Die Kindergartenplätze in Loßburg werden auf Dauer reichen, meint Martin Joos von der Planungsfirma LBBW Immobilien Kommunalentwicklung. Foto: Grubitzsch

Um jedem Kind in der Gemeinde einen Kindergartenplatz zu bieten, erarbeitet Loßburg einen Kindergartenbedarfsplan unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung.

Die Kommunen sind dafür verantwortlich, dass jedes Kind einen Kindergartenplatz bekommt. Um diese Aufgabe weiterhin erfüllen zu können, erarbeitet Loßburg einen Kindergartenbedarfsplan unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren.

Loßburg. Prognosen zu erstellen sei deswegen schwierig, so Bürgermeister Christoph Enderle in der jüngsten Gemeinderatssitzung, weil sie sich mit der Zukunft beschäftigen. Der herausfordernden Aufgabe hat sich Martin Joos von der Planungsfirma LBBW Immobilien Kommunalentwicklung dennoch angenommen. "Wir in Stuttgart kennen die Zukunft auch nicht", gesteht er ein. Man könne nur anhand vorangegangener Entwicklungen auf mögliche künftige Entwicklungen schließen. Und die Entwicklung regelmäßig überprüfen, um festzustellen, ob die Prognose noch stimmt. "Fest steht, dass der Bedarf in 15 Jahren anders sein wird, als heute." Vor 15 Jahren sei der Bedarf an Plätzen für unter Dreijährige überschaubar gewesen, nennt er als Beispiel. Das habe sich grundlegend geändert. Und in noch einmal 15 Jahren werde er voraussichtlich noch höher sein.

Weniger Kinder

In Loßburg sei die Einwohnerzahl zeitweise gesunken, doch aktuell habe sie sich wieder erholt. Nun sei die Gemeinde wieder auf einem "recht passablen Niveau". Nun habe er einmal ausgerechnet, was denn zukünftig passiert, wenn kein Mensch in Loßburg zuzieht, wegzieht oder verstirbt. Vor 20 Jahren sei die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter in Loßburg bei etwa 600 gelegen. Vor zehn Jahren bei 500. Nun sei man bei 480. Es sei also ein Abwärtstrend zu erkennen. "Und wir müssen uns darauf einstellen, dass weniger Frauen auch weniger Kinder bekommen", schließt er.

Mehr Zuzüge

Nun ist es aber nicht so, dass niemals jemand zu- oder wegzieht. In Loßburg gibt es aktuell mehr Zu- als Wegzüge. Das sei um 2010 einmal anders gewesen, habe sich aber wieder zum Positiven entwickelt. Auch, so Joos, scheine die Belegungsdichte der Wohnfläche zu steigen. Der Wohnraum ändert sich also nicht, aber die Zahl der Personen, die in den Wohnungen leben. Das sei ein Zeichen dafür, dass ein Generationenwechsel stattfinde. Die jüngeren Paare oder Familien ziehen in Einfamilienhäuser. Und die bekommen am ehesten Kinder.

Dennoch: Gäbe es in Loßburg keine neuen Baugebiete, würde die Gesamtgemeinde langfristig schrumpfen, wie der Planer aus seinen Grafiken abliest. Mit der Einberechnung baulicher Entwicklung geht er von einem Bevölkerungs-Wachstum von drei Prozent in den kommenden 15 Jahren in der Gesamtgemeinde aus. Der Großteil der neuen Häuser werde jedoch im Hauptort entstehen. Betzweiler dagegen schrumpfe voraussichtlich trotzdem. Ebenso in vielen der anderen Ortsteile. Der Rückgang werde jeweils moderat sein, aber dennoch nicht zu leugnen.

