschlagene (und mittlerweile geschlossene) Unterkirnacher Schwimmbad. "160 Euro Beute, 4000 Euro Sachschaden – das ist doch Scheiße!"

Viele Gedanken dürften sich jene im Fokus stehenden drei Männer, die nach Einschätzung der Ermittlungsbehörden als Bande agiert hatten, nicht gemacht haben. Denn ihre Spielsucht habe sie zu den Taten quasi getrieben. Die 24, 25 und 27 Jahre alten Angeklagten (alle geboren und aufgewachsen in VS) verzockten ihre Kohle in Spielotheken, während auf ihren Schultern teilweise Schulden in Höhe von bis zu 30 000 Euro lasteten. Der 25-Jährige machte deutlich: "Mit 21 habe ich die Kontrolle verloren und gezockt ohne Ende."

Beute gleich wieder eingesetzt

In Spielhöllen hätten sie sich kennengelernt und den Plan geschmiedet, über Einbrüche wieder an Geld zu kommen, um die Automaten weiter zu füttern. Ein Teufelskreis. Teilweise zogen sie nach ihren verlustträchtigen Touren bei den Spielotheken in der ganzen Region los, um Beute zu machen. "Wir sind in der Gegend rumgefahren und haben die Orte spontan ausgesucht", so der 27-Jährige.

Mitunter gleich am nächsten Morgen hätten sie das Geld wieder verwendet, um ihre Sucht zu stillen. In einem Fall hätten sie Werkzeuge direkt in der Spielothek verkauft. Ein Handeln wie von Sinnen. Die Freundin des 27-Jährigen war bei zwei Diebstählen mit dabei und muss sich deshalb ebenso verantworten.

Geständnisse abgelegt

Ein weiterer Angeklagter (26, zwei Töchter, in Triberg geboren) brachten Probleme in der Jugend ("mein größter Fehler war es, nach Schwenningen zu ziehen") und in der Folge Drogen auf die schiefe Bahn. Der tägliche Kokainkonsum ging ins Geld, sodass er die Bande bei mehreren Beutezügen begleitete. Nur ein 24-Jähriger (offenbar war er nur bei einem Einbruch dabei) soll in dem Gefüge eine untergeordnete Rolle gespielt haben.

Mitte März haben die Ermittlungsbehörden die Bande schließlich zerschlagen, die Mitglieder kamen in Untersuchungshaft, wurden teilweise wieder auf freien Fuß gesetzt. Die gute Ermittlungsarbeit führte schließlich dazu, dass den Angeklagten vor Gericht nur ein Geständnis blieb. Die gerichtliche Aufarbeitung ist allerdings noch nicht beendet. Ein Urteil steht noch aus.