Fast zwei Jahre liegt der gewaltsame Tod eines 15-jährigen Schülers an der Offenburger Waldbachschule zurück – die juristische Aufarbeitung ist aber noch nicht abgeschlossen.
Gegen Mittag des 9. November 2023 betrat der damals 15-jährige Schütze ein Klassenzimmer seiner Schule. Bei sich trug er eine Pistole, reichlich Munition und einen selbstgebauten Brandsatz. Vor den Augen seiner Mitschüler richtete er die Handfeuerwaffe gegen sein Opfer – und drückte ab.
Einem zufällig anwesenden Vater gelang es kurz darauf, den Angreifer zu entwaffnen, hinzugerufene Polizeibeamte nahmen ihn fest. Für den tödlich getroffenen Schüler kam jede Hilfe zu spät: Er starb wenig später im Krankenhaus.
Das Opfer der Tat sei im Moment des Angriffs arg- und wehrlos gewesen, ist der Schluss, zu dem das Landgericht Offenburg Ende Juli 2024 kam. Das Mordmerkmal der Heimtücke sei erfüllt. Der Angeklagte habe zudem versucht, den Brandsatz zu zünden.
Jugendlicher Schütze erhielt acht Jahre und neun Monate
Er wurde daher auch wegen versuchter schwerer Brandstiftung verurteilt – zu insgesamt acht Jahren und neun Monaten. Mit einer Revision scheiterten die Verteidiger des Angeklagten später am Bundesgerichtshof, das Urteil des Landgerichts ist also rechtskräftig.
Es sollte nicht der letzte Richterspruch in der Sache sein: Das Amtsgericht Offenburg verurteilte im August 2024 einen 16-Jähren, weil er die geplante Mordtat an der Waldbachschule nicht angezeigt hatte. Der Jugendliche musste sogenannte Erziehungsgespräche bei der Jugendgerichtshilfe führen und sich zudem weiter in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandeln lassen.
Viel mehr ist über den Prozess nicht bekannt. Beide Verhandlungen liefen angesichts des jugendlichen Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Viele Fragen blieben so offen – etwa zum Motiv des jugendlichen Mörders.
Anklage gegen Eltern erfolgte im Juli 2024
Mehr Licht ins Dunkel zu bringen versprach eine weitere Anklage: gegen die Eltern des Schützen. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen zur Last, durch den unerlaubten Besitz und die unzureichende Zugriffssicherung der bei der Tat in der Waldbachschule verwendeten Pistole und Munition den Tod des 15-jährigen Schülers fahrlässig mitverschuldet zu haben. Die Anklage erfolgte Mitte Juli 2024. Seither ist nichts weiter passiert.
„Ein Verhandlungstermin ist bislang noch nicht bestimmt worden“, berichtet Matthias Bäurle, Sprecher des Landgerichts Offenburg, unserer Redaktion. Auch über die Eröffnung des Hauptverfahrens sei noch nicht entschieden, „da die zuständige Kammer durch vorrangig zu terminierende Haftsachen ausgelastet war“. Also steht weder ein Termin fest, noch ob es überhaupt zur Zulassung der Klage kommt.
Verhandlung gegen Eltern mutmaßlich öffentlich
Grundsätzlich gilt, dass „das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint“, erläutert Bäurle. Wenn das Gericht die Verurteilung nach den schriftlichen Akten für nicht überwiegend wahrscheinlich hält, eröffne es das Hauptverfahren nicht.
Kommt es zu einer Verhandlung, wird die wahrscheinlich öffentlich geführt. „Mir sind bislang keine Gründe bekannt, die dagegen sprechen würden, dass die Hauptverhandlung öffentlich ist“, so der Gerichtssprecher. „Möglicherweise kann – ohne dass mir hierzu nähere Informationen vorliegen würden – für einzelne Teile der Hauptverhandlung, insbesondere auch wenn die Intimsphäre des minderjährigen Verurteilten betroffen ist, die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.“
Ob das Verfahren gegen die Eltern für die Öffentlichkeit noch offene Fragen beantworten werden kann. bleibt also weiter abzuwarten.
Beschleunigungsgebot
In Deutschland gilt ein Beschleunigungsgebot bei Haftsachen. Heißt, dass alle beteiligten Staatsorgane mit „größtmöglicher Beschleunigung“ voranzutreiben haben, solange sich ein Beschuldigter in U-Haft befindet. Fälle, in denen das nicht so ist, zögern sich daher häufig lange hinaus.