Zahlen rückläufig

In Wittendorf gehen die Kinderzahlen konsequent bergab, referiert Joos. Und erntet dafür zweifelnde Lacher aus dem Gremium. "Wir greifen auf Zahlen des Landratsamts zurück. Und wenn es viele ältere Personen gibt, kommen keine Kinder mehr", erwidert er. Er muss jedoch eingestehen, dass "auf das Gebärverhalten in Loßburg nicht richtig Verlass" sei. Es seien schon immer Schwankungen da gewesen. In Wittendorf gebe es aktuell 50 Kindergartenplätze, was auf etwa 1000 Einwohner nicht schlecht sei. Aber: Der Kindergarten wird dieses Jahr voll. Kinder, die dann noch einen Platz haben wollen, müssen auf umliegende Kindergärten ausweichen. Der Vorteil sei jedoch, dass nächstes Jahr auch 19 Wittendorfer Kinder in die Schule kommen. Dann gebe es wieder etwas Platz. "Die Situation ist ernst, aber nicht hoffnungslos", so Joos. Die kommenden zwei bis drei Jahre könnte es – vor allem in Wittendorf – knapp werden. Aber dann gebe es nach seinen Prognosen wieder einen Abwärtstrend.

Platzbedarf gedeckt

91,4 Prozent des Platzbedarfs bei den über Dreijährigen ist momentan gedeckt, sowie 34 Prozent bei den unter Dreijährigen. Das sei keine Spitzenklasse, aber auch nicht schlecht im internationalen Vergleich. Man rechne aber mit einer Nachfrage von 99 Prozent bei der Gruppe Ü3. Das letzte Prozent wähle andere Angebote, außerhalb der Gemeinde.

Der Planer kommt zu dem Schluss, dass die vorhandenen Kindergartenplätze auf Dauer reichen werden. "Ab den Jahren 2024/25 wird die sinkende Geburtenrate dafür sorgen", sagt Joos. Zumal eine Waldkindergarten-Gruppe in Loßburg gerade im Aufbau sei.

In Ortsteilen Plätze frei

In allen anderen Ortsteilen abgesehen von Wittendorf sind bis jetzt noch jeweils zwei bis sechs Plätze frei. Wenn es in den nächsten zwei bis drei Jahren auch knapp werde, so sei davon auszugehen, dass ein neu geschaffenes Kindergartenangebot dann ab 2025 leer stehe. "Da haben wir das Spannungsfeld, in dem sich der Gemeinderat bewegen muss: Loßburg will kinderfreundlich sein, die Gemeinde sollte sich aber auch nicht überschulden und Angebote schaffen, die später leer stehen", fasst Joos zusammen.

Gemeinderat Werner Faulhaber (FWV) ist der Ansicht, dass Joos ein paar Aspekte übersehen habe. "Wir schreiben uns Familienfreundlichkeit auf die Fahne und haben leistungsfähige Unternehmen, die Arbeitsplätze bieten", sagt er. "Wir wollen junge Familien nach Loßburg ziehen. Aber warum sollten die kommen, wenn wir nicht einmal genügend Kindergartenplätze für die nächsten zwei Jahre haben?" Bei den aktuellen Plänen müsse man mit mehr Bedarf rechnen, als statistisch sichtbar sei.

"Wie viele Kinder zukünftig in der Gemeinde sind, hängt von der baulichen Entwicklung ab", erwidert Joos. "Das steuert die Gemeinde selbst durch den Wohnraum, den sie schafft."

Bedarf an Ganztagsplätzen

Bürgermeister Enderle merkt an, dass die Gemeinde künftig zusätzlich Veränderungen in der Nachfrage beschäftigen werden. "Das Thema wird sein, U3 auszubauen. Und auch ein Bedarf nach Ganztagsplätzen könnte kommen." Bei der Schaffung neuer Angebote seien Kombinationen denkbar. Zum Beispiel eine gemischte U- und Ü3-Gruppe. Man müsse bedenken, dass mit jedem Kind unter drei Jahren zwei Ü3-Plätze belegt sind, so Joos. Mit der richtigen Betriebserlaubnis sei das aber machbar.

Das Fazit des Bürgermeisters: "Wir müssen gucken, wie wir es hinkriegen, dass die Kinder betreut werden." Wie das konkret umgesetzt werden soll, wurde an diesem Abend nicht mehr entschieden. Der Tenor ist jedoch eindeutig: "Wir müssen an zukunftsfähigen Angeboten auffüllen."