Seit Dienstag dürfen Autofahrer auf der Bundesstraße nur noch mit Tempo 30 unterwegs sein. In Kuhbach und Reichenbach stößt das sauer auf: Der Verkehr fließe jetzt noch zäher. Noch halten sich allerdings nicht alle an das neue Limit.
Durch Reichenbach, Kuhbach und bis in die Lahrer Kernstadt müssen Autofahrer von nun an noch mehr Geduld mitbringen: Seit Dienstag ist auf der B 415 Tempo 30 angesagt. Die Maßnahme wird schon länger kontrovers diskutiert.
Anwohner und Autofahrer zeigen sich auch am Mittwoch vor Ort bei einer Umfrage unserer Redaktion größtenteils empört. Mit den notwendigen Anpassungsarbeiten an der Straße begann die Stadt am Dienstag, auch am Mittwoch waren auf der Strecke noch Arbeiten, wie das Anbringen der neuen Schilder, zu beobachten.
Die fünf Blitzer auf der Strecke werden laut Stadt mit einem kurzen Zeitversatz angepasst, um den Verkehrsteilnehmern eine Einfindungsphase zu ermöglichen.
Die Lage in Kuhbach
„Es gibt jetzt noch mehr stockenden Verkehr und noch mehr Krach als vorher“, berichtet Elvira Dold von der Metzgerei Dold in Kuhbach. Das Geschäft liegt direkt an der Straße, von der Theke aus können die Verkäuferinnen den Verkehr gut beobachten. „Die Autos kommen nicht mehr aus dem Ort raus. Umweltfreundlich ist das nicht“, sagt sie.
Auch für das Geschäft habe die Umstellung auf Tempo 30 negative Folgen. „Viele haben jetzt keine Lust mehr, anzuhalten. Wer anhält verliert, weil er nicht mehr rauskommt“, so Dold. „Das geht einem selbst ja auch so, dann fährt man lieber durch“, pflichtet ihr Mitarbeiterin Anja Ohnemus bei.
„Die meisten ignorieren es noch, weil die Blitzer noch nicht funktionieren“, berichtet Stefanie Rem, die in der Lotto-Annahmestelle in der Kuhbacher Hauptstraße arbeitet. Sie benötige nun deutlich mehr Zeit, um zur Arbeit zu kommen. „Von Lahr West aus brauche ich normalerweise 15 Minuten, heute waren es 25 Minuten“, sagt sie. Auch Aliona Dimitrova, die bei der Bäckerei Heitzmann – ebenfalls direkt an der B 415 – arbeitet, muss morgens nun mehr Zeit einplanen: „Von Seelbach aus habe ich heute fünf Minuten länger gebraucht“, erklärt sie. Es habe sich schon in Reichenbach extrem gestaut. Die angespannte Verkehrslage vor der Bäckerei sei jedoch nicht neu. „Es gibt hier schon immer Stau, vor allem mittags, wenn die Kinder aus der Schule kommen“, so Dimitrova.
Lage in Reichenbach
„Bisher habe ich noch keinen Unterschied bemerkt. Die Leute ignorieren Tempo 30 noch“, erklärt ein Einwohner in der Reichenbacher Bier- und Weinstube. Die Gruppe dort betont, dass sie gegenüber der Tempo-Limitierung „negativ eingestellt“ sei. „Auch die Vorgehensweise war nicht schön“, heißt es. Es habe zwar eine Bürgerumfrage gegeben, jedoch sei der Wille der Einwohner dennoch ignoriert worden.
Für das Autohaus Ketterer in der Reichenbacher Hauptstraße hat die Umstellung auch Auswirkungen auf ihre Arbeit: „Wir reparieren hier Autos. Jetzt kommen wir und auch unsere Kunden zu Stoßzeiten nicht mehr raus und rein“, betont Manfred Ketterer im Gespräch. „Keiner in Kuhbach oder Reichenbach wollte das. Wir sind eigentlich überrumpelt worden. Ich sehe keinen Sinn darin, schon gar nicht gegen den Bürgerwillen“, so der Inhaber weiter.
Eine andere Sicht auf die Lage hat eine Verkäuferin bei der Bäckerei Waidele: „Ich komme nun aus dem Parkplatz besser raus“, erklärt sie. Bisher würden sich jedoch noch lange nicht alle an das neue Tempolimit halten. Es würde sicher eine Weile dauern, bis sich alle daran gewöhnt hätten.
Für zwei Reichenbacherinnen, die in der Bäckerei mit unserer Redaktion ins Gespräch kommen, ist Tempo 30 dagegen ebenfalls „eine Verschlechterung für Anwohner und Autofahrer“. „Lkws fahren trotzdem total schnell. Man wird richtig gestresst, wenn man sich an 30 hält“, betont Simone Benz. „Keiner lässt einen rausfahren, man muss immer wieder Gas geben und es raubt einem auch einfach Lebenszeit“, kritisiert sie. Eble Hirt betont, dass man die Fahrer, die sich bisher an Tempo 30 halten würden, an einer Hand abzählen könne.
Die Pendler-Sicht
Der Schreiber dieser Zeilen fährt jeden Morgen auf seinem Arbeitsweg von Schuttertal nach Lahr und abends wieder zurück. Vorab: Journalisten sind als Pendler weniger repräsentativ, ist der Arbeitsbeginn doch später als bei vielen anderen.
Bei der Fahrt zur Arbeit am ersten Tag mit Tempo 30 um 9.30 Uhr fällt nicht viel auf. Der Verkehr läuft angepasst an das neue Limit durch Reichenbach, Kuhbach und Lahr. Während dem Fahren selbst fühlt sich der Zeitverlust größer an, als er tatsächlich ist.
Der Zehn-Stundenkilometer-Unterschied fällt bei mäßigem Verkehr nur wenig ins Gewicht. Während der Stoßzeiten ist es dann oft nicht die reduzierte Geschwindigkeit, sondern der immer wieder stockende Verkehr, der für Zeitverluste sorgt.
Empörung auch im Netz
In den sozialen Medien machen die Menschen ihrem Ärger über Tempo 30 Luft: „Na super... dann muss man gleich 10-20 Minuten mehr Fahrtzeit rechnen“, und „da bin ich ja zu Fuß schneller“, heißt es etwa auf Facebook. Auch bei einer LZ-Umfrage auf Instagram wird Empörung deutlich: „Ich finde es komplett daneben. Das löst das Problem keinesfalls“ und „geht gar nicht, muss wieder weg“, heißt es da.